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StGB NRW-Mitteilung 435/2013 vom 10.06.2013
Verordnungspaket zur Regulierung der Strom- und Gasnetzentgelte
Das Bundeskabinett hat den Entwurf einer Verordnung zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsrechts beschlossen. Darunter fallen die Neuregelung der Verordnungen auf dem Gebiet der Strom- und Gasnetzentgelte (Strom-NEV, GasNEV) sowie des Stromnetzzugangs (StromNZV) und der Anreizregulierung (ARegV). Der Verordnungsentwurf entwickelt die Rahmenbedingungen für die Regulierung der Strom- und Gasnetze weiter. Änderungen sind in den Bereichen der Berechnung von Netzkosten, Kalkulationsgrundlagen energieintensiver Unternehmen, Investitionsbedingungen für das Hochspannungsnetz und der Netzentgeltkalkulation im Bereich der Straßenbeleuchtung vorgesehen. Aus kommunaler Sicht gehen die Verordnungsentwürfe in die richtige Richtung, sind jedoch insbesondere im Hinblick auf die Netzentgeltsystematik im Bereich der Straßenbeleuchtung noch verbesserungswürdig.
Hintergrund
Mit den Verordnungsentwürfen zur Änderung von Verordnungen auf dem Gebiet des Energiewirtschaftsgesetzes sollten vor allem die Rahmenbedingungen für die Regulierung der Strom- und Gasnetze weiterentwickelt, zusätzliche Anreize für langfristige Investitionen in die Netze erreicht und die Netzentgeltbefreiung für energieintensive Unternehmen im Hinblick auf die beihilferechtliche Kritik der EU-Kommission an der bisherigen Netzentgeltbefreiung überarbeitet werden.
Wesentliche Neuregelungen:
- Klarstellende Regelungen zur Berechnung der Netzkosten
Mit der Änderung der Strom- sowie Gasnetzentgeltverordnung sollen bestehende Unklarheiten hinsichtlich der Rahmenbedingungen für die Kalkulation der Netzkosten beseitigt werden. Die Netzkosten sind die Grundlage für die Netzentgelte, die vom Verbraucher zu zahlen und Bestandteil des Strom oder Gaspreises sind. Vor diesem Hintergrund werden in die Verordnung klare Regeln für die Bewertung der Netzanlagen (z.B. anzuwendende Preisindexreihen) als Kalkulationsgrundlage aufgenommen.
Vorgesehen wurde nunmehr auch eine Änderung betreffend der Netzentgeltsystematik für die Straßenbeleuchtung in der Stromnetzzugangsverordnung. Im Verteilnetz angeschlossene Straßenbeleuchtungsanlagen, die über keinen Zähler verfügen werden, künftig als öffentliche Verbrauchseinrichtungen eingestuft, wenn deren Ein- und Ausschaltzeiten und der Lastverlauf durch gesicherte Erkenntnisse geschätzt werden kann.
- Investitionen in die Hochspannungsnetze
In der Anreizregulierungsverordnung werden Änderungen umgesetzt, die auf Empfehlungen der Plattform „Zukunftsfähige Netze“ beim BMWi beruhen. Insbesondere werden die Bedingungen für Investitionen in die Hochspannungsnetze verbessert, um den für die Energiewende notwendigen Netzausbau voranzubringen. Künftig können Forschungs- und Entwicklungskosten im Rahmen der Netzentgeltgenehmigung berücksichtigt werden. Das Instrument der Investitionsmaßnahmen (Kostenanerkennung von Erweiterungs- und Umstrukturierungsinvestitionen) wird von der Höchstspannungsebene (380 kV) auf die Hochspannungsebene (110 kV) ausgedehnt. Forschungs- und Entwicklungskosten sollen künftig bei der Netzentgeltbestimmung berücksichtigt werden können.
