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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 735/2006 vom 19.10.2006
Verwaltungsgericht Minden zur Pflicht-Restmülltonne
Das VG Minden hat mit Urteil vom 30.08.2006 (Az.: 11 K 689/05) bestätigt, dass Gewerbebetriebe nach § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) grundsätzlich verpflichtet sind, ein Restmüllgefäß der Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger in Benutzung zu nehmen. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Restmüllgefäßes nach § 7 Satz 4 Gewerbeabfallverordnung trifft nach dem VG Minden grundsätzlich alle Besitzer oder Erzeuger von gewerblichen Siedlungsabfällen. Der Gesetzgeber habe sich hierbei an den Erfahrungen der Vollzugspraxis orientiert, nach denen bei jedem Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen, der die in der Gewerbeabfallverordnung geregelten Anforderungen an die Getrennthaltung bestimmter Abfälle beachtet, zwangsläufig Abfälle zur Beseitigung anfallen, die nicht verwertet werden können, weshalb er zur Behälternutzung verpflichtet sei. Dieses entspreche auch dem Ziel der Vorschrift, eine hochwertige Verwertung sicherzustellen und Scheinverwertungen zu vermeiden (vgl. hierzu auch Bundesverwaltungsgericht, Urt.v.17.02.2005 7 C 25.03-, UPR 2005, S. 343 unter Bezugnahme auf Bundesrats-Drs. 278/02, S. 16 ff. und 33).
§ 7 Satz 4 GewAbfV enthält deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die zulässige gesetzliche (Regel-)vermutung, das in einem Gewerbebetrieb Abfälle zur Beseitigung anfallen, die über eine Restmülltonne an die Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger überlassen werden müssen. Diese Vermutung kann der Gewerbebetrieb allerdings widerlegen. Das VG Minden stellt in dem zu entscheidenden Fall fest, dass nachweislich einer Ortsbesichtigung durch das Gericht, in dem Gewerbebetrieb in verschiedenen Bereichen des Werks in teilweise sogar als Restmüllbehälter bezeichneten werkseigenen Müllgefäßen Abfälle gesammelt werden, die typischerweise auch in privaten Haushalten anfallen wie z.B. Zigarettenkippen, Kehricht, Staubsaugerbeutel, unbrauchbare Kugelschreiber und Filzstifte, zerbrochenes Porzellan usw.. Damit fielen in dem Gewerbebetrieb so das VG Minden überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung an, so dass eine Restmülltonne der beklagten Stadt zu benutzen sei.
Dieser Abfall zur Beseitigung, der von dem klagenden Gewerbebetrieb als Kleinmengen bezeichnet werde, unterliegt nach dem VG Minden auch den Getrennthaltungspflichten der Gewerbeabfallverordnung. Es sei nicht zulässig, dass diese Abfälle zur Beseitigung in einen anderen Abfallbehälter mit gemischten Verpackungen hineingekippt würden und dann insgesamt mit der Abfallschlüsselnummer 150106 (gemischte Verpackungen) nach der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) belegt würden. Denn für die Vergabe von Abfallschlüsselnummern sieht die Abfallverzeichnisverordnung so das VG Minden eine klare Systematik bei der Zuordnung von Abfällen zu Abfallschlüsselnummern vor (vgl. OVG NRW, Urt. v. 30.11.2005 Az.: 8 A 1315/04 ZUR 2006, S. 211).
Bei den hier von dem klagenden Gewerbebetrieb als Kleinmengen bezeichneten Abfällen zur Beseitigung handelt es sich nach dem VG Minden um solche Abfälle, die nach ihrer Art und Zusammensetzung überall anfallen, wo Menschen sich über einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum aufhalten. Es handele sich deshalb um gewerbliche Abfälle, die Abfällen aus privaten Haushaltungen aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung ähnlich seien (§ 2 Nr. 1 a Gewerbeabfallverordnung). Diese Abfälle müssten deshalb bei einer gleichzeitigen Vorsortierung der Abfälle nach Glas (Abfallschlüsselnummer 200 102) und Papier/Pappe (Abfallschlüsselnummer: 20 01 01) als sonstige gemischte gewerbliche Siedlungsabfälle (Abfallschlüsselnummer: 20 03 01) eingeordnet werden.
