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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 618/2009 vom 16.11.2009
Verwaltungsgericht Minden zum Kostenersatz
Das VG Minden hat mit Urteil vom 21.10.2009 (Az. 11 K 1395/09 — nicht rechtskräftig) einen Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW für die TV-Untersuchung einer Grundstücksanschlussleitung verneint, weil diese Untersuchung nicht im Sonderinteresse des Grundstückseigentümers liegt. Nach der Ansicht des VG Minden ergibt sich aus § 61 a Abs. 3 LWG NRW nicht, dass der Grundstückseigentümer Kanaluntersuchungen von Grundstücksanschlüssen durchzuführen hat. Die sich aus § 61 a Abs. 3 LWG NRW ergebende Pflicht des Grundstückseigentümers, Dichtheitsprüfungen durchzuführen, beschränkt sich nach dem VG Minden auf private Abwasserleitungen. Die unterlegene Stadt wird gegen das Urteil die Zulassung der Berufung beim OVG NRW beantragen.
Nach Auffassung des StGB NRW kann der Rechtsansicht des VG Minden nicht gefolgt werden.
Zutreffend ist zwar, dass nach § 45 Landesbauordnung NRW die Pflicht zur Dichtheitsprüfung nur für Abwasserleitungen auf privaten Grundstücken galt (vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 25.10.2005 — Az.: 4 K 4068/04 -). § 45 Landesbauordnung NRW ist aber zum 31.12.2007 ersatzlos weggefallen. § 61 a LWG NRW ist ab dem 31.12.2007 die Nachfolgevorschrift zu § 45 Landesbauordnung NRW. Insoweit muss aber auch der Regelungsgehalt des § 61 a Abs. 3 Satz 2 LWG NRW berücksichtigt werden.
Nach § 61 a Abs. 3 Satz 1 LWG NRW sind die Grundstückseigentümer verpflichtet, Abwasserleitungen, die Schmutzwasser führen, auf Dichtheit zu prüfen. Dabei besteht diese Prüfpflicht nach der Errichtung einer Abwasserleitung und bei bestehenden Abwasserleitungen bei deren Änderung, spätestens jedoch bis zum 31.12.2015 (§ 61 a Abs. 4 LWG NRW). In diesem Zusammenhang stellt § 61 a Abs. 3 Satz 2 LWG NRW ausdrücklich gesetzlich klar, dass die Eigentümer anderer Grundstücke, in denen Abwasserleitungen des zur Dichtheitsprüfung verpflichtenden Grundstückseigentümers verlaufen, die Prüfung der Dichtigkeit und damit einhergehende Maßnahmen zu dulden haben. Mit den Eigentümern anderer Grundstücke im Sinne des § 61 a Abs. 3 Satz 2 LWG NRW sind alle Nachbargrundstücke gemeint, auf denen eine private Abwasserleitung bis zu deren Einmündung in den öffentlichen Abwasserkanal verläuft.
Hierzu gehören auch Straßengrundstücke. Liegt also der sogenannte Grundstücksanschluss/die Grundstücksanschlussleitung im Straßengrundstück der Stadt/Gemeinde, so umfasst § 61 a Abs. 3 LWG NRW auch die Pflicht des Grundstückseigentümers den sog. Grundstücksanschluss auf Dichtigkeit zu prüfen. Der Grundstücksanschluss ist dabei die Leitungsstrecke vom öffentlichen Hauptkanal bis zur privaten Grundstücksgrenze. Die Stadt/Gemeinde ist dann nach § 61 a Abs. 3 Satz 2 LWG NRW verpflichtet zu dulden, dass der private Grundstückseigentümer auch den Grundstücksanschluss bzw. diese Grundstücksanschlussleitung nach § 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW auf Dichtigkeit überprüft.
Entscheidend ist dabei, dass auch der Grundstücksanschluss eine private Abwasserleitung ist, wenn dieser nach der Abwasserbeseitigungssatzung der Stadt/Gemeinde nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage ist. Denn der Grundstücksanschluss (die Grundstücksanschlussleitung) gehört dann nicht zur öffentlichen Abwasseranlage. Vielmehr ist diese eigentumsrechtlich dem privaten Grundstückseigentümer zuzurechnen (vgl. hierzu auch: VG Münster, Urteil vom 15.10.2008 — Az. 3 K 1498/07 — abrufbar unter: www.nrwe.de sowie Queitsch in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, LWG NRW, Kommentar, Stand: Oktober 2009, § 61 a LWG NRW, Rz. 1, 8 und 18).
