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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 153/2007 vom 29.01.2007
Verwaltungsgericht Minden zur Vergnügungssteuer
Am 17. Januar 2007 ergingen durch die 11. Kammer des Verwaltungsgerichtes Minden zwei Urteile zur kommunalen Vergnügungssteuer. In beiden Urteilen wird festgehalten, dass als Besteuerungsgrundlage für die Vergnügungssteuer sowohl der Einwurf bzw. der Spieleinsatz des Spielers als auch das jeweilige Einspielergebnis in Betracht kommen.
Das VG Minden stellt darauf ab, dass das BVerwG in seinem Urteil vom 13.04.2005 (Az. 10 C 5.04) den Kommunen einen weiten Spielraum bez. der konkreten Ausgestaltung eines neuen Steuermaßstabes belassen hat. Verlangt wird nur ein enger Bezug zum Vergnügungsaufwand.
In einer streitgegenständlichen Satzung war als Bemessungsgrundlage der Spieleinsatz vorgesehen, wobei dieser die Gesamtsumme der für die Benutzung eines Apparates und/oder die Teilnahme am Spiel eingesetzten Bruttobeträge umfasst. Nach dem VG Minden (Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 3272/06) ist diese Besteuerung nach dem Spieleinsatz rechtmäßig, weil der Charakter als örtliche Aufwandsteuer gewahrt bleibt und das BVerwG den Kommunen einen weiten Ausgestaltungsspielraum gelassen hat. Insbesondere sei sowohl ein am Einspielergebnis als auch ein am Spieleinsatz orientierter Steuermaßstab geeignet, den Vergnügungsaufwand des Spielers ungleich wirklichkeitsnäher abzubilden als der bisher verwandte Stückzahlmaßstab (vgl. VG Minden, Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 3272/06, Seite 7). Die Tatsache, dass im Einzelfall Geldbeträge erfasst werden, die dem Vergnügungsaufwand des Spielers nicht zugerechnet werden können (z.B. Wechselgeld, Falsch- und Prüfgeld), sei unschädlich, weil ein zumindest „lockerer Bezug“ zwischen Maßstab und Vergnügungsaufwand nach der Rechtsprechung ausreichend sei.
Als ebenso rechtmäßig sieht das VG Minden in einem weiteren Fall die Besteuerung nach dem Einspielergebnis an (VG Minden, Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 2291/06). In der streitgegenständlichen Satzung sind für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit ein Stückzahlmaßstab von 35 € pro Gerät und für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit die Besteuerung des Einspielergebnisses mit 9 % vorgesehen. Dabei wird als Einspielergebnis der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse zugrunde gelegt, welcher sich aus der elektronisch gezählten Kasse zzgl. Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag) abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld errechnet. Nach VG Minden sei auch das Einspielergebnis geeignet, den Vergnügungsaufwand des Spielers wirklichkeitsnah abzubilden (vgl. VG Minden, Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 2291/06, Seite 10). Bezüglich der Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit sei die Besteuerung nach der Stückzahl ebenso zulässig wie die jährlich vorausgehende Festsetzung als Jahressteuer.
Beide Urteile des VG Minden sind zu begrüßen. Sie bestätigen im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Städte- und Gemeindebundes NRW und bringen weitere Klarheit in die aktuelle Diskussion zur Vergnügungssteuersatzung. Erstmals wird auch zur Abwälzung der Vergnügungssteuer durch die Automatenaufsteller auf die Spieler eingegangen (vgl. VG Minden, Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 2291/06, Seite 13). Grundsätzlich muss die Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer auf den Benutzer der Veranstaltung abwälzbar sein. Nach VG Minden bedeutet dies aber nicht, dass dem Steuerschuldner die rechtliche Gewähr geboten werde, er werde den als Steuer gezahlten Betrag – wie einen durchlaufenden Posten – vom Benutzer der Veranstaltung ersetzt erhalten. Vielmehr sei die Steuerüberwälzung ein wirtschaftlicher Vorgang; es sei dem Steuerschuldner überlassen, den Steuerbetrag in die Kalkulation einzubeziehen und die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens auch dann zu wahren. Dies gilt auch bei dem rückwirkenden In-Kraft-Treten von Vergnügungssteuersatzungen, weil die Möglichkeit zur Abwälzung auf den jeweiligen Spieler ausreichend ist.
Schließlich ist nach dem Urteil des VG Minden zweifelhaft, ob eine Vergnügungssteuersatzung, die ein Wahlrecht der Besteuerung nach einem Stückzahlmaßstab oder nach dem Einspielergebnis für die Steuerschuldner vorsieht, verfassungsmäßig sei, wenn sie allein aus Gründen der Praktikabilität vorgesehen wird (vgl. VG Minden, Urteil vom 17.01.2007, Az. 11 K 2291/06, Seite 15 f.). Dieser Fehler führe allerdings nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung, weil nach dem mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers davon auszugehen sei, dass er die Satzung auch ohne diese Bestimmung in unveränderter Form (alleinige Besteuerung nach dem Einspielergebnis) erlassen hätte.
Die Urteile sind für Mitgliedskommunen im Intranet-Angebot des Verbandes unter „Fachinfo & Service“, „Fachgebiete“, „Finanzen und Kommunalwirtschaft“, „Steuern“, „Kommunale Aufwandsteuern“, „Vergnügungssteuer“ abrufbar.
Az.: IV 933-00