Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 433/2024 vom 19.06.2024

VG Düsseldorf zur Straßensinkkasten-Reinigung und Gebühr

Das VG Düsseldorf hatte in einem Urteil vom 13.07.2023 (Az.: 5 K 8844/21) entschieden, dass eine abwasserbeseitigungspflichtige Stadt berechtigt ist, für die Reinigung von Straßensinkkästen von dem zuständigen Straßenbaulastträger eine gesonderte Niederschlagswassergebühr (Sondergebühr) zu erheben. Das VG Düsseldorf weist darauf hin, dass in die allgemeine (reguläre) Niederschlagswassergebühr laut der Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 24.06.2008 – Az. 9 A 373/06) die Kosten für die Reinigung der Straßensinkkästen nicht einkalkuliert werden dürfen, denn nur die Straßenoberfläche erfordert Sinkkästen und ihre Reinigung, während die Entwässerung der privaten Grundstücke für sich genommen grundsätzlich keine Sinkkästen benötigt. Dieses hindert aber eine abwasserbeseitigungspflichtige Stadt laut dem VG Düsseldorf nicht, für die Reinigung der Straßensinkkästen von den jeweiligen Straßenbaulastträgern eine gesonderte Niederschlagswassergebühr (Sondergebühr) zu erheben. Das BVerwG (Beschluss vom 21.06.2011 – 9 B 99/10 -) habe festgestellt, dass Straßenoberflächenwasser als Niederschlagswasser im Rechtsinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG anzusehen sei und die Reinigung der Straßensinkkästen dem Aufgabenfeld der Abwasserbeseitigung und nicht der Straßenreinigung zuzuordnen sei. Die Zuweisung zur Aufgabe der Abwasserbeseitigung in § 46 LWG NRW an die Stadt bedeutet – so das VG Düsseldorf – aber nicht, dass die Stadt den Aufwand für die Reinigung der Straßensinkkästen endgültig selbst zu tragen hätte, sondern es ist möglich, hierfür eine gesonderte Gebühr zu erheben. Dabei weist das VG Düsseldorf ausdrücklich darauf hin, dass die Sinkkästen als Teil der Straßenentwässerungsanlagen zur öffentlichen Straße gehören und keinen Bestandteil der kommunalen Abwasserentsorgungseinrichtung darstellen.

Die Stadt habe mit der Klage Kosten in Höhe von 11.984,28 €, geltend gemacht, wobei bezogen auf die Gesamtkosten 29% für Flächenanteile der Gehwege und Parkplätze in Abzug gebracht worden seien. Diese Klage sei unbegründet, weil die Geltendmachung eines Anspruches aus dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) oder die Berufung auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nicht möglich sei, denn das BVerwG (Beschluss vom 22.02.2018 – 9 B 6/17 -) habe ausdrücklich klargestellt, dass derartige Ansprüche nicht bestehen, wenn die Möglichkeit besteht, Benutzungsgebühren zu erheben. Es ist aber – so das VG Düsseldorf - möglich, einen eigenen gesonderten Gebührentatbestand in der Abwasserbeseitigungs- und Abwassergebührensatzung für die von der städtischen Entwässerungseinrichtung gebotenen (Sonder)Leistung der „Sinkkastenreinigung“ mit einem eigenen (Sondergebührensatz) zu regeln, der wiederum das Ergebnis einer eigenständigen Kalkulation für diese spezielle Teilleistung ist.

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

Das Urteil des VG Düsseldorf (Urteil vom 13.07.2023 - Az. 5 K 8844/21 –) ist rechtskräftig. Es ist dennoch nicht als geklärt anzusehen, ob das OVG NRW den gleichen Standpunkt einnehmen wird, denn es ist grundsätzlich zu beachten, dass die Funktionstüchtigkeit der Entwässerungsanlagen für die Straßenoberflächenentwässerung zur Verkehrssicherungspflicht des jeweiligen Straßenbaulastträgers - und zwar bezogen auf die gefahrlose Benutzung einer öffentlichen Straße - gehört (so: BVerwG hat mit Beschluss vom 22.02.2018 - Az.: 9 B 6.17 – BGH, Urteil vom 21.11.2013 – III/ZR 113/13 -).

