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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 577/2014 vom 09.09.2014
Verwaltungsgerichtshof Mannheim zum baurechtlichen Grenzbau
Hält eine ohne Baugenehmigung errichtete bauliche Anlage (hier: Grenzgarage) die nach der Landesbauordnung vorgeschriebene Mindest-Abstandsfläche zum Nachbargrundstück nicht ein und ist eine Ausnahme von den Vorschriften über Abstandsflächen nicht zulässig, kann der dadurch in seinen Rechten verletzte Nachbar in der Regel verlangen, dass die Baurechtsbehörde den Abbruch dieser Anlage anordnet. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim mit inzwischen rechtskräftig gewordenem Urteil vom 24.03.2014 entschieden (Az.: 8 S 1938/12).
Der Kläger und die Beigeladenen sind Eigentümer benachbarter Hanggrundstücke. Die Beigeladenen errichteten zwischen Oktober 2005 und April 2006 ohne Baugenehmigung an der Grenze zum Grundstück des Klägers auf einer über dem Gelände 1,14 Meter bis 1,30 Meter hohen Sockelwand eine 2,97 Meter hohe Garage. Im April 2007 wandte sich der Kläger an das Landratsamt und forderte den Abbruch der Garage, die einschließlich Sockelwand die für eine Grenzgarage zulässige Wandhöhe von drei Metern deutlich überschreite. Die Beigeladenen wandten ein, das Gelände auf dem Grundstück des Klägers sei nachträglich verändert worden. Der Kläger bestritt dies.
Das Landratsamt lehnte es ab, den Abbruch der Garage anzuordnen. Es begründete dies unter anderem damit, dass die Geländeverhältnisse bei Errichtung der Garage nicht mehr sicher aufklärbar seien und der Kläger sein Recht auf Einschreiten wegen eines zu späten Antrags verwirkt habe. Der Kläger erhob nach erfolglosem Widerspruch beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage. Das VG wies die Klage unter anderem mit der Begründung ab, die zulässige Wandhöhe von drei Metern sei eingehalten. Die Sockelwand sei nicht anzurechnen. Dagegen legte der Kläger Berufung ein.
Die Berufung hatte Erfolg. Der VGH hat das Landratsamt verpflichtet, gegenüber den Beigeladenen den Abbruch der Garage anzuordnen. Der Kläger habe einen entsprechenden Anspruch. Denn die Garage sei ohne die nach der Landesbauordnung vorgeschriebene Abstandsfläche von mindestens 2,5 Metern Tiefe unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück des Klägers errichtet worden. Das verletze den Kläger in seinem durch die Vorschriften über Abstandsflächen geschützten Nachbarrecht.
Die Voraussetzungen für eine ohne Abstandsfläche privilegierte Grenzgarage seien nicht erfüllt, weil die dafür zulässige Wandhöhe von bis zu drei Metern überschritten sei. Nach Ansicht des VGH ist insoweit die über dem Gelände liegende Sockelwand entgegen dem VG anzurechnen. Sie trage als unselbstständiger Bauteil der Garage ebenfalls zur Verschattung bei. Entgegen dem Einwand der Beigeladenen sei das Gelände auf dem Grundstück des Klägers bei Errichtung der Garage nahezu gleich hoch wie heute gewesen. Das folge aus Lichtbildern, einem Aktenvermerk des Kreisbaumeisters und dem eingeholten Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen. Die Voraussetzungen für andere Ausnahmen von den Vorschriften über Abstandsflächen seien ebenfalls nicht erfüllt.
Laut VGH muss das Landratsamt bei dieser Ausgangslage den Abbruch der Garage anordnen, um die Nachbarrechtsverletzung des Klägers zu beseitigen. Zwar habe die Baurechtsbehörde grundsätzlich ein Ermessen, ob und wie sie einschreite. Bei einer Unterschreitung der gebotenen Mindest-Abstandsfläche sei sie aber im Regelfall zum Einschreiten verpflichtet. Denn die damit einhergehende Beeinträchtigung nachbarlicher Belange sei grundsätzlich nicht zumutbar. Auch ein bloßer Teilabbruch scheide aus.
Der Kläger habe den Anspruch auf Einschreiten schließlich auch nicht wegen eines zu späten Antrags verwirkt, so der VGH. Der seit Fertigstellung der Garage verstrichene Zeitraum von etwa einem Jahr sei nach den Umständen dieses Einzelfalles nicht unangemessen lang gewesen, zumal die Beigeladenen die genehmigungspflichtige Garage ohne Baugenehmigung errichtet hätten. Die Auffassung des Landratsamts, ein Nachbar müsse eine illegale Bautätigkeit im Regelfall einen Monat nach deren Kenntnis anzeigen, um sein Recht auf Einschreiten nicht zu verwirken, sei unzutreffend. [Quelle: Beck-Newsletter vom 12. August 2014]
Az.: II gr-ko