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StGB NRW-Mitteilung 516/1996 vom 05.11.1996
Versorgungsbericht der Bundesregierung
Bereits 1989 ist die Bundesregierung vom Deutschen Bundestag aufgefordert worden, einen Versorgungsbericht über die Entwicklung der Beamtenpensionen vorzulegen. Seine Fertigstellung und Veröffentlichung waren seither vom Bundesinnenministerium regelmäßig verschoben worden.
Am 04.10.1996 ist der Versorgungsbericht nunmehr vorgelegt werden. Entgegen dem Wunsch des Bundestages, eine Prognose über die Belastung der Staatskasse durch Beamtenpensionen bis zum Jahre 2008 vorzulegen, hat das Bundesinnenministerium eine Rechnung bis zum Jahr 2040 aufgestellt.
1. Im einzelnen sind folgende Gesichtspunkte interessant:
1993 hatten Bund, Länder und Gemeinden Versorgungsausgaben von zusammen 34,1 Mrd. DM zu finanzieren. Davon entfielen auf den Bund 8,5 Mrd., auf die Länder 21,3 Mrd. und auf die Gemeinden 4,3 Mrd. DM. Nach den Berechnungen, denen ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 % und ein Anstieg der Versorgungsanpassung von 1,5 % im Jahr zugrunde gelegt sind, werden die Versorgungslasten im Jahr 2000 auf 43,9 Mrd. DM anwachsen (Bund: 9,8 Mrd. DM, Länder: 29,2 Mrd. DM, Gemeinden: 4,9 Mrd. DM). Bis zum Jahr 2008 wird sich die Lage der Länder weiter verschärfen. Nach einer mittleren Variante (Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 4 %, der Versorgungsanpassung um 2,5 %) würden sich die Versorgungsausgaben aller Gebietskörperschaften auf 66,7 Mrd. DM erhöhen. Davon kämen auf den Bund 12,1 Mrd., auf die Länder 48,1 Mrd. und auf die Gemeinden 6,5 Mrd. DM zu. Die Versorgungsquote (Verhältnis der Versorgungslasten zum Bruttoinlandsprodukt) aller Gebietskörperschaften würde von 1,20 % im Jahr 1993 auf 1,19 % im Jahr 2000 zurückgehen und sich danach auf 1,32 % im Jahr 2008 erhöhen.
Die Entwicklung der Zahl der Versorgungsempfänger belegt, daß sich an der besonderen Belastung der Länder in Zukunft wenig ändern wird. 1970 hatte der Bund 320.000 Versorgungsempfänger zu unterhalten, 1993 244.000. Im Jahr 2008 werden es 201.000 sein. Dies bedeutet zwischen 1993 und 2008 einen Rückgang um etwa 17 %. Die Länder hatten 1970 356.000 Versorgungsempfänger, 1993 461.000 und im Jahr 2008 werden es 680.000 sein; von 1993 bis 2008 bedeutet dies eine Zunahme von 47,4 %. Hingegen gibt es bei den Gemeinden zunächst einen Rückgang von 112.000 im Jahr 1979 auf 104.000 im Jahr 1993 und danach eine Zunahme von 106.000 im Jahr 2008; die Entwicklung zwischen 1993 und 2008 bedeutet für die Gemeinden eine Zunahme der Versorgungsempfänger um 1,2 %. Dennoch sind die Kommunen - anders als der Bund - von einer erheblichen Zunahme der Zahl der Tarifbediensteten betroffen. Diese liegt beim Bund mit leicht sinkender Tendenz seit 1970 bei etwas mehr als 200.000, bei den Ländern hat sie sich von 1960 bis 1993 von 484.000 auf 863.000 erhöht, bei den Gemeinden von 616.000 im Jahr 1960 auf 1,23 Mio. im Jahr 1993 etwa verdoppelt. Wegen der Zusatzversorgung werden die Gebietskörperschaften auch durch diese Entwicklung belastet werden.