Die Stadt/Gemeinde kann sich allerdings in ihrer Abwasserbeseitigungssatzung — wie es die beklagte Stadt getan hatte — vorbehalten, dass sie sämtliche Maßnahmen an der sogenannten Grundstücksanschlussleitung (dem Grundstücksanschluss) selbst durchführt, d. h. dass sie für die Herstellung, Erneuerung, Reparatur und Unterhaltung des sogenannten Grundstücksanschlusses verantwortlich ist und diese Maßnahmen selbst oder durch Beauftragung von Dritten durchführt. In diesem Fall besteht für die Stadt/Gemeinde dann die Möglichkeit, die Dichtheitsprüfung als Maßnahme der Unterhaltung über den Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend zu machen (vgl. hierzu Queitsch in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, LWG NRW, Kommentar, Stand: Oktober 2009, § 61 a LWG NRW, Rz. 18 sowie Queitsch in: Hamacher/Lenz/Queitsch, KAG NRW, 10. Ergänzungslieferung Juni 2009, § 10 KAG NRW, Rz. 10 a ff. Rz. 10 d; Queitsch, KStZ 2005, Seite 21 ff., 23 — ; Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattkommentar, § 10 KAG NRW, Rz. 23).
Der Begriff der „Unterhaltung“ ist dabei als Auffangtatbestand aufzufassen. Hierzu zählen alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um einen bestehenden Anschluss ohne dessen Erneuerung, Veränderung oder Beseitigung in einem gebrauchsfähigen Zustand zu erhalten (vgl. auch: OVG NRW, Urteil vom 18.05.1993 — Az. 22 A 2169/91 — NWVBl. 1993, Seite 419).
Eine TV-Inspektion dient dazu, festzustellen, ob der Grundstückseigentümer seiner Abwasserüberlassungspflicht nach § 53 Abs. 1 c LWG NRW unter anderem für das Schmutzwasser im vollen Umfang nachkommt, in dem es durch einen funktionstüchtigen Grundstücksanschluss, der ihm privatrechtlich zuzuordnen ist, der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird und das Abwasser nicht durch etwaige Leckagen im Untergrund versickert und dadurch das Grundwasser verunreinigt wird. Insoweit dient eine TV-Untersuchung als Maßnahme der Unterhaltung auch dem Sonderinteresse des Grundstückseigentümers, der anderenfalls Gefahr läuft, dass gegen ihn ein Strafverfahren nach § 324 Strafgesetzbuch (Gewässerverunreinigung) eingeleitet wird (vgl. hierzu auch: Queitsch, KStZ 2005, Seite 21 ff., 23; Dietzel in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblattkommentar, § 10 KAG NRW, Rz. 23; Queitsch in: Hamacher/Lenz/Queitsch, KAG NRW, 10. Ergänzungslieferung Juni 2009, § 10 KAG NRW, Rz. 10 a ff. und 20).
Außerdem besteht für den Grundstückseigentümer nach § 61 a Abs. 3 LWG NRW die Pflicht, seine Abwasser-Anschlussleitung an die öffentliche Abwasseranlage auf Dichtheit zu prüfen. Hierzu gehören nicht nur die Abwasserleitungen auf seinem privaten Grundstück (die sog. Hausanschlussleitungen), sondern auch der Grundstücksanschluss, wenn dieser nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasserlage ist. Diese Prüfpflicht hatte die beklagte Stadt auch satzungsrechtlich vorgegeben, wenn gleich die entsprechende Satzung noch auf der inzwischen weg gefallenen Regelung des § 45 LBauO NRW beruhte. Insoweit weist der StGB NRW nochmals darauf hin, dass Satzungen nach § 45 LBauO NRW auf der Grundlage der neuen Mustersatzung des StGB NRW zur Abänderung der Fristen zur Dichtheitsprüfung nach § 61 a Abs. 3 bis 7 LWG NRW (Stand: 19.6.2009) an den neuen § 61 a LWG NRW angepasst werden sollten.
Az.: II/2 24-25 qu/qu