Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 685/2023 vom 09.10.2023

VG Berlin zu Zweckentfremdungsverbot: Investor darf Bauruine nicht abreißen

Das Verwaltungsgericht Berlin (VG) hat in einem am 18.09.2023 veröffentlichten Urteil klargestellt (Az.: 6 K 264/21), dass ein Wohngebäude nicht durch absichtlichen jahrelangen Leerstand dem Zweckentfremdungsverbot entzogen werden kann.

Bereits 1998 hatte die Klägerin, eine Bauentwicklungsgesellschaft, ein Mehrfamilienhaus in Berlin-Mitte gekauft. Ursprünglich sollten 23 Wohnungen wiederhergestellt werden. Eine Baugenehmigung lag vor. Von dieser machte die Klägerin aber keinen Gebrauch, sondern ließ das Haus leer stehen. 2015 teilte sie dem Bezirksamt mit, das Gebäude sei einsturzgefährdet und zur Wohnnutzung nicht mehr geeignet. 2019 beantragte die Klägerin ein Negativattest beim Bezirksamt mit dem Inhalt, dass es sich nicht um schützenswerten Wohnraum handle, der dem Zweckentfremdungsverbot unterfalle. Sie wolle das Gebäude abreißen. Das Bezirksamt erteilte das Negativattest nicht.

Die Klage dagegen hatte keinen Erfolg. Auch das Verwaltungsgericht Berlin ordnete das Haus als geschützten Wohnraum ein – auch wenn es aktuell nicht bewohnbar sei. Zu Wohnzwecken errichtete Gebäude fielen auch dann unter das Zweckentfremdungsverbot, wenn sie sich noch mit objektiv zumutbarem Aufwand in einen bewohnbaren Zustand versetzen ließen. „Unzumutbar“ sei der Aufwand nur dann, wenn die anzusetzenden Wiederherstellungskosten voraussichtlich höher sein werden als die Rendite, die in zehn Jahren mit dem Wohngebäude erzielt werden kann.

Das VG stellte aber klar, dass nicht alle anfallenden Kosten berücksichtigt werden sollen. Kosten, die durch frühere Versäumnisse in der Instandhaltung entstanden sind, werden nicht miteinbezogen. Denn anderenfalls wäre es möglich, durch gezielten Leerstand Wohnraum zu vernichten und das Zweckentfremdungsverbot zu umgehen. Die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen worden.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

Grundsätzlich ist das Urteil zu begrüßen, da die Erhaltung und Schaffung von Wohnraum eine gesamtstaatliche Aufgabe von sehr hohem Rang ist. Die Stärkung des Zweckentfremdungsverbots ist ein wichtiges Signal, da es ein unverzichtbares kommunales Steuerungsinstrument ist. Die Entscheidung darüber muss vor Ort nach den jeweiligen Gegebenheiten im Einzelfall getroffen werden. Wie nun das OVG entscheiden wird, bleibt abzuwarten.

Az.: 20.1.4.10-001/001 gr

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