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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 326/2004 vom 15.04.2004
Verstoß gegen Gemeindewirtschaftsrecht keine unlautere Wettbewerbshandlung
Der Bundestag hat einer Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zugestimmt. Er ist dabei nicht einer Forderung des Bundesrates gefolgt, der einen Verstoß gegen das Gemeindewirtschaftsrecht als unlautere Wettbewerbshandlung einstufen wollte. Dadurch wäre entgegen der bisherigen BGH-Rechtsprechung (z.B. Oktoberfestfall, vgl. dazu Mitteilungen vom 5.06.2002, lfd. Nr. 304) eine Klage etwaiger Wettbewerber kommunaler Unternehmen vor den Zivilgerichten wieder zulässig geworden. Der Bundestag folgt in seiner Beschlussfassung der Position des DStGB. Dieser hatte sich im Vorfeld an die Bundesregierung und die Bundestagsfraktionen mit der Auffassung gewandt, dass die von dem Bundesrat geforderte Regelung als systemwidrig abzulehnen sei. Der Gesetzentwurf wird jetzt erneut im Bundesrat beraten.<o:p></O:P>
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Die Bundesregierung hat zur Modernisierung des deutschen Lauterkeitsrechts einen Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht, durch den das geltende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb insgesamt neu gefasst werden soll (BT-Drucksache 15/1487 vom 22. August 2003). In seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2003 fordert der Bundesrat unter Nr. 10 eine Ergänzung des § 4 Nr. 11 dieses Entwurfes (UWG-E). Danach soll die Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Vorschrift als unlauter im Sinne von § 3 UWG-E angesehen werden, wenn diese Vorschrift auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer den Marktzutritt zu regeln. Die Änderungsforderung des Bundesrates zielt dabei auf die so genannte Subsidiaritätsklausel in den gemeindewirtschaftsrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnungen der Länder ab. Nach Auffassung des DStGB beinhaltet diese Forderung ohne stichhaltige Begründung ein Abweichen von der Grundlage des Gesetzentwurfes, nicht jeden Gesetzesverstoß, sondern lediglich Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen, die zumindest auch das Marktverhalten regeln, als unlauter zu klassifizieren. Eine entsprechende Änderung des § 4 Nr. 11 UWG-E ist entgegen der Angaben des Bundesrates auch nicht auf Grund eines bestehenden Rechtschutzdefizits notwendig.<o:p></O:P>
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Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich daher sowohl gegenüber dem federführenden Bundesjustizministerium als auch gegenüber den Bundestagsfraktionen dafür eingesetzt, dass die Forderung des Bundesrates nach einer Ergänzung des § 4 Nr. 11 UWG-E nicht berücksichtigt wird und keinen Eingang in den Gesetzesbeschluss erhält. <o:p></O:P>
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Der Bundesgerichtshof hat in den vergangenen Jahren noch zu der bestehenden Generalklausel in § 1 UWG eine Neuausrichtung seiner Rechtsprechung zur wettbewerbsrechtlichen Verfolgung von Verstößen gegen außerwettbewerbsrechtliche Normen vorgenommen. Danach will das Wettbewerbsrecht nur das Marktverhalten, nicht aber den Marktzutritt regeln. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung folgt dieser Auffassung. In der Begründung zu § 4 Nr.11 UWG-E wird darauf abgestellt, dass nur ein Verstoß gegen solche Normen erfasst ist, die zumindest auch das Marktverhalten regeln. Dabei wird auch auf die Entscheidung des BGH im so genannten Oktoberfestfall hingewiesen. Darin vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde nicht schon deshalb als unlauterer Wettbewerb gegenüber privaten Konkurrenten anzusehen ist, weil sie der Gemeinde nach Kommunalrecht untersagt ist. Ansprüche aus dem UWG richten sich gegen unlauteres Wettbewerbsverhalten auf dem Markt. Sie haben nicht im Sinn, Wettbewerbern zu ermöglichen, andere unter Berufung darauf, dass ein Gesetz ihren Marktzutritt verbietet, vom Markt fernzuhalten, wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich, so der BGH weiter, nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen.<o:p></O:P>
