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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 223/1997 vom 05.05.1997
Vergnügungsteuer auf Spielautomaten
Vorformulierte Widersprüche von Automatenaufstellern sind in der jüngsten Vergangenheit vermehrt aufgetreten. Es handelt sich offenbar um eine konzertierte Aktion dieser Wirtschaftskreise. Hierbei werden weitgehend identisch formulierte Blanko-Widerspruchsschreiben lediglich mit Namen und Adresse des widerspruchsführenden Automatenaufstellers versehen.
In der Sache wird zum einen auf eine angebliche Unvereinbarkeit der Vergnügungsteuer mit EG-Recht hingewiesen. Nach Artikel 33 Abs. 1 der 6. Umsatzsteuerrichtlinie hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedsstaat jedoch nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedsstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der deutschen Vorschriften entscheidend ist vor allem, ob die jeweilige Abgabe den "Charakter von Umsatzsteuern" hat. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit in der Rechtssache 252/86 ausgeführt, daß eine Steuer dann den Charakter einer Umsatzsteuer habe, wenn sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtige, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr belaste und kommerzielle Umsätze in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise erfasse. Kennzeichnend für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sei, daß auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze vor der Besteuerung eine allgemeine, zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer angewendet wird. Eine Steuer, die lediglich auf die Bereitstellung eines Gegenstandes für die Öffentlichkeit gelegt werde, ohne daß es auf dessen tatsächliche Benutzung ankomme, und die nicht von den durch diese Bereitstellung erzielten Einnahmen abhänge, habe daher nicht den Charakter einer Umsatzsteuer. Dies gelte besonders dann, wenn die Steuer auch für den Fall geschuldet werde, daß die Bereitstellung unentgeltlich erfolgt. Da in der Bundesrepublik die Vergnügungsteuer üblicherweise als Pauschsteuer pro Spielgerät ohne Berücksichtigung der tatsächlichen mit dem besteuerten Gerät erzielten Umsätze ausgestaltet ist, kann es nach unserer Auffassung daher in der Regel nicht zu einem Konflikt mit Artikel 33 der 6. Umsatzsteuer-Richtlinie kommen. Dieser Rechtsauffassung, welche in jüngster Vergangenheit unter anderem auch das OVG Sachsen (Urteil vom 13.12.1995, DÖV 1996, S.610) und das VG Schleswig-Holstein (Az 4 A 285/95, nicht veröffentlicht) vertreten haben, ist nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht beigetreten, welches in seinem Beschluß vom 01.03.1997 (Az: 2 BVR 1599/89, 1714/92, 1508/95) festgestellt hat, daß weder bundesverfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken gegen eine Veranlagung von Spielautomatenbetreibern zur Vergnügungsteuer bestehen. Dies bestätigt erfreulicherweise die Beratungspraxis unseres Verbandes, wir hatten in der Vergangenheit stets die Rechtsauffassung vertreten, daß eine derartige Besteuerung rechtmäßig ist.
Es besteht daher nach wie vor kein Anlaß, von einer Besteuerung der Betreiber von Spielautomaten abzusehen bzw entsprechenden Rechtsbehelfen zu entsprechen.
Az.: V/3-933-01