- Einführung einer neuen Bilanzierungsmöglichkeit
In der Stromnetzzugangsverordnung werden im Wege der Einführung einer neuen Bilanzierungsmöglichkeit Anreize für das Angebot sog. variabler Tarife geschaffen. Variable Tarife ermöglichen es, Beschaffungsvorteile an Letztverbraucher weiterzugeben oder diese zur Verbrauchsverlagerung zu veranlassen. Damit soll der Verbrauch von Strom stärker mit der Erzeugung aus erneuerbaren Energien in Einklang gebracht werden.
- Gestaffeltes Stromnetzentgelt für stromintensive Verbraucher
In die Stromnetzentgeltverordnung soll ein gestaffeltes Stromnetzentgelt (abhängig von Verbrauch und Benutzungsstundenzahl pro Jahr) für stromintensive Verbraucher eingeführt werden. Mit Wirkung zum 01.01.2014 soll der tatsächliche Beitrag dieser Letztverbraucher zur Netzstabilisierung stärker Berücksichtigung finden (sog. physikalische Komponente). Damit soll eine verlässliche Grundlage für energieintensive Stromverbraucher bzgl. der Kalkulation ihrer Stromkosten und einer angemessenen Beteiligung dieser Verbrauchsgruppe an den Netzkosten sichergestellt werden. Mit dieser Regelung wird auch auf die beihilferechtliche Kritik der EU-Kommission an der bisherigen Netzentgeltbefreiung energieintensiver Letztverbraucher gemäß § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung reagiert.
Weiteres Verfahren
Der Verordnungsentwurf wird dem Bundesrat zugeleitet, der der Verordnung zustimmen muss. Ziel ist es, den Sitzungstermin des Bundesrates am 05.07.2013 zu erreichen. Die Mehrheit der Vorschriften könnte dann noch im Sommer in Kraft treten. Bezüglich der Änderungen an § 19 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung ist ein Inkrafttreten zum 01.01.2014 vorgesehen.
Anmerkung
Die kommunale Seite hat sich bereits in der Vergangenheit und im Vorfeld an die Verordnungsentwürfe für eine gesetzliche Klarstellung der Kalkulationsgrundlagen für die Netzentgelte im Bereich der Straßenbeleuchtung ausgesprochen. Ausgangspunkt ist die uneinheitliche Regulierungspraxis zwischen den Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder im Hinblick auf die Behandlung von Straßenbeleuchtung in der Entgeltsystematik der Stromnetzentgeltverordnung. Diese führt zu großen Unsicherheiten in der kommunalen Kalkulationspraxis der Netzentgelte in diesem Bereich. Je nach der Regulierungspraxis wird für die Anwendung der vielerorts kostengünstigeren Leistungs-/Arbeitspreisregelung-Systematik verlangt, dass eine Leistungsmessung nur unter dem Einsatz von Messtechnik zur Erfassung der Leistungs- und/oder Energieentnahme von Straßenbeleuchtungsanlagen erfolgen darf.
In den Verordnungsentwürfen wurde dieses Problem erkannt und durch eine Änderung der Stromnetzzugangsverordnung berücksichtigt. In der Verordnungsbegründung wurde dabei die kommunale Argumentation aufgegriffen, dass der Einbau von separaten Messeinrichtungen zu erheblichen Mehrkosten führen würde, die außer Verhältnis zum Informationsgewinn stehen. Die Regelung ist aus kommunaler Sicht nicht weitgehend genug, da keine Aussage darüber getroffen wird, ob die Kommunen künftig auch ohne Leistungsmessung und damit ohne den Einsatz von Messtechnik zur Erfassung der Leistungs-oder Energieentnahme von Straßenbeleuchtungsanlagen die oftmals kostengünstigere- Leistungs-/Arbeitspreisregelung-Systematik anwenden können. Dies kann nur über eine Änderung der Stromnetzentgeltverordnung erreicht werden.
Aus kommunaler Sicht sollte im Ergebnis unter Abwägung des Kosten-/Nutzen-Verhältnisses im konkreten Einzelfall vor Ort entschieden werden können, ob bzw. welche Messtechnik und welche Preissystematik (Leistungspreis/Arbeitspreis oder Grundpreis/Arbeitspreis) für die Straßenbeleuchtungsanlagen zum Einsatz kommt.
Az.: II/3 811-00/8