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Von dieser Auffassung, die sich sowohl in der bisherigen Gesetzesbegründung als auch in der Rechtsprechung des BGH findet, will der Bundesrat durch seine Forderung ohne stichhaltige Begründung abweichen. Es ist nicht zutreffend, dass die Subsidiaritätsklauseln im Gemeindewirtschaftsrecht der Länder leer laufen. Sie werden von einigen Landesgesetzgebern bewusst mit Drittschutz für privatwirtschaftliche Unternehmen versehen und dies wird auch durch die Verwaltungsgerichte so umgesetzt (vgl. VerfGH RhPf, Urteil vom 28.03.2000, VGH N 12/1998 zur neu gefassten Subsidiaritätsklausel im § 85 GO RhPf vgl. dazu Mitteilungen vom 5.06.2000, lfd. Nr. 311 - und OVG Münster, Beschluss vom 13. August 2003; Az.: 15 B 1137/03 vgl. dazu Mitteilungen von Februar 2004, lfd. Nr. 102 -, das den Drittschutz aber am Erfordernis des öffentlichen Zwecks einer wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde festmacht). Es ist daher weder notwendig noch sinnvoll, den Schutz privatwirtschaftlicher Unternehmen vor einer angeblich ausufernden wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen über den Umweg des UWG zu konstruieren.<o:p></O:P>
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Eine solche Vorgehensweise wäre auch systemwidrig. Der BGH führt in seiner bereits zitierten Entscheidung aus, dass von der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung des Marktverhaltens der Kommunen die allgemeinpolitische und wirtschaftspolitische Frage zu unterscheiden ist, ob sich die öffentliche Hand überhaupt erwerbswirtschaftlich betätigen darf und welche Grenzen insoweit gesetzt sind oder gesetzt werden sollten. Die Lösung dieser Frage ist Aufgabe der Gesetzgebung und Verwaltungen sowie der parlamentarischen Kontrolle und für die Gemeinden und Landkreise gegebenenfalls der Kommunalaufsicht, nicht aber der ordentlichen Gerichte bei der ihnen zustehenden Beurteilung von Wettbewerbshandlungen nach dem UWG. Jeder einzelne Landesgesetzgeber kann und muss daher bei der Ausgestaltung des jeweiligen Gemeindewirtschaftsrechts entscheiden, ob er eine Subsidiaritätsklausel einführt, wie er diese ausgestaltet und ob er sie mit einem Drittschutz für privatwirtschaftliche Unternehmen ausstattet. Das Wettbewerbsrecht kann hier nicht zum allgemeinen Lückenbüßer des Verwaltungsrechts gemacht werden.<o:p></O:P>
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Das Bundesministerium der Justiz ist kommunalen Bedenken gegen die Forderung des Bundesrates gefolgt. Dies ergibt sich aus der Gegenäußerung der Bundesregierung zu den Vorschlägen des Bundesrates. Darin regt diese an, eine Antwort auf die Frage des Drittschutzes gemeindewirtschaftsrechtlicher Vorschriften nicht im UWG, sondern in den Gemeindeordnungen der Länder zu geben und damit den sachgerechteren Weg zu wählen.<o:p></O:P>
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Der Bundestag ist in dieser Frage dem Gesetzentwurf des Justizministeriums gefolgt. In seinen Beschluss vom 1. April 2004 (entspricht der Empfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucksache 15/2795 vom 26. März 2004) hat die Forderung des Bundesrates keinen Eingang gefunden.<o:p></O:P>
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Der Gesetzentwurf wird durch den Bundesrat als zustimmungspflichtig angesehen. Er wird daher nochmals beraten werden. Für den Fall, dass dabei erneut die Forderung nach einer Ergänzung des § 4 Nr. 11 UWG-E erhoben wird, hat der Innenausschuss des Bundesrates gefordert, in die Beratungen einbezogen zu werden. Bei der Erarbeitung der Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung war der Innenausschuss nicht einbezogen worden.<o:p></O:P>
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Az.: IV/3 810-05