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StGB NRW-Mitteilung 583/2002 vom 05.10.2002
VG Köln zur Besetzung des Jugendhilfeausschusses
Das Verwaltungsgericht Köln hat am 16.08.2002 (Az.: 4 K 1682/00) ein Urteil gefällt, dem im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde lag: Die Klägerin ist eine aus zwei Mitgliedern bestehende Fraktion im Rat der beklagten Stadt T., die die Entsendung eines Fraktionsangehörigen als beratendes Mitglied in den Jugendhilfeausschuss erstrebt. Nachdem die Fraktion mit einem entsprechenden Antrag in der Ratssitzung der Stadt T. gescheitert und eine Anfrage an die Kommunalaufsicht dahingehend beantwortet worden war, dass in der Satzung über das Jugendamt von T. von der Möglichkeit, weitere beratende Mitglieder in diesen Ausschuss aufzunehmen, kein Gebrauch gemacht worden sei, hatte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 13.06.2000 (Az.: 4 L 441/0) der Beklagten auf Antrag der Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung aufgeben, Herrn H. vorläufig zum beratenden Mitglied des Jugendhilfeausschusses zu bestellen. Diese Entscheidung wurde durch das OVG Münster mit Beschluss vom 27.06.2000 (Az.: 15 B 911/00) geändert und der Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Das Verwaltungsgericht Köln hat einen Anspruch der Klägerin auf Bestellung eines von ihr benannten Fraktionsmitglieds als beratendes Mitglied des Jugendhilfeausschusses durch die Beklagte abgelehnt. Das Gericht stützt seine Entscheidung auf die Auslegung der Vorschriften des die Zusammensetzung des Jugendhilfeausschusses betreffenden Regelungsgefüges des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) SGB VIII und des nordrhein-westfälischen Ersten Gesetzes zur Ausführung des KJHG (AG KJHG).
Es kommt zu dem Ergebnis, dass § 71 SGB VIII und das AG KJHG in Bezug auf die Zusammensetzung des Jugendhilfeausschusses eine abschliessende Regelung treffe, die selbst eine ergänzende Heranziehung der Vorschriften der GO NRW betreffend die Zusammensetzung kommunaler Ausschüsse nach § 3 Abs. 1 AG KJHG ausschliesse. In diesem Zusammenhang weist es auch auf die entsprechenden Ausführungsgesetze anderer Bundesländer hin, die für die Besetzung des Jugendhilfeausschusses eindeutig eine abschliessende Regelung träfen.
Bereits aus dem Wortlaut des § 5 AG KJHG schliesst das Gericht die abschliessende Spezialität dieser Regelung in Bezug auf beratende Mitglieder im Jugendhilfeausschuss, indem es diesen vor dem Hintergrund der in § 4 Abs. 1 AG KJHG gewählten Formulierung heranzieht, die wiederum exakt der Vorgabe des § 71 Abs. 1 S. 1 SGB VIII entspricht. Da diese bundesrechtliche Vorschrift unstreitig abschliessend sei, könne daher für § 4 Abs. 1 AG KJHG nichts anderes gelten. Dies spreche auch für die abschliessende Spezialität von § 5 AG KJHG, da der Gesetzgeber sonst eine andere Formulierung gewählt hätte.
Historisch habe der Gesetzgeber zudem die Entscheidung einer Einbeziehung weiterer beratender Mitglieder in den Jugendhilfeausschuss bewusst den Kommunen überlassen, was darauf hindeute, dass dazu auch nur diese im Rahmen der Satzungsermächtigung nach § 5 Abs. 3 S. 1 AG KJHG befugt seien.
Auch die systematische Auslegung des Regelungsgefüges bestätige die eigene Auffassung, da grosse Teile der die Besetzung von Ausschüssen betreffenden Regelungen des § 58 GO NRW ersichtlich bezüglich der Besetzung des Jugendhilfeausschusses nicht einschlägig seien. Das gelte insbesondere für den die Grundlage der folgenden Sätze des § 58 Abs. 1 GO NRW bildenden Satz 1, da die Bildung und Zusammensetzung des Jugendhilfeausschusses weitgehend bundesrechtlich und durch anderweitiges Landesrecht vorgegeben sei. Ebenso werde § 58 Abs. 1 S. 3 GO NRW durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 AG KJHG ersetzt, da diese Norm sonst keinen eigenen Regelungsbereich hätte. Gegen eine ergänzende Anwendung von § 58 Abs. 1 GO NRW spreche zudem, dass auf diese Weise zum einen das in § 5 Abs. 3 Satz 2 AG KJHG enthaltende Gebot der Geschlechterparität unterlaufen werden könne, ohne dass der Satzungsgeber darauf Einfluss habe. Zum anderen könne dadurch das im Grundsatz bereits durch den Bundesgesetzgeber vorgegebene Verhältnis zwischen "politischen" und aus fachlichen Gründen entsandten Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses gefährdet werden, da so der politische Einfluss stärker werden könne als die Fachkompetenz.
Darüber hinaus seien die in § 58 Abs. 3 und 4 GO NRW enthalten den rechtlichen Vorgaben auf die Besetzung des Jugendhilfeausschusses nicht übertragbar. Dies sowie die in § 5 Abs. 3 S. 1 AG KJHG enthaltene Öffnungsklausel, die bei ergänzender Anwendung der Vorschriften der GO NRW überflüssig sei, belege die Nichtanwendbarkeit von § 58 GO NRW auf diese Bereiche. In Bezug auf die ergänzende Anwendung der verbleibenden Teile dieser Regelung hätte der Landesgesetzgeber nach Auffassung des Gerichts eine ausdrückliche und normklare Anordnung im AG KJHG treffen müssen.
Zwar diene § 58 Abs. 1 S. 7 GO NRW dem Minderheitenschutz. Allerdings könne der Sinn und Zweck des § 58 Abs. 1 GO NRW das gefundene Ergebnis nicht in Frage stellen. Der Jugendhilfeausschuss weise eine Vielzahl von Besonderheiten auf, die ihn von den anderen kommunalen Ausschüssen unterscheide. Der Minderheitenschutz sei u.a. Ausfluss des Repräsentationsprinzips, das für die Besetzung des Jugendhilfeausschusses nach den bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben jedoch zumindest nicht maßgeblich sei, da hier die Sachkunde der Mitglieder eindeutig im Vordergrund stehe, so dass eine Durchbrechung des Minderheitenschutzes durch den Landesgesetzgeber durchaus sachgerecht erscheine. Insofern führe die Sonderstellung dieses Ausschusses dazu, dass Sinn und Zweck von § 58 Abs. 1 Satz 11 GO NRW nur bedingt Geltung beanspruchen könne, da es einer Vorabinformation des diesem nicht angehörigen Ratsmitglieds vor dem Hintergrund der eigenen und vom Rat nicht vollständig entziehbaren Beschlusskompetenz (§ 57 Abs. 3 SGB VIII) nicht bedürfe.
Diese Sonderstellung bestätige sich darüber hinaus dadurch, dass der Landesgesetzgeber in § 7 AG KJHG ein eigenes ausserhalb des Rates angesiedeltes Widerspruchs- und Beanstandungsrecht normiert habe, so dass auch § 57 Abs. 4 S. 2 GO NRW für den in Frage stehenden Ausschuss unstreitig nicht gelte.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Az.: I/2 020-08-58