Straßenentwässerungsanlagen sind somit grundsätzlich ein Bestandteil des Straßenkörpers der öffentlichen Straße (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 lit. a StrWG NRW; BGH, Urteil vom 31.10.2019 – III ZR 64/18 – Rz. 18 der Urteilsgründe; Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, S. 321; Kodal, Handbuch Straßenrecht, 8. Aufl. 2021, S. 343 ff.). In der Folge hierzu müssen diese Straßenentwässerungsanlagen durch den zuständigen Straßenbaulastträger saniert werden, wenn sie wasserrechtlich nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen (§ 60 WHG). Es besteht eine fortgesetzte Anpassungs- und Sanierungspflicht des Anschlussnehmers an die öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung (so: OVG NRW, Beschluss vom 24.08.2015 – 15 A 2349/14 -; OVG NRW, Beschluss vom 07.01.2026 – 15 B 1370/15 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2014 – 5 K 9057/13 -; Queitsch in: Wellmann/Queitsch, WHG, Kommentar, 3. Aufl. 2024, § 54 WHG Rz. 34). Leitet der Straßenbaulastträger das Straßenoberflächenwasser in den öffentlichen Kanal der Stadt ein, so kann die Gemeinde ihm durch Verwaltungsakt aufgegeben, das Niederschlagswasser vor Einleitung in den öffentlichen Regenwasserkanal vorzubehandeln (so: OVG NRW, Beschluss vom 14.12.2017 – 15 A 2315/16 -).

Straßenentwässerungsanlagen sind grundsätzlich ebenso kein automatischer Bestandteil der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung der Gemeinde. Denn was zur öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung gehört, regelt diese abschließend in der Abwasserbeseitigungssatzung (so ausdrücklich: OVG NRW, Beschlüsse vom 13.05.2022 – 15 A 2703/20 und vom 13.04.2022 – 15 A 837/20 – und Beschluss vom 21.6.2010 – Az.: 15 A 426/10 -). Zwar ist die Widmung zum Bestandteil der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung im Abwasserbereich - im Gegensatz zur Widmung bei öffentlichen Straßen (§ 6 Abs. 1, Abs. 5 StrWG NRW) - nicht formgebunden und kann auch schlüssig (konkludent) erfolgen (so: OVG NRW, Beschlüsse vom 13.05.2022 – 15 A 2703/20 und vom 13.04.2022 – 15 A 15 A 837/20 -; OVG NRW, Beschluss vom 13.05.2011 – Az.: 15 A 2825/10 – OVG NRW, Beschluss vom 31.08.2010 – Az.: 15 A 89/10 -). Für die Annahme einer Widmung muss dennoch ein „nach außen hin (für Dritte) erkennbarer Wille“ der Gemeinde feststellbar sein, die fragliche Abwasserleitung bzw. die konkrete Abwasseranlage als Teil der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung in Anspruch nehmen zu wollen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.02.2012 – Az.: 15 A 2020/11). Dafür reicht grundsätzlich die nachweisbare Aufnahme in das abwassertechnische Anlagenvermögen aus (so: OVG NRW, Beschlüsse vom 13.05.2022 – 15 A 2703/20 und vom 13.04.2022 – 15 A 15 A 837/20 -; OVG NRW, Beschluss vom 29.10.2019 – Az.: 9 A 2287/19 –). Eine solche Widmung existiert in Bezug auf Straßenentwässerungsanlagen grundsätzlich nicht. Ebenso hat das OVG NRW (Beschluss vom 08.12.2022 - Az. 9 A 28/21 -) klargestellt, dass Gewässer und Straßenseitengräben nicht automatisch (ohne Widmung) einen Bestandteil der öffentlichen Abwasserentsorgungseinrichtung darstellen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.10.2019 – Az. 9 A 2287/18-; Queitsch, KStZ 2020, S. 64 ff.).

Führt somit die Gemeinde allerdings die Reinigung der Straßensinkkästen durch, so ist es – so das VG Düsseldorf - möglich, dass für diese gesonderte Teilleistung eine gesonderte Niederschlagswassergebühr kalkuliert und von den Straßenbaulastträgern erhoben wird. Zwar ist die Reinigung der Straßensinkkästen nach dem BVerwG (Beschluss vom 21.6.2011 – Az. 9 B 99.10) dem Aufgabenfeld der Abwasserbeseitigung und nicht der Straßenreinigung zuzuordnen. Das BVerwG hat aber keine Aussage dazu getroffen, wer die Reinigung der Straßensinkkästen durchführen und die Kosten hierfür tragen muss. Das VG Düsseldorf nimmt insoweit den Rechtsstandpunkt ein, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde die Reinigung der Straßensinkkästen im Rahmen der ihr obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht (§ 46 LWG NRW) durchführen muss und hierfür eine Sondergebühr erheben kann.

