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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 581/2014 vom 04.09.2014
VG Karlsruhe zur Unterbringung von Flüchtlingen in einem Gewerbegebiet
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss vom 11.082014 (4 K 1942/14) eine Nutzungsänderung der bisherigen Büroräume in eine „Asylliegenschaft“ zur Aufnahme von Flüchtlingen insbesondere deswegen für rechtswidrig erklärt, weil das betroffene Grundstück in einem Gewerbegebiet liegt. Nach dem VG Karlsruhe ist eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in einem Gewerbegebiet auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO als Anlage für soziale Zwecke zulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Dauer Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers ist, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukommt und sie sich daher in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweist.
Selbst wenn eine Asylbewerberunterkunft als „Anlage für soziale Zwecke“ zu qualifizieren wäre, würde sie sich gerade nach dem VG Karlsruhe nicht mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebietes vertragen. Die vom Antragsgegner (dem Land Baden Württemberg) angeführte dramatische Unterbringungssituation für Asylbewerber stellten für das VG Karlsruhe keine relevanten Kriterien im Rahmen des § 8 BauNVO dar.
Eine Befreiung von den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB war nicht erteilt worden, weshalb das Verwaltungsgericht über deren Zulässigkeit nicht entscheiden musste. Es wies aber für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass der Umstand, dass eine bauliche Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann, einer Befreiung nicht von vornherein entgegenstehe.
In diesem Zusammenhang weist die StGB NRW-Geschäftsstelle noch einmal auf den Mitglieder-Schnellbrief Nr. 55 vom 24.03.2014 zur bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Standorten für Flüchtlingsunterkünfte in den verschiedenen Gebietskulissen hin. Auf Anregung der kommunalen Spitzenverbände hat das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW Hinweise veröffentlicht, die den Städten und Gemeinden bauplanungsrechtliche Möglichkeiten aufzeigen, die das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung bieten, um Standorte für die Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften sowie in Wohngebäuden zu finden.
Diese Hinweise, die Anlage des Schnellbriefs sind, enthalten als Anhang eine tabellarische Darstellung der Rechtsprechung, die seit Beginn der 1990er Jahre zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Unterkünften für Flüchtlinge in den verschiedenen Gebietskulissen ergangen sind. Ihr kann entnommen werden, in welchen (faktischen) Baugebieten solche Unterkünfte nach der Rechtsprechung (ausnahmsweise oder im Wege einer Befreiung) zulässig sind.
Der Beschluss VG Karlsruhe steht StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliedsbereich des Internetangebots des StGB NRW unter Fachinfo und Service — Fachgebiete — Bauen und Vergabe — Rechtsprechung — zum download zur Verfügung.
Az.: II