Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 510/2021 vom 04.08.2021

VG Düsseldorf zur Abfallgebührenkalkulation

Das VG Düsseldorf hat sich in zwei Urteilen vom 08.06.2021 (Az.: 17 K 1964/20 und 17 K 6804/19- abrufbar unter www.justiz.nrw.de/entscheidungen) unter verschiedenen Gesichtspunkten mit der Rechtmäßigkeit einer Abfallgebühr auseinandergesetzt. Die Stadt hatte eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) gegründet und ihr die Aufgabe der Abfallentsorgung übertragen (§ 114 a Abs. 3 GO NRW). Die technische Durchführung der Abfallentsorgung erfolgt über eine GmbH, die zu 94 % der AöR und zu 6 % der Stadt gehört (§ 114 a Abs. 4 GO NRW). Diese Rechtskonstruktion ist – so das VG Düsseldorf – nicht zu beanstanden. Ebenso sah das VG Düsseldorf die Kalkulation der Abfallgebühren als rechtmäßig an. Im Einzelnen:

1. Mindest-Restmüllvolumen

Die Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens von 20 Litern pro Person/Woche bzw. bei der Nutzung einer Biotonne bzw. des Nachweises einer Eigenkompostierung von 15 Litern pro Person/Woche war – so das VG Düsseldorf – auf der Grundlage des konkreten und nachgewiesenen Abfallaufkommens in der Stadt nicht zu beanstanden. Bereits aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Landesabfallgesetz NRW ergebe sich, dass die Festlegung eines Mindest-Restmüllvolumens pro Person/Woche in der Abfallentsorgungssatzung zulässig sei und insbesondere dazu dient, verbotswidrige Abfallablagerungen (sog. wilden Müll) zu vermeiden. Das festgelegte Mindest-Restmüllvolumen muss – so das VG Düsseldorf – auch nicht so niedrig angesetzt werden, dass selbst ein bereits Restabfall vermeidender Nutzer/Abfallbesitzer dazu angespornt wird, eine weitere Absenkung bis auf die geringste - ohne illegale Abfallentsorgung - noch verbleibende Restabfallmenge anzustreben. Es sei auch rechtlich erlaubt, die Menge des zu erwartenden Abfalls durch Richtwerte pauschalierend zu bestimmen, auch wenn dadurch die Behältergröße für den einzelnen Haushalt nur noch eingeschränkt flexibel sei. Jedenfalls bestehe bei dem kleinsten Restmüllgefäß (60 Liter) für Ein-Personen-Grundstücke (Ein-Personen-Haushalte) – so das VG Düsseldorf (Urteil vom 08.06.2021 – Az.: 17 K 6804/19 - Rz. 130 der Urteilsgründe) - die Möglichkeit, einen vierwöchentlichen Abfuhrturnus zu wählen, so dass ein genügender Anreiz zur Abfallvermeidung und -verwertung im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 3 LAbfG NRW gesetzt werde (siehe hierzu auch bereits: OVG NRW, Urteil vom 02.02.2000 – Az.: 9 A 3915/98 -). Die Stadt sei deshalb – so das VG Düsseldorf (Urteil vom 08.06.2021 – Az.: 17 K 1964/20 – Rz. 109 der Urteilsgründe - nicht gehalten, weitere Differenzierungsmaßstäbe etwa durch Füllstandsmarkierungen in den zugeteilten Abfallgefäßen einzuführen. Schließlich sei es bei der Veranschlagung der Behältergrößen auch zulässig, Reserven für unvorhergesehene Situationen zu berücksichtigen.

2. Grundpreis

Die Aufteilung der gesamten Abfallgebühr in einen einheitlichen Grundpreis und einen Leistungspreis ist – so das VG Düsseldorf – ebenfalls rechtmäßig. Dabei sei die Differenzierung zwischen Abfällen von Grundstücken mit privaten Haushaltungen zu Wohnzwecken (kombinierter Personen-/Volumenmaßstab) und gewerblich genutzten Grundstücken (reiner Volumenmaßstab) nicht zu beanstanden, weil diese Gebührenmaßstäbe (Kostenverteilungsschlüssel) oder deren Kombinationen anerkannte Differenzierungsmaßstäbe bei der Bemessung der Abfallentsorgungsgebühren seien. Der Satzungsgeber sei bei dem Gebührenmaßstab für einen Grund- und Leistungspreis nicht gehalten, im Rahmen des Grundpreises zwischen privaten und gewerblich genutzten Grundstücken zu differenzieren, wenn die Stadt nur etwa 30 % der Gesamtkosten der Abfallbeseitigung in den so genannten Grundpreis eingerechnet habe.

Ebenso sei der Grundpreis keine Grundgebühr, weil in eine Grundgebühr nur abfallmengenunabhängige (fixe) Kosten eingerechnet werden dürfen. In den Grundpreis der beklagten Stadt würden aber sowohl fixe als auch variable (abfallmengenabhängige) Kosten in Höhe von 30 % gesamtkalkulatorisch eingestellt. Deshalb handele es sich um einen sog. Grundpreis und keine Grundgebühr (siehe hierzu auch: OVG NRW, Urteil vom 02.02.2000 – Az.: 9 A 3915/98 -). Dieser Grundpreis sei auch mit Blick auf den § 9 Abs. 2 Satz 3 Landesabfallgesetz NRW nicht zu beanstanden, weil mit volumenbezogenen Maßstäben wirksame Anreize zur Abfallvermeidung und Verwertung gesetzt werden können.