Es müsse deshalb eine Einordnung unter den Herkunftsbereich 20 der Abfallverzeichnis-Verordnung erfolgen, weil die in Rede stehenden Abfälle mit Restmüll aus privaten Haushaltungen vergleichbar seien. Schon aus diesem Grund kann deshalb nach dem VG Minden eine Erfassung der hier anfallenden, als Siedlungsabfall (Kapitel 20) zu qualifizierenden Kleinmengen, nicht unter dem Kapitel Nr. 15 der AVV erfolgen. Die Erfassung als gemischte Verpackungen (Abfallschlüssel-Nr. 15 01 06) würde nach dem VG Minden im Übrigen voraussetzen, dass es sich bei den Kleinmengen ausschließlich um Verpackungen der in den Abfallschlüssel-Nr. 15 01 01 bis bis 15 01 05 bezeichneten Art handelt, was nicht der Fall sei. Nicht entscheidend ist nach dem VG Minden auch, dass die Bestandteile des gesamten Abfallgemisches überwiegend der Abfallgruppe 1501 unterfallen, weil mit den Trennungspflichten in § 4 Abs. 1 GewAbfV gerade erreicht werden soll, dass in Abfallgemischen, die zur Verwertung bestimmt sind, nur die dort genannten gewerbliche Siedlungsabfälle mit Ausnahme von nur versehentlichen Fehlwürfen enthalten sein dürfen (vgl. Bundesrats-Drs. 278/1/02, S. 13; Bundestags-Drs. 14/9107, S. 16 f). In diesem Zusammenhang stellt das VG Minden deutlich heraus, dass es § 4 Abs. 1 GewAbfV strikt verbietet, als Abfall zur Beseitigung (Restmüll) einzustufenden gewerblichen Siedlungsabfall einem zur Vorbehandlung bestimmten Abfallgemisch bewusst und gezielt beizumengen.
Schließlich weist das VG Minden in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Abfall bereits dann anfällt, wenn erstmals die Begriffsmerkmale des § 3 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz erfüllt sind, d.h. es sich um Sachen handelt, deren sich der Besitzer entledigt, entledigen will und entledigen muss (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 01.12.2005 Az.: 10 C 4/04; BayVGH, Urt. v. 15.11.1999 20 B 99.1068 -, NUR 2000, S. 221). Nach dem VG Minden geht der klagende Gewerbebetrieb selbst davon aus, dass klassischer Restmüll anfällt, weil die im Betrieb anfallenden verwertbaren Abfälle wie Papier, Pappe, Kunststoff und Bioabfälle jeweils am Ort des Anfalles sortiert und in dafür aufgestellte Abfallbehälter einsortiert werden und die in Rede stehenden Kleinmengen in Müllgefäße eingeworfen werden, die sogar als Restmüll gekennzeichnet sind. Damit aber ist nach dem VG Minden insgesamt die Regelvermutung des § 7 Satz 4 GewAbfV nicht widerlegt, dass kein Abfall zur Beseitigung anfällt, mit der Folge, dass ein Restabfallbehälter der beklagten Stadt aufzustellen war.
Lediglich die sog. Hygieneabfälle waren nach dem VG Minden nicht als Abfall zur Beseitigung einzuordnen. Der klagende Gewerbebetrieb habe insoweit so das VG Minden vorgetragen, dass die Hygieneabfälle im Müllheizkraftwerk Solingen einer energetischen Verwertung i.S.d. §§ 4, 6 Abs. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zugeführt werden. Insoweit geht das VG Minden davon aus, dass die Verbrennung von Abfällen im Müllheizwerk Solingen einer energetischen Verwertung zugeführt wird, zumal in einer zwischen dem Umweltministerium NRW und den Betreibergesellschaften der Müllverbrennungsanlagen in NRW vom 14.09.2005 getroffenen Konsenserklärung bestätigt wird, dass die Müllverbrennungsanlagen in NRW eine energetische Verwertung von Abfällen durchführen. Es sei nicht erkennbar, dass diese Konsenserklärung von falschen tatsächlichen Annahmen ausginge und die Verbrennung von Abfällen im Müllheizkraftwerk Solingen gleichwohl in Ansehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes als Maßnahme der Abfallbeseitigung zu werten sei. Damit würden die streitigen Hygieneabfälle einer zulässigen Abfallverwertung zugeführt und damit nicht der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz unterliegen. Die Hygieneabfälle dürften deshalb auch im Rahmen der streitigen Verfügung hinsichtlich der Größe und des Volumens des aufzustellenden Restmüllgefäßes nicht berücksichtigt werden, so dass das Gefäßvolumen entsprechend zu vermindern sei.
Az.: II/2 31/02 qu/g