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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 104/2003 vom 14.01.2003
Verteilung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer
Wie alle drei Jahre wurde in einem Gespräch am 28. November 2002 zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden die Anpassung der Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer erörtert. Der DStGB hat dabei die Mehrheitsposition seiner Mitgliedsverbände vertreten und diese auch in der unten abgedruckten Stellungnahme zu dem Referentenentwurf schriftlich dargelegt.
Der Referentenentwurf sieht entsprechend der Mehrheitsposition der Fachvertreter von Bund, Ländern und Gemeinden folgendes vor:
- Die Kappungsgrenze wird von 20.000/40.000 € auf 25.000/50.000 € in den Gemeinden der neuen Länder und von 25.000/50.000 € auf 30.000/60.000 € in den Gemeinden der alten Länder angehoben.
- Bei der Frage der Einbeziehung des Familienleistungsausgleichs votierten Bundes- und Landesvertreter einhellig zu der Variante 1, also zu dessen Einbeziehung.
- Der Zeitpunkt des Inkrafttretens soll das Jahr 2003 bleiben.
Wenn in dem Gesetzgebungsverfahren der Terminplan eingehalten werden kann - das ist bei dem großen Maß an Übereinstimmung zwischen den Ländervertetern und dem Bund wahrscheinlich -, dürfte die Regelung mit der Plenarsitzung des Bundesrates am 14. Februar 2003 beschlossen sein und rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft treten.
Der DStGB hat hierzu folgende Stellungnahme an den Leiter des zuständigen Referats im BMF geschickt:
"... Neuregelung noch für das Jahr 2003
Zunächst begrüßen wir das Bemühen seitens Bund und Ländern, trotz Verzögerungen bei der Aufbereitung der Daten die Neuregelung noch für das Jahr 2003 vorzusehen. Die im dreijährigen Turnus aktualisierten Basisdaten des Statistischen Bundesamtes sollten auch weiterhin zu Anpassungen im Dreijahresrhythmus führen, weil Gemeinden mit Bevölkerungszuwachs für die zusätzliche Infrastruktur auf eine Finanzausstattung angewiesen sind, die diese Entwicklung berücksichtigt. Dass die Einführung endgültiger Verteilungsschlüssel beim Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer um ein Jahr verschoben werden musste, ist in Hinblick auf die außergewöhnlichen Datenerhebungsprobleme in diesem Bereich sachlich begründet und in diesem Fall nicht zu beanstanden.
Berücksichtigung des Familienleistungsausgleichs
Ob bei der Neuregelung die 1996 erfolgte Systemumstellung beim Familienleistungsausgleich berücksichtigt werden soll (Variante 1) oder nicht (Variante 5), ist aus unserer Sicht nicht zwingend dem Verfassungsrecht zu entnehmen. Dass die Variante 5 im Hinblick auf ihre „Zukunftsfestigkeit“ vorgeschlagen worden ist, war daher ein durchaus ernst zu nehmendes Argument, weil bei Realisierung dieser Variante künftige Schlüsselanpassungen nicht durch Diskussion um die Berücksichtigung weiterer Abzugstatbestände erschwert werden, wie es bei der Berücksichtigung des Familienleistungsausgleichs möglicherweise der Fall sein wird. Die Modellberechnungen haben gezeigt, dass bei der Variante 5 Gemeinden mit weniger als 50.000 Einwohnern (West) bzw. 20.000 Einwohnern (Ost) im Vorteil sind, während größere Gemeinden, insbesondere Städte mit über 200.000 Einwohnern, verlieren würden. In den unterschiedlichen Ländern zeigen die Modellberechnungen der statistischen Landesämter zum Teil davon abweichende Ergebnisse.
Für die Variante 1 sprach das systematische Argument, dass hierbei die geringsten Abweichungen gegenüber der Verteilungssituation vor der Systemumstellung beim Familienleistungsausgleich hinzunehmen sind und dass in der konkreten Umsetzung sehr einfach auf Größen zurückgegriffen werden konnte, die bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags (wenn auch nun mit Abzug von Jahresbeträgen) ohnehin Verwendung finden. Mit Bedenken spricht sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund für diese Variante 1 aus, stellt dabei allerdings zwischen den Verteilungsfolgen der Familienleistungsausgleichsfrage und denen einer möglichen Erhöhung der Sockelbeträge eine sachliche Verknüpfung her: Wenn bei der ersten Frage die für die Kernstädte günstigere Variante 1 gewählt wird, so soll bei der zweiten Frage eine für die kleineren und mittleren Städte günstigere Variante gewählt werden. Das hieße, bei der Höhe der Sockelbeträge eher die niedrigere Variante zu wählen, da die Modellrechnungen klar zeigen, dass dies für die kleineren und mittleren Städte besser ist als eine besonders starke Anhebung.
