Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 64/2012 vom 12.12.2011

Verkehrssicherheitsprogramm der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat das Verkehrssicherheitsprogramm 2011 veröffentlicht, welches die Verkehrssicherheitsarbeit in den nächsten Jahren in Deutschland beschreiben soll. Das Programm war mit der Diskussion der „Helmpflicht“ für Radfahrer in die Diskussion geraten, enthält jedoch eine Reihe weiterer Maßnahmen und ist vor allem auch durch die Auslassungen interessant. So enthält das Aktionsprogramm keine Aussagen zur besseren Kennzeichnung von Motorrädern, zu einem absoluten Alkoholverbot am Steuer oder zur allgemeinen Reduzierung des Geschwindigkeitsniveaus zur Vermeidung besonders schwerer Unfälle.

Kinder und Jugendliche gehören zu den besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmern. Die größte Gefahr stellt für sie jedoch das Mitfahren im Kraftfahrzeug von Erwachsenen dar. Mehr als doppelt so viele Kinder und Jugendliche wurden als Mitfahrer in einem Fahrzeug getötet, wie als Fußgänger oder Fahrradfahrer außerhalb eines Autos. Dementsprechend hat die Verbesserung der Sicherung von Kindern als Mitfahrer im Auto eine hohe Priorität. Die zweithöchste Priorität hat die Verbesserung der Schulwegsicherheit und die Verbesserung des Radfahrtrainings von Kindern. Es werden hingegen keine Maßnahmen zur Reduzierung des Geschwindigkeitsniveaus des fließenden motorisierten Individualverkehrs vorgeschlagen, die über die schon bestehenden Möglichkeiten der Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an besonders gefährdeten Strecken hinausgehen.

Eine weitere besonders gefährdete Gruppe sind Senioren, deren Unfallanteil zwar geringer ist als ihr Anteil an der Bevölkerung, für die aber die Unfallfolgen wegen der schwächeren physischen Konstitution älterer Menschen erheblich häufiger als im Durchschnitt tödlich sind. Im Verhaltensbereich setzt die Bundesregierung auf freiwillige Gesundheitschecks und die Durchführung verkehrsmedizinischer Beratung sowie eine Verbesserung des Systems medizinisch-psychologischer Begutachtung der Fahreignung und der Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung für alle Altersgruppen, sofern die Verkehrsteilnehmer vorher auffällig geworden sind. Ergänzend will sich die Bundesregierung für eine Verbesserung der „Erste Hilfe-Bereitschaft“ und eine verbesserte allgemeine Ausbildung in diesem Punkt einsetzen.

Im Bereich des Verkehrsfeldes Infrastruktur kann sich die Bundesregierung neben einer direkten Einflussnahme auf Bundes- und Landesstraßen nur auf die Gestaltung technischer Regelwerke beschränken. Sie tut dies mit großem Engagement bei der Erarbeitung und Fortschreibung der technischen Regelwerke für Planung und Bau von Straßen zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus und zur möglichst weitgehenden Herstellung von Barrierefreiheit. Für kommunale Straßen sind darüber hinaus die technischen Regelwerke für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme sowie Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Anprall auf Bäumen von Interesse. Direkte Relevanz für Städte und Gemeinden hat darüber hinaus die Ankündigung, Unfälle mit Fahrrädern durch die Gestaltung von Regelwerken für Radverkehrsanlagen zu reduzieren.

Darüber hinaus versteht die Bundesregierung unter Infrastruktur auch eine deutliche Verstärkung des Einsatzes neuer Technologien, insbesondere der Datenkommunikation zwischen Fahrzeugen und Fahrerassistenzsystemen sowie der Infrastruktur.

Neben der mit Blick auf Kinder schon erwähnten Verbesserung der Kindersicherungssysteme sollen allgemein Insassenrückhaltesysteme verbessert werden. Zur Verbesserung der passiven Sicherheit von Fahrzeugen zählt auch, dass ab 2015 alle neuen Pkw über 2,5 Tonnen sowie leichte Nutzfahrzeuge nicht mehr vom geltenden Fußgängerschutz ausgenommen sind, um ihre Typengenehmigung zu erlangen. Bislang brauchen so genannte SUV (z. B. Geländewagen) oder leichte Nutzfahrzeuge mit kurzem Vorderwagen nicht den gleichen Anforderungen an Aufprallschutz für Fußgänger zu entsprechen, wie alle anderen Fahrzeuge. Mit Blick auf den hohen Anteil von Motorradfahrern am Unfallgeschehen sollen alle Motorräder zukünftig mit automatischen Antiblockiersystemen ausgestattet werden.

Das Verkehrssicherheitsprogramm des BMVBS ist umfangreich und deckt viele Aspekte ab. Aus kommunaler Sicht lässt es jedoch einige wichtige Aspekte unberücksichtigt. Formen der mittelbaren Verbesserung der Verkehrssicherheit werden zu gering geachtet. Durch die Markierung von Haltelinien in Tempo 30 Zonen könnte die Sicherheit von Radlern verbessert werden. Ein absolutes Alkoholverbot könnte die Zahl der Alkoholunfälle reduzieren, eine einfachere Anordnung geringerer Geschwindigkeiten außerhalb von Hauptverkehrsstraßen könnte das Geschwindigkeitsniveau und damit die Komplexität des Verkehrsgeschehens (Demografie) verringern. Eine Verpflichtung zur Kennzeichnung von Motorrädern durch Nummernschilder an der Vorderseite, von der zweifellos eine hohe Anreizwirkung zur Regelbefolgung ausgehen würde (z. B. hinsichtlich der Befolgung von Geschwindigkeitsbegrenzungen), ist jedoch nicht vorgesehen.

Das Verkehrssicherheitsprogramm 2011 kann von der Internetseite des BMVBS unter www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/74626/publicationFile/48355/verkehrssicherheitsprogramm-2011.pdf heruntergeladen werden.

 

Az.: III 151-40

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