Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 217/2020 vom 25.03.2020

VG Köln zu Wasserschwundmengen

Die Schmutzwassergebühr wird auf der Grundlage des Frischwasser-Maßstabes (bezogenes Frischwasser = Schmutzwasser) erhoben. Bei der Schmutzwassergebühr kann auf den Jahres-(Frischwasser)Wasserbrauch des Vorjahres oder Vorvorjahres abgestellt werden, welcher durch Wasserzähler gemessen wird. Dabei reicht es aus, wenn auf einen einjährigen Ablesezeitraum für das Frischwasser abgestellt wird, d. h. ein Ablesezeitraum gewählt wird, der 12 Monate umfasst (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.09.2010 – Az.: 9 A 821/10 – ; OVG NRW, Urteil vom 18.12.20076 – Az.: 9 A 3648/04 - ; OVG NRW, Urteil vom 31.08.1990 – Az.: 9 A 739/88 - ). Der Frischwasser-Maßstab ist dennoch ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab (§ 6 Abs. 2 Satz 2 KAG NRW). Es wird davon ausgegangen, dass es „echt wahrscheinlich“ ist, dass die aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogenen Frischwasser-Mengen (Trinkwasser-Mengen) dem öffentlichen Kanal als Schmutzwasser wieder zugeführt werden. Gleichwohl können bei dieser Berechnungssystematik auch Wasserschwundmengen auftreten, die nachweisbar nicht dem öffentlichen Kanal zugeführt werden.

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 03.12.2012 (– Az.: 9 A 2646/11- abrufbar unter www.jusitz.nrw.de) entschieden, dass Wasserschwundmengen, die schlüssig und nachvollziehbar nachgewiesen werden können, durch den gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer geltend gemacht werden können. Eine sog. Bagatellgrenze ist unzulässig, d. h. es ist nicht zulässig satzungsrechtlich zu regeln, dass eine bestimmte Wasserschwundmenge (z. B. 15 Kubikmeter/Jahr) von vorherein durch die Gemeinde bei der Erhebung der Schmutzwassergebühr nicht anerkannt wird.

In diesem Zusammenhang hat das OVG NRW aber ebenso ausgeführt, dass Ungenauigkeiten hinsichtlich der Gebührenbemessung in gewissem Umfang als notwendige Folge der Verwendung des Frischwassermaßstabes hinzunehmen sind, etwa soweit ein gewisser Teil des bezogenen Frischwassers wegen Verbrauchs in der Küche oder zum Trinken, wegen der Verdunstung oder wegen des Gießens von Balkonpflanzen , nicht mehr in das öffentliche Kanalnetz als Abwasser eingeleitet wird. Die Verluste durch den Wasserverbrauch beim Kochen, Waschen, Trinken usw. bei normaler Wohnnutzung treffen – so das OVG NRW – typischerweise alle Grundstücke in etwa gleich und lassen sich zudem praktisch nicht korrekt nachweisen (siehe Rz. 69 der Urteilsgründe des OVG-Urteils vom 03.12.2012 - Az.: 9 A 2646/11 – abrufbar unter: www.justiz.nrw.de).

Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 03.12.2012 (Az.: 9 A 2646/11 -  Rz. 59 der Urteilsgründe) aber ebenso klargestellt,  dass satzungsrechtlich eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Wasserschwundmengen geregelt werden kann. Hierzu führt das OVG NRW aus, dass nichts dagegen spricht, den Gebührenschuldnern durch entsprechende Satzungsbestimmungen die Obliegenheit aufzuerlegen, die Abzugsmengen – ggf. binnen einer bestimmten Frist – von sich aus zu melden.

Das VG Köln hat nunmehr mit Urteil vom 11.02.2020 (Az.: 14 K 4226/17) entschieden, dass die Geltendmachung von Wasserschwundmengen bei der Schmutzwassergebühr nicht mit einer Ausschlussfrist versehen werden kann, die bereits am 15.12. des Jahres endet, welches die Grundlage für den Frischwasser-Verbrauch bei der Erhebung der Schmutzwassergebühr (im Folgejahr bzw. aktuellem Jahr der Gebührenerhebung) bildet. Das VG Köln nimmt den Rechtsstandpunkt ein, dass eine solche Ausschlussfrist zu diesem Zeitpunkt (15.12. des Jahres) nicht erforderlich ist, weil keine sachlichen Gründe dafür sprechen, dass bereits vor Ablauf des Wasserverbrauchs-Bezugsjahres die Geltendmachung von Wasserschwundmengen ausgeschlossen ist. Insbesondere sind Gründe, warum die Schwundmengen bereits vor Meldung des gesamten Frischwasserverbrauchs mitgeteilt werden müssen – so das VG Köln – nicht ersichtlich. Eine für die Berücksichtigung von Wasserschwundmengen bestimmte Ausschlussfrist von zwei Wochen vor Ende des Verbrauchs-Bezugsjahres und damit vor Erfassung des Frischwasserbezuges ist auch offenkundig – so das VG Köln – für die rechtzeitige Gebührenkalkulation für das Folgejahr weder erforderlich noch förderlich. Auch die internen Handlungsabläufe bei der Gemeinde und Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität können eine solche Ausschlussfrist nicht rechtfertigen.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Wasserschwundmengen können bei der Berechnung der Schmutzwassergebühr grundsätzlich geltend gemacht werden (vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 03.12.2012 – Az.: 9 A 2646/11). Es wird aber auch in der Mustersatzung des StGB NRW die satzungsrechtliche Regelung einer Ausschlussfrist empfohlen, die nach dem Ablauf des Jahres liegt, bei welchem der Frischwasser-Jahresverbrauch für die Erhebung der Schmutzwassergebühr zugrunde gelegt wird (z. B. das Vorjahr). Insoweit ist beispielhaft in § 4 Abs. 5 der Muster-Abwassergebührensatzung des StGB NRW (Stand: 12.09.2016) der 15.01. des Jahres genannt, der dem Vorjahr folgt, auf dessen Frischwasserverbrauch bei der Erhebung der Schmutzwassergebühr für das aktuelle Jahr abgestellt wird.

Grundsätzlich ist eine Ausschlussfrist nicht als unzulässig anzusehen, damit ein unnötiger Personal- und Sachaufwand bei der Berücksichtigung der Wasserschwundmengen vermieden wird, der zu Lasten aller Gebührenzahler geht. Insbesondere ist es erforderlich, dass die Wasserschwundmengen vor Versendung des Gebührenbescheides mitgeteilt worden sind, damit eine erneute Abänderung der Gebührenbescheide nicht notwendig ist und die geltend gemachten Wasserschwundmengen bereits vor Versendung der Gebührenbescheide berücksichtigt werden können (vgl. zur Vermeidung von Erstattungsverfahren auch: OVG NRW, Urteil vom 03.12.2012 – Az.: 9 A 2646/11 – Rz. 61 der Urteilsgründe).

Rechtsprechung des OVG NRW gibt es zu der von VG Köln entschiedenen Frage zurzeit nicht. Es ist aber davon auszugehen, dass auch das OVG NRW eine Ausschlussfrist nicht akzeptieren wird, die einen Zeitpunkt bestimmt, der bereits vor Ablauf des Wasserverbrauchs-Bezugsjahres endet.

Az.: 24.1.2.1 qu

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