Höhe der Sockelbeträge
Auch hinsichtlich der Frage, ob bei der Neuregelung die im Jahr 2000 erhöhten Sockelbeträge angehoben werden sollen, sieht der Deutsche Städte und Gemeindebund kein verfassungsrechtliches Gebot, das bereits im Jahr 2003 zu einem gesetzgeberischen Handlungsbedarf führen würde. Insofern widersprechen wir auch der Begründung des Referentenentwurfes, wonach sich bei nicht regelmäßig erfolgender Anpassung der Höchstbeträge die Verteilung immer mehr einer Pro-Kopf-Verteilung annähern würde und dies mit der grundgesetzlichen Vorgabe einer Verteilung auf der Grundlage des örtlichen Aufkommens nicht vereinbar wäre. Dies mag zwar langfristig zutreffen, nicht jedoch jetzt, wo die letzte Anhebung lediglich drei Jahre zurückliegt. Hinzu kommt, dass diese drei Jahre durch eine maßvolle Entwicklung bei Löhnen und anderen Einkunftsarten geprägt war, so dass heute die bisherigen Höchstbeträge oft nicht erreicht werden. Demgegenüber hat es in der Vergangenheit Zeiten mit hohen Preis-/Einkommenszuwächsen gegeben, die trotzdem keineswegs zu einer Sockelerhöhung nach bereits drei Jahren geführt haben: Vor der letzten Anhebung im Jahr 2000 hatten die Sockelbeträge von 40.000/80.000 DM in den alten Bundesländern für einen Zeitraum von 6 Jahren und die Sockelbetragskombination 32.000/64.000 DM sogar für 9 Jahre Bestand. Und das, obwohl damals im Gegensatz zu der nun vorgeschlagenen Erhöhung von 5.000 € eine kleinere Erhöhung von 8.000 DM (= weniger als 4.000 €) erfolgte!
Für den Deutschen Städte- und Gemeindebund hat der Sockelbetrag heute immer noch die im Gemeindefinanzreformgesetz ursprünglich anvisierte Funktion, ein ungleiches Aufkommen bei einkommensteuerstärkeren gegenüber einkommensteuerschwächeren Gemeinden zum Teil auszugleichen. Die Modellberechnungen haben gezeigt, dass bei einer starken Anhebung diese Funktion weit weniger gut erfüllt werden würde als bei einer Beibehaltung bzw. einer schwächeren Anhebung der Sockelbeträge. Dies ist neben der eingangs genannten großstadtfreundlichen Entscheidung in der Frage der Berücksichtigung des Familienleistungsausgleichs ein weiterer Grund, weshalb der Deutsche Städte- und Gemeindebund den Gesetzgeber bittet, in diesem Punkt durch Zurückhaltung bei der Sockelbetragsfrage auch den Interessen der kleineren und mittleren Städte gerecht zu werden. Jedenfalls bei der nächsten Umschlüsselung des Verteilungsschlüssels auf die neuen Statistikdaten möge sich der Gesetzgeber in drei Jahren der Tatsache bewusst sein, dass es nach der Jahrhundertwende bereits zwei kräftige Anhebungen des Sockelbetrages gegeben hat, und zwar in kürzeren Abständen, als dies bisher üblich war.
Kommunale Finanzprobleme nicht durch interkommunale Verteilung lösbar
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verwahrt sich im Übrigen gegen eventuelle Versuche, Finanzprobleme der Kernstädte (vor allem bezüglich der Entwicklung bei Gewerbesteuer und Sozialhilfe) über die interkommunale Verteilung im Bereich der Verteilung des Einkommensteueranteils lösen zu wollen. Der Gesetzgeber ist hier durch finanzpolitische Soforthilfen (Rücknahme der Erhöhungen bei der Gewerbesteuerumlage/Investitionshilfen) sowie durch die Gemeindefinanzreform (Stabile und gestärkte Kommunalsteuern/Überprüfung der Aufgaben und Ausgaben/Konnexität und Konsultationsmechanismus) gefordert. Die Verteilung des Einkommensteueranteils erfolgt hingegen laut Grundgesetz auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen der Einwohner vor Ort, so dass hier nicht der Platz ist, die genannten Probleme gleich mitzulösen. ..."
[Quelle: DStGB Aktuell 4902 v. 06.12.2002]
Az.: IV/1 921-03