3. Öffentliches Preisrecht und Gebührenkalkulation

Das VG Düsseldorf hat ebenso die Gebührenkalkulation der beklagten Stadt als rechtmäßig angesehen. Zu den ansatzfähigen Kosten gemäß § 6 Abs.2 Satz 4 KrWG NRW gehören – so das VG Düsseldorf – auch die betriebsnotwendigen Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen. Maßgebend sei hier die Einhaltung der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen sowie die in den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten getroffenen Bestimmungen (LSP). Das öffentliche Preisrecht der Verordnung PR Nr. 30/53 finde hier Anwendung, weil die von der Stadt in rechtmäßiger Weise gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts zu 94 % an einer GmbH beteiligt sei, die das operative Abfallentsorgungsgeschäft als Drittbeauftragter für die Anstalt des öffentlichen Rechts durchführt. 6 % der Gesellschafteranteile bei der GmbH lägen bei der kreisfreien Stadt.

Auf der Grundlage des öffentlichen Preisrechtes sei die Gebührenkalkulation jedenfalls nicht zu beanstanden. Dabei stehe der Ansatzfähigkeit von Fremdleistungsentgelten nicht entgegen, dass eine Prüfung durch die für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständige Behörde gemäß § 9 VO PR Nr. 30/53 nicht erfolgt sei. Die Verordnung Nr. 30/53 mit den Leitsätzen zur Preisermittlung gebe genau vor, welche Kostenansätze zulässig seien. Entsprechen die Kostenansätze diesen Vorgaben, so seien diese nicht zu beanstanden.

4. Wilder Müll und öffentliche Abfallbehältnisse

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 3 Landesabfallgesetz NRW können die Kosten für Einsammlung, Beförderung und Entsorgung verbotswidriger Abfallablagerungen auf den der Allgemeinheit zugänglichen Grundstücken über die Abfallgebühr abgerechnet werden. Diese gesetzliche Regelung ist – so das VG Düsseldorf (Urteil vom 08.06.2021 – Az.: 17 K 6804/19 - Rz. 225 der Urteilsgründe) - eine Spezialregelung gegenüber dem § 6 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW). Die Einstellung dieser Kosten in die Kalkulation der Abfallgebühr sei deshalb rechtmäßig. Ob auch die Kosten für Mülldetektive zur Ermittlung der Verursacher von verbotswidrigen Abfallablagerungen (so genannten wilden Müll) in die Gebühren eingestellt werden dürfen, hat das VG Düsseldorf offengelassen, weil die beklagte Stadt diese Kosten definitiv nicht in die Kalkulation der Abfallentsorgungsgebühren eingestellt hatte. Das VG Düsseldorf nimmt zugleich den Standpunkt ein, dass Bußgelder, die gegenüber den ausfindig gemachten Verursachern von wilden Müllablagerungen verhängt worden sind, nicht in die Gebührenkalkulation eingestellt werden müssen, weil kein Bezug zu den Leistungen der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung vorliege, weil die Stadt insoweit rein als Ordnungsbehörde tätig werde.

Ansatzfähig sind – so das VG Düsseldorf (Urteil vom 08.06.2021 – Az.: 17 K 6804/19 - Rz. 220 der Urteilsgründe) – kraft der landesgesetzlichen Spezialregelung in § 9 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 und 2 LAbfG NRW die Kosten für die Abfallberatung (u. a. für das Callcenter) sowie die Kosten für die Aufstellung, Unterhaltung und Entleerung der Straßenpapierkörbe (einschließlich – sofern veranlagt – des in Plastiktütchen eingeworfenen Hundekotes aus den sog. „Bello-Boxen“) und zwar ungeachtet ihrer speziellen Zurechenbarkeit zur „individuellen Grundstückslage“ des Klägers (zur Wirksamkeit dieses landesgesetzlichen Spezialregelung: OVG NRW, Urteil vom 04.10.2001 – Az.: 9 A 2737/00  -). Auch zweckentsprechende Kosten für das Projekt „saubere Stadt“ (wozu etwa auch Sauberkeitskampagnen als Öffentlichkeitsarbeit gehören) sind – so das VG Düsseldorf – grundsätzlich ansatzfähig, wobei allerdings das kommunalabgabenrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten ist.

5. Erlöse aus der Altpapierverwertung/Duales System

Vermarktungserlöse aus dem Verkauf von Altpapier müssen allerdings zu Gunsten der Gebührenschuldner in die Gebührenkalkulation kostenmindernd eingestellt werden. Dieses sei – so das VG Düsseldorf - von der Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 27.04.2015 – Az. 9 A 2813/12-) auch so vorgegeben. In diesem Zusammenhang sei es -so das VG Düsseldorf – auch nicht zu beanstanden, dass 75 % der Gesamtkosten für die Altpapiereinsammlung und -verwertung für das Veranlagungsjahr 2019 in die Abfallgebühr eingestellt worden seien. Bezogen auf die Kosten für die Miterfassung und Verwertung der Einwegverpackungen aus Papier/Pappe/Karton des rein privatwirtschaftlichen Dualen System (§§ 13 ff. VerpackG) über die kommunalen Altpapiergefäße habe jedenfalls für die Vergangenheit die nachvollziehbare Grundannahme gegolten, dass der Anteil der Einwegverpackungen aus Papier/Pappe/Karton an der gesamten Altpapierfraktion bei 25 % gelegen hat.

 

Az.: 25.0.2.1 qu

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search