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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 427/2008 vom 18.06.2008
Verkauf eines kommunalen Grundstücks mit Bauverpflichtungen
Nach dem Beschluss der Vergabekammer Münster vom 06.05.2008 (VK 4/08) ist ein vergaberechtswidriger Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtungen nach § 13 Abs. 6 VgV analog für nichtig zu erklären. Dem Schutz des § 13 VgV unterfalle dabei jeder Antragsteller, der entweder formal als Bieter aufgetreten ist oder zumindest Interesse an dem Auftrag bekundet hat. Lediglich ein potentielles Interesse an einer Auftragserteilung sei insoweit unbeachtlich. Für das „Interesse am Auftrag“ reicht es nach dieser Entscheidung aus, dass jedenfalls Interesse an der Ausführung einer wesentlichen Teilleistung erkennbar bekundet wird. Ein Interesse am Gesamtauftrag ist danach nicht erforderlich und muss nach der Entscheidung im Falle von De-facto-Vergaben auch nicht nachgewiesen werden. Unerheblich für die analoge Anwendung des § 13 Abs. 6 VgV sei auch die fehlende Kenntnis von der Vergaberechtswidrigkeit seitens des Auftraggebers.
Im vorliegenden Fall sah die Vergabekammer die Nichtigkeit des Kaufvertrages nach § 138 BGB als nicht gegeben an. Denn da alle Beteiligten die gleichen inhaltlichen und zeitlichen Vorgaben erhielten, fehlte es in dem entschiedenen Dall insoweit an einem kollusiven Zusammenwirken. Die Vergabekammer hatte sich auch mit dem Aspekt der Verwirkung des Rechts auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens zu befassen. Unschädlich war im vorliegenden Fall, dass erst ca. 7 Monate nach Vertragsschluss die Nachprüfung beantragt wurde. Denn ein Antrag auf Nachprüfung unterliegt derzeit keiner zeitlichen Ausschlussfrist. Maßgeblich für die Verwirkung des Rechts sei aber auch, dass der Inhaber von diesem Recht über einen längeren Zeitraum keinen Gebrauch gemacht habe, was voraussetzt, dass er sein Recht kannte. Insoweit stellte die Vergabekammer darauf ab, dass erst mit der Ahlhorn-Entscheidung im Sommer 2007 des OLG Düsseldorf mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einer solchen Kenntnis im vorliegenden Fall ausgegangen werden konnte. Entsprechend hatte die Vergabekammer erst ab diesem Zeitpunkt den Fristbeginn berechnet. Im Übrigen durfte im konkreten Fall auch die Stadt nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller von einem Verfahren absah.
Die Vergabekammer machte in ihrer Entscheidung auch deutlich, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Bauauftrag gehandelt habe. Im Fall des Investorenwettbewerbs beschaffe sich der öffentliche Auftraggeber eine von ihm gewünschte städtebauliche Entwicklung auf diesem Grundstück. Dabei hatten aus haushaltsrechtlichen Gründen die Betreiber die Finanzierung für die Herstellung dieser Bauwerke zu übernehmen, weil die öffentlichen Haushalte die Finanzierung eines solchen städtebaulichen Projekts nicht zuließen. Dafür wurde den Betreibern dieser Projekte das Grundstück verkauft und die Einbehaltung der Nutzungsentgelte eingeräumt. Damit verschaffte der öffentliche Auftraggeber nach Ansicht der Vergabekammer dem Betreiber eine wirtschaftlich bedeutende Einnahmequelle, woran auch andere Wettbewerber auf dem Markt ein Interesse hätten. Entscheidend war letztendlich, dass in dem Fall der Vertragspartner der Gemeinde eine einklagbare Bauverpflichtung übernommen hatte. Die Vergabekammer führte in dieser Entscheidung aus, dass kein Vergaberecht Anwendung findet, wenn der öffentliche Auftraggeber seine Planungsaufgaben durch die Erstellung von Bauleitplänen wahrnimmt, ohne sich die Realisierung dieser Planungen auf einem bestimmten Grundstück durch Verträge mit Investoren zu sichern. Im Übrigen brachte nach Ansicht der Kammer der öffentliche Auftraggeber im entschiedenen Fall auch Gegenleistungen für diese städtebauliche Entwicklung. Denn er verkaufte das Grundstück und entwickelte für diesen Bereich kraft seiner Planungshoheit das Planungsrecht so, dass die im städtebaulichen Vertrag oder im Grundstückskaufvertrag vereinbarte Nutzung überhaupt stattfinden konnte. Anderenfalls wäre das Grundstück wirtschaftlich wertlos gewesen.
Az.: II/1 608-16