Vor allem die Entwicklung vom Jahr 2010 an wird nach den Modellrechnungen für die Länder dramatisch werden. Während die Versorgungsausgaben des Bundes und der Gemeinden in dieser Zeit sich weitgehend dem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes anpassen, werden die Versorgungslasten der Länder weit darüber hinausgehen. Zwischen 2010 und 2025 werden die Versorgungsausgaben von Bund und Gemeinden um jeweils etwa 50 % wachsen, die der Länder aber werden sich beinahe verdoppeln. Dies spiegelt sich in einer Quote wider, in der Versorgungslasten und Steuereinnahmen ins Verhältnis gesetzt werden. Diese Quote wird beim Bund mit derzeit 2,7 % langfristig konstant bleiben und möglicherweise vom Jahr 2025 an sogar unter 2 % sinken. Die Versorgungs-Steuer-Quote der Gemeinden wird von derzeit etwa 6 % zu Beginn des kommenden Jahrtausend bei 5,8 % und im Jahr 2025 dann bei 6,8 % liegen. Hingegen wird die entsprechende Quote bei den Ländern bis zum Jahr 2000 bei knapp 10 % konstant bleiben, sich von dann an aber bis zum Jahr 2020 auf mehr als 15 % erhöhen.
2. Folgende Lösungsvorschläge werden vom Bundesinnenminister Kanther unterbreitet: Zunächst ist geplant, eine "Versorgungsrücklage" zu bilden. Zu diesem Zweck sollen Beamte und Pensionäre vom Jahr 2001 an über einen Zeitraum von 14 Jahren als ein mögliches Rechenbeispiel jährlich 0,2 % weniger Besoldungserhöhung erhalten. Der eingesparte Betrag, nach Angaben des Ministeriums rd. 60 Mrd. DM bis zum Jahr 2015, soll als Rücklage in einen Pensionstopf fließen. Ein solcher Eigenbetrag ist bisher nicht im Beamtenrecht vorgesehen. Nach Ansicht des Ministers stelle er aber angesichts der einmaligen Überbeanspruchung der öffentlichen Kassen eine zumutbare Belastung dar.
Bereits bis zum Jahr 2008 soll mit einer Reihe von weiteren konventionellen Maßnahmen ein Ansteigen der Versorgungsquote verhindert und Einsparungen von 6 Mrd. DM erzielt werden: Einfrieren des Weihnachtsgeldes für Beamte auf den Stand von 1993, weniger Frühpensionierungen, strengere Prüfung der Dienstunfähigkeit, Verpflichtung zur Umschulung sowie die Anhebung der vorgezogenen Ruhestandsaltersgrenzen und Versorgungsabschläge bei vorzeitigem Ruhestand. Zeiten für Ausbildung und Kindererziehung sollen bei der Pensionsberechnung nur noch eingeschränkt gelten. Der Hinzuverdienst von Pensionären wird beschränkt. Das gesamte Zulagenwesen einschließlich der Ministerialzulage und die Anrechnung auf die Pension soll überprüft werden. Der Verheiratetenzuschlag soll zukünftig vom Einkommen des Ehegatten abhängig gemacht werden. Die Versorgung vorzeitig ausgeschiedener politischer Beamter soll begrenzt werden. Auch könnte daran gedacht werden, die Wartezeit für die Versorgung aus dem letzten Amt von derzeit 2 auf beispielsweise 5 Jahre zu verlängern. Schließlich will der Bund auf weitere maßvolle Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst dringen.
Nach den Prognosen über die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes und die Versorgungslasten kann die Versorgungsquote mit den zuletzt genannten konventionellen Maßnahmen bis zum Jahr 2008 auf dem jetzigen Stand von 1,20 % gehalten werden. Nach den Berechnungen des Bundesinnenministeriums werden diese koventionellen Mittel vom Jahr 2008 an nicht mehr ausreichen, um die Versorgungsquote einigermaßen konstant zu halten. Ohne zusätzliche Maßnahmen wird die Quote um das Jahr 2020 auf mehr als 1,5 % ansteigen. Bundesinnenminister Kanther schlägt hier den Eigenbetrag von Beamten und Pensionären mit dem Ziel vor, die Versorgungsquote in den besonders kritischen Jahren zwischen 2015 und 2027 auf 1,40 % zu halten. In der Zeit danach werde sie nach den Berechnungen des Bundesinnenministeriums wegen der derzeitigen zurückhaltenden Einstellungspolitik auf natürliche Weise wieder zurückgehen. Die Einzelheiten des Systems sollen einem späteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten bleiben.
Der über 250 Seiten umfassende Versorgungsbericht kann bei Bedarf direkt bei der Hauptgeschäftsstelle angefordert werden.
In einer ersten Einschätzung muß die vorgesehene Pensionsrücklage eher kritisch gesehen werden. Die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden würden mehr entlastet, wenn keine Rücklage gebildet, sondern die Nettokreditaufnahme gesenkt oder gar Schulden getilgt würden. Im Zweifel sind Kreditzinsen immer höher als die Erträge aus der Pensionsrücklage.
Az.: I/1 043-20-0 wi/gt