Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 480/1999 vom 20.07.1999

Verwaltungsvorschriften zur FFH-Richtlinie

Das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen hat den Entwurf eines Einführungserlasses zur Anwendung der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) und Vogelschutz-Richtlinie (79/409/EWG) den kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen zur Stellungnahme zugeleitet. Der Entwurf umfaßt 34 Seiten und zahlreiche Anlagen. Er soll dazu dienen, eine einheitliche Verwaltungsanwendung sicherzustellen. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat mit Schreiben vom 14.06.1999 zu dem Entwurf Stellung genommen. In ihrer 18 Seiten umfassenden Stellungnahme begrüßt die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände grundsätzlich das Vorhaben, in einem Erlaß die Anwendung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und Vogelschutz-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen näher zu regeln. Ebenso wird anerkannt, daß mit dem Einführungserlaß das Ziel verfolgt wird, verläßliche Kriterien für die Gebietsauswahl aufzustellen, ein Verfahren zur einvernehmlichen Gebietsauswahl anzubieten und eine verwaltungspraktische Handhabung der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu gewährleisten. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat aber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß der Erlaßentwurf an vielen Stellen überarbeitungsbedürftig ist. Dabei ist insbesondere auf folgende Punkte in hingewiesen worden:

1. Nur Meldung von Gebieten, die von europaweiter Bedeutung sind

Der Erlaßentwurf berücksichtigt nicht hinreichend die Tatsache, daß sowohl die FFH-Richtlinie als auch die Vogelschutz-Richtlinie nur die Meldung von Gebieten von europaweiter Bedeutung verlangt. Bei der Gebietsauswahl ist deshalb nicht nur auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen, sondern auf das gesamte Bundesgebiet abzustellen. Deshalb ist es vor allem erforderlich, in der Bundesrepublik in allen Bundesländern ein einheitliches Verfahren bei der Gebietsauswahl zugrunde zu legen.

2. Meldung und Festlegung von Gebieten nur im Einvernehmen

Der Entwurf der Verwaltungsvorschrift regelt zwar das Beteiligungsverfahren für die Meldung von Gebieten. Es wird betont, daß im Rahmen der von den höheren Landschaftsbehörden durchzuführenden Anhörung Einvernehmen mit den nachteilig Betroffenen, und zwar insbesondere mit den Grundstückseigentümern und den Städten, Gemeinden und Landkreisen angestrebt werden soll. Dieses Verfahren erscheint indessen kaum ausreichend. Wie die Erfahrung aus der Vergangenheit gezeigt hat, ist es notwendig, detaillierte Verfahrensregelungen in den Entwurf aufzunehmen, die sicherstellen, daß ein Verfahren zu Erzielung einer einvernehmlichen Gebietsfestlegung und –meldung immer dann durchgeführt werden muß, wenn über die Gebietsfestlegung und -meldung unterschiedliche Einschätzungen vorliegen. Angesichts dessen, daß die Tranche 2 und eventuelle weitere Tranchen erhebliche Flächenanteile des Landes Nordrhein-Westfalen betreffen werden und damit erhebliche Nutzungskonflikte vorprogrammiert sind, ist eine detaillierte Regelung eines solchen Verfahrens dringend geboten, weil die Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ohne ein einvernehmliches Zusammenwirken mit den nachteilig Betroffenen nicht durchführbar ist.

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3. Bestandschutz für Planungen

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Nach dem Inhalt des Erlaßentwurfs stehen in den Fällen, in denen Gebiete gemeldet und in die europäische Liste aufgenommen worden sind, diesen widersprechende Darstellungen in Gebietsentwicklungsplänen und Flächennutzungsplänen sowie anderen Fachplänen, die keine Außenverbindlichkeit haben, auf dem Prüfstand. Einen Bestandsschutz für Darstellungen solcher Pläne soll es nicht geben. Die kommunalen Spitzenverbände haben deutlich gemacht, daß eine solche weitreichende und rückwirkende Wirkung weder der FFH-Richtlinie noch der Vogelschutzrichtlinie zukommt. Es müsse vielmehr bei den Darstellungen in den genannten Plänen verbleiben. Diese hätten ebenso wie andere Darstellungen Bestandskraft. Zumindest müssen sie Gültigkeit haben, wenn sie zu einem Zeitpunkt getroffen worden sind, zu dem die Umsetzungsfristen der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie noch nicht abgelaufen waren. Jetzt in allen Fällen, in denen divergierende Festsetzungen in Gebietsentwicklungs- und Flächennutzungsplänen enthalten sind, diese Festsetzung auf den Prüfstand zu stellen, sei nicht erforderlich. Denn im Rahmen der Projektzulassung bzw. der verbindlichen Bauleitplanung müsse in diesen Fällen ohnehin eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Im übrigen haben die kommunalen Spitzenverbände ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei Änderungen von Gebietsentwicklungsplänen gleichwertige Ersatzflächen für die bauliche Entwicklung für die Gemeinden dargestellt werden müssen, wenn ursprünglich angedachte Flächen wegen der Meldung besonderer Schutzgebiete nicht mehr zur Verfügung stehen. Das gleiche gelte für die Fachplanung. Es sei unabdingbar, dies im Erlaß auch zu verankern.

