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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 223/2010 vom 10.05.2010
VG Aachen und VG Düsseldorf zur Besteuerung von Rottweiler-Hunden
Das VG Aachen hat mit Urteil vom 26.11.2009 (Az.: 4 K 1007/09) ebenso wie das VG Düsseldorf mit Urteil vom 05.02.2010 (Az.: 25 K 8335/09) erneut über die Frage der Rechtmäßigkeit einer erhöhten Hundesteuer für Hunde der Rasse „Rottweiler“ entschieden. Im Ergebnis haben beide Gerichte entsprechende Steuerbescheide, die auf Grundlage von kommunalen Hundesteuersatzungen ergangen waren, bestätigt und dagegen gerichtete Klagen als unbegründet abgewiesen.
Dabei führen beide Gerichte zunächst aus, dass ein mit der Kampfhundesteuer verfolgter Lenkungszweck selbst dann legitim sei, wenn er den Einnahmeerzielungszweck überwiege; eine erhöhte Steuer für Kampfhunde sei zu dieser Zweckverfolgung auch geeignet. Bei der Einschätzung der „Gefährlichkeit“ von Hunden als Anknüpfungstatbestand einer erhöhten Besteuerung stünde dem Ortsgesetzgeber ein weiter Prognose- und Gestaltungsspielraum zu. In diesem Zusammenhang sei namentlich auch die Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 LHundG sowie der Anschluss an Erkenntnisse und Erwägungen des Landesgesetzgebers als Ausfluss des ortsgesetzgeberischen Ermessens zulässig.
Mit einer Verweisung auf Regelungen und Erwägungen des Landesgesetzgebers ginge allerdings die uneingeschränkte Verantwortung des kommunalen Satzungsgebers für die Vereinbarkeit der Hundesteuersatzung mit höherrangigem Recht einher. Da es sich bei den streitgegenständlichen kommunalen Hundesteuersatzungen um zulässige generalisierende und typisierende Regelungen durch den Ortsgesetzgeber handele, folge aus der Verweisung eine Prüfungspflicht, die den Ortsgesetzgeber beim Vorliegen neuerer Erkenntnisse verpflichte, die satzungsmäßige Regelung ggf. anzupassen und zu ändern, wenn nunmehr ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu erkennen sei. Als Anknüpfungspunkt für einen Verstoß gegen höherrangiges Recht erkennen beide Verwaltungsgerichte insbesondere Art 3 I GG („Willkürverbot“), wobei sie konstatieren, es sei nicht offensichtlich, dass die Wertungen des Landesgesetzgebers bislang falsch gewesen wären oder wären.
Im weiteren Verlauf führen beide Gerichte unterschiedlich aus. Das VG Aachen bejaht die Rechtmäßigkeit der Hundesteuersatzung, weil bereits aufgrund „des beträchtlichen Einschätzungs- und Prognosespielraums“ an die Prüfungspflicht des Ortsgesetzgebers keine überspannten Anforderungen zu stellen seien. Nicht jede Untätigkeit des Ortsgesetzgebers bei einer statistischen Häufung oder Abweichung bei Beißvorfällen auch anderer Hunderassen stelle einen Verstoß gegen das Willkürverbot dar und führe zu einer Handlungspflicht; vielmehr könne abgewartet werden, ob sich bestimmte Entwicklungen bestätigen und verfestigen. Dies sei auch im Hinblick auf die in § 22 LHundG festgeschriebene Evaluierungspflicht anzunehmen. Ein Verstoß der ortsgesetzgeberischen Überprüfungspflicht sei daher (jedenfalls für 2009) nicht ersichtlich.
Das Verwaltungsgericht Aachen stellt zudem klar, dass ein Entlastungsnachweis für die „Ungefährlichkeit“ eines Hundes durch einen Wesenstest nicht möglich sei, da dieser als „Momentaufnahme“ nicht geeignet erscheine, die abstrakte Gefährlichkeit des Hundes zu widerlegen; ein Entlastungsnachweis sei auch nicht vereinbar mit dem Lenkungszweck der erhöhten Hundesteuer.
Auch das VG Düsseldorf bejaht im Ergebnis die Rechtmäßigkeit der erhöhten Hundesteuer. Nachdem es im Vorjahr bei vergleichbarem Sachverhalt noch einen entsprechenden Steuerbescheid aufgehoben hatte (Urt. v. 22.06.2009, Az.: 25 K 699/09; vgl. Schnellbrief 113/2009), stellt es fest, dass sich nunmehr aufgrund weiterer Befassung des zuständigen Landtagsausschusses mit der Evaluierung zeige, dass die Überprüfung der „Gefährlichkeit“ von bestimmten Hunderassen andauere; ein so festgestelltes Evaluationsergebnis sei sachgerecht und ein Zuwarten des kommunalen Satzungsgebers auch im Hinblick auf eine angestrebte Rechtsvereinheitlichung daher rechtens.
Die Entscheidungen sind zu begrüßen. Es handelt sich bei der erhöhten Besteuerung von „Kampfhunden“ um einen klassischen Bereich der kommunalen Selbstverwaltung. Dabei sind die Kommunen allerdings regelmäßig rein tatsächlich nicht in der Lage, eigene Erhebungen und Evaluierungen zur Gefährlichkeit von Kampfhunden durchzuführen. Insoweit sind die Ausführungen der Verwaltungsgerichte Aachen und Düsseldorf zu begrüßen, soweit sie die Zulässigkeit einer Verweisung aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Rechtssicherheit nicht nur auf landesgesetzgeberische Regelungen, sondern auch auf die dahinter stehenden Erkenntnisse und Erwägungen feststellen.
Für die Anforderungen an kommunale Satzungen allgemein relevant ist die Frage, ob bei einer solchen Verweisung alleine eine fehlende Aktualitätsprüfung die Unwirksamkeit einer Satzung herbeiführen kann. Das VG Aachen musste sich mit dieser (Folge)Frage, nicht auseinandersetzen, da es bereits eine Verletzung der Überprüfungspflicht verneinte, zugleich aber ausdrücklich die weite Einschätzungsprärogative des Ortsgesetzgebers betonte. Das VG Düsseldorf rudert — gerade im Hinblick auf sein Urt. v. 22.06.2009 — nur scheinbar zurück. Im letzten Jahr hatte das VG Düsseldorf die Unwirksamkeit einer Hundesteuersatzung nur aufgrund eines Verstoßes gegen die Überprüfungspflicht angenommen und deren Unwirksamkeit damit von einem Verstoß gegen höherrangiges Recht entkoppelt.
Da auch das VG Düsseldorf vorliegend einen Verstoß gegen die Aktualitätsprüfung verneinte, musste es nicht zu den bislang offen gelassenen Fragen, aus welcher Rechtsgrundlage sich die Unwirksamkeit ergebe und welcher Maßstab an die Aktualitätsprüfung anzulegen sei, Stellung nehmen. Das Verwaltungsgericht trifft seine Entscheidung aber gleichzeitig ausdrücklich unter den Vorbehalt der weiteren Entwicklung, so dass eine ausdrückliche Abkehr von den bisherigen Erwägungen nicht anzunehmen ist. Die im Schnellbrief 113/09 niedergelegten Bedenken der Geschäftstelle bleiben daher bestehen.
Az.: IV 933-01/0