Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 567/2008 vom 08.08.2008
Verwaltungsgericht Arnsberg zur gewerblichen Papiersammlung
Das VG Arnsberg hat mit Eilbeschluss vom 11.07.2008 (Az.: 14 L 464/08 – nicht rechtskräftig) die aufschiebende Wirkung einer für sofort vollziehbar erklärten Untersagungsverfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein gegen eine gewerbliche Papiersammlung wieder hergestellt. Der Beschluss des VG Arnsberg vom 11.07.2008 ist nicht rechtskräftig, sondern der Sachverhalt soll dem OVG NRW zur Entscheidung unterbreitet werden.
Das VG Arnsberg weist in seinem Beschluss darauf hin, dass der gewerblichen Papiersammlung des privaten Abfallentsorgungsunternehmens durchaus überwiegende öffentliche Interessen im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz entgegenstehen könnten. Zwar dürfte allein das Interesse der betroffenen Stadt mit dem Altpapier „Geld zu verdienen“, hierfür nicht ausreichen. Die beklagte Stadt weise indessen aber zutreffend darauf hin, dass durch eine gewerbliche Altpapiersammlung der Stadt Einnahmen weg brechen würden und dadurch eine erhöhte Belastung bei den Abfallgebühren für die Bürgerinnen und Bürger die Folge sein könnte. Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst niedrigen, kontinuierlichen und berechenbaren Gebührenbelastung aller Einwohner der Stadt sei es deshalb in der Tat nicht auszuschließen – so das VG Arnsberg –, das die beabsichtigte gewerbliche Papiersammlung mit den öffentlichen Interessen unvereinbar sei.
In diesem Zusammenhang weist das VG Arnsberg dann aber darauf hin, dass im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Raum sei, die angesprochenen Fragestellungen einer vertieften Untersuchung und Beantwortung zuzuführen.
Im Rahmen der daran anknüpfenden Interessenabwägung im Hinblick auf den Sofortvollzug der Untersagungsverfügung kommt das VG Arnsberg dann zu dem Ergebnis, dass ein überwiegendes Vollzugsinteresse im Hinblick auf die Untersagungsverfügung bezogen auf die gewerbliche Altpapiersammlung nicht gegeben sei. Die Abfallbeseitigung in der betroffenen Stadt werde nicht zusammenbrechen, wenn sich das private Abfallentsorgungsunternehmen vorübergehend neben der Stadt der Altpapiersammlung annehme. Unzuträglichkeiten für den städtischen Haushalt oder eine auch nur vorübergehend nicht hinnehmbare Gebührenbelastung seien ebenfalls nicht erkennbar. Außerdem werde das Vorhaben der Stadt bis zum 01.08.2008 ein vollständiges Holsystem für Altpapier einzurichten, durch die Tätigkeit des gewerblichen Sammlers nicht ernsthaft gefährdet. Im Übrigen seien die rechtlichen Voraussetzungen hierfür noch gar nicht gegeben, weil die Stadt in ihrer Abfallentsorgungssatzung bislang nicht geregelt habe, dass die privaten Grundstückseigentümer verpflichtet seien, eine „blaue Altpapiertonne“ auf ihrem Grundstück aufzustellen und für die Entsorgung des Altpapiers zu nutzen. Solange die Abfallentsorgungssatzung der betroffenen Stadt eine entsprechende Vorschrift nicht enthalte, müsse das zum 01.08.2008 geplante Vorhaben der Stadt Stückwerk bleiben. Insbesondere könne die Stadt die voraussichtlichen Einnahmen aus dem Altpapieraufkommen nicht sicher kalkulieren, sondern sie sei auf mehr oder weniger grobe Schätzungen, möglicherweise auch im Wege des Vergleichs mit dem Papieraufkommen in anderen Kommunen, angewiesen. Daher rechtfertige sich auch unter dem Gesichtspunkt der Entsorgungssicherheit nicht, dass die Untersagungsverfügung des Kreises Siegen-Wittgenstein als untere Abfallwirtschaftsbehörde für sofort vollziehbar erklärt werden könne.
Die Geschäftstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:
Der Beschluss des VG Arnsberg vom 11.07.2008 kann im Ergebnis keine Zustimmung finden. Es kann unter dem Gesichtspunkt der Abfallüberlassungspflichten der privaten Haushalte nach § 13 Abs. 1 S. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz auch für Abfälle zur Verwertung wie z.B. für das Altpapier nicht entscheidend darauf ankommen, ob eine Stadt oder Gemeinde in der Abfallentsorgungssatzung verpflichtend die Benutzung einer blauen Papiertonne vorgesehen hat. Maßgeblich ist allein, dass private Haushaltungen grundsätzlich verpflichtet sind, auch Abfälle zur Verwertung wie Altpapier der Stadt oder Gemeinde als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zu überlassen. Zwar muss insoweit auch das „Wie“ der Abfallüberlassung in der Abfallentsorgungssatzung geregelt sein. Die noch ausstehende Regelung der Einführung einer Altpapiertonne in der Abfallentsorgungssatzung kann aber kein Kriterium dafür sein, eine gewerbliche Sammlung von Altpapier schlichtweg zuzulassen, denn es muss einer Stadt unbenommen sein, unter dem Zeitdruck einer akut drohenden gewerblichen Altpapiersammlung mit negativen Folgen für die Höhe der Abfallgebühr, den Bürgerinnen und Bürgern zunächst auf freiwilliger Grundlage die Benutzung von städtischen Altpapiertonnen anbieten zu können. In diesem Zusammenhang kann nur noch einmal auf die zutreffenden Entscheidungen des OVG Hamburg (Beschluss vom 8.7.2008 – Az.: 1 BS 91/08) und des BayVGH (Beschluss vom 12.1.2005 – Az.: 20 CS 04.2047 - , Natur und Recht 2006, S. 114) verwiesen werden, die eine abfallrechtliche Gesamtprüfung beinhalten (vgl. Mitt StGB NRW August 2008 Nr. 487 bis 489).
Schließlich hat die Erfahrungspraxis gezeigt hat, dass nicht auf jedem Grundstück ohne weiteres eine Altpapiertonne aufgestellt werden kann und insoweit auch die Stadt gehalten ist, auf die berechtigten Interessen der Benutzer ihrer Entsorgungseinrichtung als Kunden Rücksicht zu nehmen. Hierzu kann auch gehören, dass gegebenenfalls in Einzelfällen z.B. keine Altpapiertonne auf einem Grundstück bereitgestellt wird, sondern das Altpapier in Säcken zur Abholung durch die Stadt zur Verfügung gestellt wird. Unabhängig davon erscheint es allerdings als geboten, die Art und Weise der Erfassung des Altpapiers, d.h. dass „Wie der Überlassung des Altpapiers an die Stadt“ in der Abfallentsorgungssatzung grundlegend zu regeln (vgl. hierzu auch § 13 der Muster-Abfallentsorgungssatzung des StGB NRW – Stand 24.11.2006 - mit Anmerkung 47). Vor diesem Hintergrund wird abzuwarten sein, wie das OVG NRW entscheiden wird.
Az.: II/2 31-02