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StGB NRW-Mitteilung 274/2015 vom 24.04.2015
Verwaltungsgericht Aachen zu Geschwisterregelung beim Kita-Beitrag
Nach § 23 Abs. 5 Satz 3 Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz NRW) sind bei Geschwisterregelungen Kinder, deren Tagesbetreuung nach § 23 Abs. 3 KiBiz NRW elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre. Vor dem Hintergrund dieser Regelung hat die Stadt Erkelenz durch die Satzung über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten für Kinder in Tageseinrichtungen in der Tagespflege im Jugendamtsbezirk Erkelenz vom 18.12.2014 in § 4 Abs. 2 folgende Regelung beschlossen: „Besuchen mehr als ein Kind einer nach § 1 Abs. 3 dieser Satzung beitragspflichtigen Person gleichzeitig eine Tageseinrichtung/Tagespflege, und liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 (Beitragsbefreiung) vor, so wird für ein Kind ein Beitrag von 80 % des höheren Beitrags erhoben“.
Das Verwaltungsgericht Aachen hat aufgrund einer Klage von Eltern hierzu am 10.04.2015 ein Urteil gefällt (Az.: 8 K 154/15). In seiner Begründung weist das Gericht darauf hin, dass die Anfügung von Satz 3 in § 23 Abs. 5 KiBiz NRW lediglich zur Folge habe, dass nunmehr auch beitragsfreie Vorschulkinder „als beitragspflichtig gelten“ und dass damit überhaupt die Geschwisterregelung zum Tragen komme. Dies möge auch Anlass für den Gesetzgeber gewesen sein, die Ergänzung des § 23 Abs. 5 KiBiz NRW durch Satz 3 vorzunehmen, um so - gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OVG NRW — der mit dem 1. KiBiz-Änderungsgesetz eingeführten Beitragsbefreiung für Vorschulkinder nachhaltiger Wirkung zu verschaffen.
In seinen weiteren Ausführungen weist das Gericht darauf hin, der durch das 2. KiBiz-Änderungsgesetz genannten Fassung des § 23 Abs. 5 sei aber — auch unter Berücksichtigung des oben beschriebenen bisherigen Handelns des Gesetzgebers - keinesfalls zu entnehmen, dass ein Geschwisterkind neben einem beitragsfreien Vorschulkind ebenfalls beitragsfrei gestellt werden müsse. Auch würden weder die bundesgesetzliche Regelung des § 90 SGB VIII noch die landesgesetzliche Regelung des § 23 Abs. 5 KiBiz NRW (in all ihren bisherigen Fassungen) gebieten, überhaupt Geschwisterermäßigungen einzuräumen. § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII eröffne grundsätzlich die Möglichkeit, Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege festzusetzen. In § 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sei bestimmt, dass Kostenbeiträge (wenn sie erhoben werden) zu staffeln seien. Kriterien für eine solche Staffelung benennen Satz 3, nämlich das Einkommen, die Anzahl kindergeldberechtigter Kinder in der Familie und die tagtägliche Betreuungszeit. Das zwingende Vorsehen einer Geschwisterermäßigung sei nicht benannt.
Gleiches gelte für die landesgesetzliche Regelung. So heiße es in § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW: „Es kann ermäßigte Beiträge oder eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder, … vorsehen“. Ein ermäßigter Beitrag oder gar eine Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder sei also weder nach bundes- noch nach landesgesetzlichen Vorgaben zwingend. Im Hinblick darauf, dass gesetzlich keine Geschwisterermäßigung geboten sei, stehe dem Satzungsgeber auch ein relativ weiter Spielraum bei der Gestaltung einer Geschwisterermäßigung zu. Diesen Rahmen überschreite die Regelung der Beklagten (Stadt Erkelenz) jedenfalls nicht. Im Ergebnis wurde daher die Klage der Eltern abgewiesen. Die Berufung wurde nicht zugelassen.
Kommunale Einschätzung
Die StGB NRW-Geschäftsstelle hatte bereits vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Aachen gegenüber der Stadt Erkelenz die Auffassung vertreten, dass diese Satzungsregelung mit der Neufassung des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW vereinbar sei. Vor dem Hintergrund der eindeutigen Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 2 KiBiz NRW, wonach das Jugendamt ermäßigte Beiträge oder die Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder vorsehen könne, sei die Geschäftsstelle bereits im Jahr 2014 in Abstimmung mit dem Jugendministerium NRW zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Teilerhebung beim Geschwisterkind auch dann zulässig sei, wenn das ältere Geschwisterkind im beitragsfreien letzten Kindergartenjahr sei.
Zu der Frage, in welcher Höhe ein entsprechender Teilbeitrag von dem jüngeren Geschwisterkind erhoben werden könne, würden vom Jugendministerium NRW und der Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes NRW inzwischen unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das Land vertrete die Auffassung, dass ein Teilbeitrag allenfalls in der Höhe der Differenz zwischen dem fiktiven Beitrag für das beitragsfreie Kind und dem höheren Beitrag für das jüngere Kind erhoben werden könne.
Diese einschränkende Auslegung ergebe sich allerdings weder aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 3 KiBiz NRW Kinderbildungsgesetz noch aus der Begründung zu dem Gesetzentwurf. Der Gesetzessystematik sei lediglich zu entnehmen, dass ein Teilbetrag möglich sei. Hätte der Gesetzgeber die Regelung des § 23 Abs. 5 Sätze 2 und 3 KiBiz NRW derart einschränkend beabsichtigt, so hätte dies im Gesetz oder zumindest in der Begründung zum Gesetzentwurf einen entsprechenden Ausdruck finden müssen, was erkennbar nicht der Fall sei.
Az.: III/2 711-2