Insoweit ist in § 49 Abs. 3 Satz 1 Landeswassergesetz NRW (LWG NRW) geregelt, dass der jeweilige Straßenbaulastträger nur für das Niederschlagswasser abwasserbeseitigungspflichtig ist, welches außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile anfällt (vgl. Spillecke, LWG NRW, Kommentar, 1. Aufl. 2022 § 49 LWG NRW Rz. 8). Innerhalb der im Zusammenhang bebauter Ortsteile besteht die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde und somit eine Abwasserüberlassungspflicht des Straßenbaulastträgers nach § 48 LWG NRW (so: OVG NRW, Urteile vom 11.12.2019 – Az.: 9 A 1133/18 und 9 A 2622/18 –). Die Abgrenzung zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich kann bauplanungsrechtlich (unbeplanter Innenbereich - § 34 BauGB/Außenbereich - § 35 BauGB -) oder mit Hilfe der sog. Ortsdurchfahrten-Steinen (OD-Steine) erfolgen. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass bei Bundestraßen (§ 5 Abs. 2 FStrG) und bei Landesstraßen (§ 44 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz NRW -StrWG NRW) die Gemeinden mit mehr als 80.000 Einwohner Träger der Straßenbaulast für die Ortsdurchfahrten (§ 5 StrWG NRW) sind (vgl. Spillecke, LWG NRW, Kommentar, 1. Aufl. 2022 § 49 LWG NRW Rz. 10).

Außerdem muss die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde beachten, dass gemäß § 44 Abs. 4 Straßen- und Wegegesetz NRW bzw. § 5 Abs. 1, Abs. 3 FStrG Parkplätze und Gehwege unter dem Gesichtspunkt der Straßenbaulast in ihren Verantwortungsbereich fallen und auch diese Flächen über die Sinkkästen entwässert werden. Dieses ist bei der Kalkulation der Sondergebühr für die Reinigung der Straßensinkkästen zu berücksichtigen, so dass ein Teil der Kosten für die Reinigung der Straßensinkkästen nicht auf Straßenbaulastträger umgelegt werden kann, die nicht identisch mit der Gemeinde sind (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.04.2018 – 13 K 913/15 -). Diese Berücksichtigung könnte z. B. dadurch erfolgen, dass die Flächen für Parkbuchten und Gehwege prozentual in ein Verhältnis zur gesamten Straßenfläche gesetzt werden und auf dieser Grundlage ein prozentualer Abzug bei den Kosten durchgeführt wird, welche in die Kalkulation der Sondergebühr Eingang findet. Insoweit hatte auch die klagende Stadt in dem vom VG Düsseldorf entschiedenen Fall einen Kostenanteil vom 29 % abgezogen, welcher auf Flächenanteile der Gehwege und Parkplätze entfiel, deren Entwässerung ebenfalls über die Sinkkästen erfolgt.

Alternativ dürfte auch die Kalkulation einer gesonderten Niederschlagswassergebühr für Straßengrundstücke einerseits und die sonstigen Grundstücke andererseits möglich sein. In die gesonderte Niederschlagswassergebühr für Straßengrundstücke können dann die Kosten für die Reinigung der Sinkkästen einkalkuliert werden. Der Flächenabzug für Gehwege und Parkplätze kann bei dieser Verfahrensweise grundsätzlich dadurch erfolgen, dass entweder ein flächenbezogener Abzug von den Gesamtkosten erfolgt und ein darauf berechneter prozentualer Kostenanteil in der Kalkulation nicht angesetzt wird. Grundsätzlich denkbar ist auch die Einbeziehung der Flächen für Gehwege und Parkbuchten in den Divisor, weil dieses bewirkt, dass der kalkulierte Gebührensatz sinkt (so jedenfalls: Brüning in: Driehaus, Kommunal-Abgabenrecht, Kommentar, Stand: September 2022, § 6 KAG NRW Rz. 352 a, 352 b und 352 c). Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings bislang nicht.

Az.: 24.1.1 qu

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