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4. Keine Festlegung von Abstandsflächen zu FFH- und Vogelschutzgebieten

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Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat es abgelehnt, die für die Bauleitplanung sowie die Projektzulassung vorgesehene Anwendung des Abstandserlasses bzw. eines Mindestabstandes von 300 m vorzusehen. Ausgangspunkt dieser Regelung im Erlaßentwurf ist es, daß von einer erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebietes mit der Folge der Notwendigkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung dann nicht ausgegangen werden soll, wenn beispielsweise ein Baugebiet einen Mindestabstand von 300 m zu einem FFH-Gebiet einhält. Die kommunalen Spitzenverbände haben deutlich gemacht, daß in Nordrhein-Westfalen in der Regel Gebiete einschließlich Pufferzonen benannt werden. Sinn der Pufferzonen sei es gerade, die Kernzonen, die eines strengen Schutzes bedürfen, von Einflüssen abzuschirmen, die von außen in das Gebiet hineinwirken können. Deshalb werde dem Anliegen, von außen wirkende Beeinträchtigungen vom Schutzgebiet fernzuhalten, bereits durch die Ausweisung einer Pufferzone hinlänglich Rechnung getragen. Über die Pufferzonenfestlegung hinaus deshalb Mindestabstände einzufordern, sei daher weder notwendig noch durch die FFH-Richtlinie bzw. Vogelschutzrichtlinie gefordert. Deshalb sei im Erlaß klarzustellen, daß bei Meldung auch von Pufferzonen generell keine erhebliche Beeinträchtigung besonderer Schutzgebiete eintreten könne und in diesen Fällen keine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.

Mit Blick auf den sogenannten Abstandserlaß haben die kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen, daß die sog. Abstandsliste nur immissionsschutzrechtliche Ziele verfolgt. Sie soll insbesondere Lärmeinwirkungen und sonstige Immissionen von schutzwürdigen Flächen fernhalten. Die Anwendung der Abstandsregelungen des Abstandserlasses sei deshalb nicht gerechtfertigt. Reste von Auenwäldern seien beispielsweise weder lärmempfindlich noch bedürften sie eines Geruchsimmissionsschutzes etwa in den Fällen, in denen nicht privilegierte Schweinemastbetriebe in ihrer Nähe angesiedelt werden sollen. Auch ein genereller Abstand von 300 m zu Wohngebieten sei nicht notwendig, denn hierdurch werde die Planungspraxis in den Gemeinden erheblich beeinträchtigt. Von der Anwendung des Abstandserlasses sollte deshalb Abstand genommen werden.

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß Wohngebiete ohnehin nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen von besonderen Schutzgebieten führen, wenn sie außerhalb dieser Gebiete zugelassen werden. Dies gelte insbesondere für die in den §§ 2 bis 7 der Baunutzungsverordnung aufgeführten Gebiete. Bei solchen Gebieten stehe die Wohnnutzung ganz im Vordergrund. Von einer Wohnnutzung könnten aber nachteilige Beeinträchtigungen erheblicher Art bereits deshalb nicht ausgehen, weil hiervon Schadstoffemissionen nicht zu erwarten seien und die von ihnen ausgehenden "Sozialgeräusche", wie die Erfahrung zeigt, eine erhebliche Beeinträchtigung nicht zur Folge haben könnten. Deshalb sei im Erlaß ausdrücklich klarzustellen, daß die Planung von Gebieten, die unter die §§ 2 bis 7 Baunutzungsverordnung fallen, sowie die Errichtung von Bauvorhaben in solchen Gebieten generell keine FFH-Verträglichkeitsprüfung erfordern, soweit Planung oder Projektzulassung außerhalb der Gebietsgrenzen erfolgen. Für die übrigen in §§ 8 bis 11 Baunutzungsverordnung aufgeführten Gebieten könne eine Differenzierung nach dem Schutzzweck des jeweiligen Gebietes als notwendig erachtet werden. Nur soweit es um solche Schutzgebiete gehe, die das Ziel verfolgen, lärmempfindliche Tiere zu schützen, könne überhaupt eine Anwendung des Abstandserlasses in Betracht gezogen werden. Dabei sei weiter zu berücksichtigen, daß ständige Lärmquellen andere Wirkungen haben als nur phasenweise auftretender Lärm. Im übrigen sei von den Kommunen berichtet worden, daß beispielsweise die Fluchtdistanz von Gänsen ca. 50 m beträgt. Hier Abstände von mindestens 300 m vorzusehen, erscheine daher erheblich übersetzt.

5. Vorrang vertraglicher Vereinbarungen für den Gebietsschutz

Weiterhin haben die kommunalen Spitzenverbände darauf hingewiesen, daß im Einführungserlaß stärker als geschehen der Vorrang vertraglicher Vereinbarungen festgeschrieben werden sollte. Gerade bei der Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie sei es unabdingbar, von diesem Instrument Gebrauch zu machen, weil nur auf diese Weise eine Akzeptanz erreicht werden könne. Vertragliche Vereinbarungen sollten deshalb immer dann den Vorrang genießen, wenn der notwendige Schutz über sie erreicht werden könne. Für diesen Fall sollte generell auf Schutzgebietsausweisungen verzichtet werden,

Az.: II/2 60-01-2

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