Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 575/2007 vom 15.08.2007
Verwaltungsgericht Aachen zum Verbrennen von Pflanzenabfällen
Das Verwaltungsgericht Aachen hat mit Urteil vom 15.06.2007 (Az. 9 K 2737/04) eine Allgemeinverfügung zum Verbrennen von pflanzlichen Abfällen nach § 27 Abs. 2 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) für rechtswidrig erklärt. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die beklagte Kommune hatte im November 2003 eine Allgemeinverfügung zum Verbrennen von pflanzlichen Abfällen erlassen, mit der eine Ausnahmegenehmigung der Gestalt erteilt wurde, dass im Stadtgebiet pflanzliche Abfälle jeweils in der Zeit vom 01. Oktober eines Jahres bis zum 15. April des darauffolgenden Jahres mittwochs und freitags in der Zeit von 15.00 bis 19.00 Uhr sowie samstags in der Zeit von 09.00 bis 13.00 Uhr auf dem eigenen, gemieteten oder gepachteten Grundstück verbrannt werden durften. Nicht verbrannt werden durfte an Sonn- und Feiertagen. Zur Begründung der Allgemeinverfügung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Aufhebung der Pflanzen-Abfall-Verordnung in NRW zum 1.5.2003 auch das Behandeln von pflanzlichen Abfällen nur in einer zugelassenen Abfallentsorgungsanlage möglich sei. Hiervon könnten nach § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG Ausnahmen zugelassen werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt werde. Das Gebiet der betroffenen Kommune zeichnete sich in weiten Teilen durch großflächig bemessene Grundstücke und landschaftsprägende Hecken aus. Dieser Charakter führte vor allem bei notwendigen Pflegemaßnahmen zu einem großes Aufkommen von pflanzlichen Abfällen. Dieses Aufkommen war so die Kommune mit den bestehenden Einrichtungen bei objektiver Betrachtung – vor allem der Transportwege zu den zugelassenen Anlagen – nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu entsorgen. Somit war die Verbrennung der pflanzlichen Abfälle nach Auffassung der Kommune als Entsorgungsalternative aus ökologischen Gründen zu erhalten. Das Wohl der Allgemeinheit sei bei der Allgemeinverfügung beachtet worden, zumal durch entsprechende Auflagen Belästigungen der Anwohner und die von den Feuern ausgehenden Gefahren zu vermeiden waren.
Der Kläger hatte diese Allgemeinverfügung angegriffen und trug u. a. vor, dass ein Verbrennen von pflanzlichen Abfällen nicht erforderlich sei, zumal auch ein Merkblatt des Umweltministeriums NRW davon ausgehe, dass die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für die Verbrennung allenfalls noch in wenigen individuell gelagerten Ausnahmefällen nötig sei.
Das VG Aachen hat in seinem Urteil vom 15.06.2007 die Allgemeinverfügung für rechtswidrig erklärt und aufgehoben.
Nach dem VG Aachen ist bereits fraglich, ob eine Allgemeinverfügung über die Zulassung des Verbrennens von pflanzlichen Abfällen überhaupt eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG findet. Nach der Rechtsauffassung des VG Aachen ermächtigt § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG nur im konkreten Einzelfall Ausnahmen zuzulassen. Allenfalls könnten überschaubare Einzelfallregelungen in atypischen Sonderfällen geregelt werden, die auch zusammengefasst werden könnten, wenn die Menge sowie die Art und Herkunft der Abfälle absehbar seien.
Außerdem erachtet das VG Aachen die Allgemeinverfügung für rechtswidrig, weil der Belang des Wohls der Allgemeinheit (§ 10 Abs. 4 Satz 2 Nr. 6 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz) nicht genügend einer Prüfung unterzogen worden sei. Zur öffentlichen Sicherheit zählen nach dem VG Aachen u. a. subjektive Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen wie das Recht der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz. Zwar reichen hierfür allgemein empfundene Belästigungen nicht aus. Jedoch habe der Kläger ein ärztliches Attest vorgelegt, wonach davon auszugehen sei, dass er nach Rauchinhalation unter asthmatischen Beschwerden leide. Dieses überschreite – so das VG Aachen - in seiner Person den Rahmen einer bloßen Belästigung.
Unabhängig davon sieht das VG Aachen die Allgemeinverfügung auch deshalb für rechtswidrig an, weil sie nicht hinreichend inhaltlich bestimmt ist. So stellt sich nach dem VG Aachen die Frage, was in der Allgemeinverfügung unter „starkem“ Wind zu verstehen ist, bei welchem ein vorhandenes Feuer unverzüglich zu löschen ist.
Die Geschäftsstelle weist auf folgendes hin:
Die Entscheidung des VG Aachen vom 15.06.2007 ist die erste Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes in Nordrhein-Westfalen zu einer Allgemeinverfügung nach § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG. Das Urteil des VG Aachen ist nicht rechtkräftig, weil das VG Aachen die Berufung zum OVG NRW wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Geschäftsstelle, auch weiterhin zunächst mit Allgemeinverfügungen nach § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG zu arbeiten (vgl. hierzu auch Mitteilungen StGB NRW 2004, Nr. 901). Es darf aber nicht verkannt werden, dass das Urteil des VG Aachen sich in die bislang ergangene Rechtsprechung zum Verbrennen von pflanzlichen Abfällen einreiht, wonach ein Verbrennen von pflanzlichen Abfällen grundsätzlich nicht als erforderlich angesehen wird (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.04.2004 - Az. 21 B 727/04, UPR 2004, Seite 357 zu sog. Brauchtumsfeuern, die nicht von § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG erfasst werden, sondern der Regelung in § 7 Landesimmissionsschutzgesetz NRW unterstellt sind; VG Minden, Urteil vom 08.03.2004 – Az. 11 K 7422/03 – sowie insgesamt hierzu: Queitsch in: Schink/Queitsch/Scholz, Landesabfallgesetz NRW, Kommentar, Stand April 2007, § 9 LAbfG NRW Rz. 126 ff.)
Nicht gefolgt werden kann dem VG Aachen in der Beurteilung, dass eine Regelung zu unbestimmt ist, die aussagt, dass bei starkem Wind ein vorhandenes Feuer unverzüglich zu löschen ist. Es ist davon auszugehen, dass ein objektiv und sachgerecht handelnder Mensch von sich aus einschätzen kann, wann ein so starker Wind vorliegt, der ein unverzügliches Löschen des Feuers erforderlich macht, um Personen- und Sachschäden abzuwenden. Auch das etwaige Benennen von konkreten Windstärken würde hier nicht weiter helfen, weil davon auszugehen ist, dass auch konkret benannte Windstärke, nicht nachempfunden werden können. Im Übrigen ist jedem Menschen zuzutrauen, dass er mit der Vorgabe, dass das Feuer bei aufkommendem starkem Wind zu löschen ist, erkennen kann, dass mit dieser Vorgabe Personen- und Sachschäden durch das Feuer z. B. durch Funkenflug vermieden werden soll. Unter diesem Gesichtspunkt ist die kritisierte Vorgabe durchaus als bestimmt genug anzusehen.
Insgesamt kann daher nur abgewartet werden, wie das OVG NRW die Sach- und Rechtslage beurteilt.
Az.: II/2 32-00-18 qu/ko