Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 431/2024 vom 10.06.2024

VG Aachen zur Ermessensentscheidung bei Alttextilien-Containern

Das VG Aachen hat mit einem weiteren Urteil vom 23.04.2024 (Az.: 10 K 223/23) erneut die Ablehnung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von gewerblichen Alttextilien-Containern als ermessensfehlerhaft erachtet, weil die beklagte Stadt im Rahmen der Ermessensausübung nicht dargelegt hat, weshalb die auf der Grundlage eines durch Ratsbeschluss begrenzte Anzahl von Container-Standplätzen auf öffentlichen Flächen (sog. Standorte-Konzept) insbesondere an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vergeben worden seien (siehe hierzu auch: VG Aachen, Urteil vom 23.04.2024 - Az.: 10 K 2576/22 -). Die beklagte Stadt muss nunmehr über den Antrag des gewerblichen Sammlers neu entscheiden. Zugleich hat das VG Aachen das durch Ratsbeschluss ergangene Standorte-Konzept aber nicht beanstandet, weil es ein tragender straßenrechtlicher Grund ist, die Anzahl der Alttextilien-Container auf öffentlichen Flächen im Stadtgebiet zu begrenzen, weil dadurch eine Verschandelung des Stadt- und Ortsbildes durch unzählige Alttextilien-Container vermieden werden kann. Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:


Die Geschäftsstelle weist hierzu ergänzend auf Folgendes hin:

Bei der Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen auf der Grundlage eines durch den Stadtrat beschlossenen Standort-Konzeptes für die Aufstellung von Alttextilien-Containern auf öffentlichen Flächen ist im Rahmen der Ermessenentscheidung zu berücksichtigen, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine abfallgesetzliche Pflicht- und Sonderstellung zukommt. Das BVerwG hat bereits mit Urteil vom 11.07.2017 (Az.: 7 C 35.15 – Rz. 25 der Urteilsgründe) entschieden, dass Alttextilien der Abfallentsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers unterliegen und ihm insoweit eine abfallrechtliche Sonderstellung insbesondere gegenüber gewerblichen Abfallsammlungen zugewiesen ist. In Anknüpfung daran hat der Bundesgesetzgeber in § 20 Abs. 2 Nr. 6 Satz 1 KrWG seit dem 29.10.2020 zusätzlich geregelt, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Alttextilien in privaten Haushaltungen getrennt erfassen muss und dieses ab dem 01.01.2025 verpflichtend gilt (§ 20 Abs. 2 Satz 2 KrWG). Insoweit besteht – ebenso wie bei Altpapier- und Altglas-Containern gemäß § 14 VerpackG – eine abfallgesetzlich vorgegebene Sonderstellung, wodurch sich zugleich wiederum eine Ausstrahlungswirkung auf die Erteilung von straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen ergibt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2021 – 5 S 1996/19 – bezogen auf Altglas-Container; Queitsch Abfallrecht 2014, S. 26 ff.).

Unter dem Blickwinkel der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist diese Ausstrahlungswirkung zwischen dem Abfallrecht und dem öffentlichen Straßenrecht, bei einer Ermessensentscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu berücksichtigen. Insoweit ist bereits durch das BVerwG anerkannt, dass ein gewerblicher Abfallsammler abfallrechtlich als unzuverlässig angesehen wird, wenn er die Rechtsordnung nicht beachtet, wozu wiederum das öffentliche Straßenrecht und das Eigentumsrecht von privaten Grundstückseigentümern gehört (so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 25.11.2021 – 7 B 7.21 -; BVerwG, Urteil vom 08.07.2020 – 7 C 30.18 –).

In Anbetracht dessen ist ebenso straßenrechtlich keine Ungleichbehandlung gegeben, wenn dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorrangig Standplätze auf öffentlichen Flächen zugeteilt werden, denn eine abfallgesetzlich geregelte Sammlungspflicht für bestimmte Abfälle ist mit einer freiwilligen gewerblichen oder gemeinnützigen Abfallsammlung nicht vergleichbar, weil insoweit keine abfallgesetzliche Pflichtenstellung besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - Az.: 7 C 35.15 – Rz. 25 der Urteilsgründe -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.04.2021 – 5 S 1996/19 – bezogen auf Altglas-Container; Queitsch Abfallrecht 2014, S. 26 ff.).

Es besteht außerdem auf der Grundlage der Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 03.12.2021 – Az.: 11 A 1958/20 - ) kein Rechtsanspruch darauf, die einem Dritten erteilten Sondernutzungserlaubnis zu widerrufen, weshalb ein Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis abzulehnen ist, wenn die durch ein Standort-Konzept festgelegte Anzahl von Standplätzen auf öffentlichen Flächen erreicht ist, denn anderenfalls könnte dem tragenden, straßenrechtlichen Grund der Vermeidung einer Verschandelung des Straßen- und Ortsbildes nicht Rechnung getragen werden (vgl. hierzu auch: VGH, Urteil vom 21.04.2021 – 5 S1996/19; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.12.2021 – OVG 1 B 66.10 -, wonach sogar eine generelle Versagung nicht zu beanstanden ist).

Ein Widerruf der bereits erteilten Sondernutzungserlaubnisse kommt bezogen auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht in Betracht, weil insoweit wiederum dessen abfallrechtliche Sonderstellung beachtet und berücksichtigt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2017 - Az.: 7 C 35.15 – Rz. 25 der Urteilsgründe).

Ebenso müssen auf der Grundlage der Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 03.12.2021 – Az.: 11 A 1958/20 – Rz. 63 der Urteilsgründe) im Standorte-Konzept keine zusätzlichen Freiplätze vorgehalten werden, um den Zugang weitere Marktteilnehmer zu ermöglichen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der straßenrechtliche Grund der Vermeidung einer Verschandelung des Stadt- und Ortsbildes nicht im Endergebnis wieder ins Leere läuft.

Az.: 25.0.2.1 qu

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