Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 242/2003 vom 21.02.2003

VG Münster zu § 51 a LWG NRW

Das Verwaltungsgericht Münster hat mit Urteil vom 14.08.2002 (Az.: 9 K 3370/00), entschieden, dass ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch darauf hat, dass sein Grundstück hinsichtlich des anfallenden Niederschlagswasser vom Anschluss- und Benutzungszwang befreit wird. Ein solcher Befreiungsanspruch sei bereits nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Landeswassergesetzes NRW ausgeschlossen. Danach seien die Gemeinden zur Abwasserbeseitigung verpflichtet. Da im Bereich des klägerischen Grundstücks eine betriebsbereite (gemeindliche) Abwasseranlage bestehe, sei die Stadt aufgrund der §§ 51, 51 a und 53 LWG NRW verpflichtet, das Abwasser zu beseitigen. Zum Abwasser gehöre nach der Begriffsbestimmung des § 51 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW auch das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser). Mit einer Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang würde die Gemeinde daher gegen ihre eigene Verpflichtung (Abwasserbeseitigungspflicht) verstoßen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 51 a Abs. 2 Satz 1 LWG NRW, wonach der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks das Niederschlagswasser zu beseitigen habe, das auf seinem Grundstück anfalle und versickere, verriesele oder ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden könne. Eine solche Verpflichtung zur Beseitigung des Niederschlagswassers obliege dem Kläger im vorliegenden Fall nicht, da diese Pflicht nach § 51 a Abs. 1 LWG NRW nur für Grundstücke gelte, die nach dem 1. Januar 1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen worden seien. Das klägerische Grundstück sei jedoch bereits 1986 erstmals bebaut und an die öffentliche Kanalisation angeschlossen wurden. Zudem gelte nach § 51 a Abs. 4 Satz 1 LWG NRW die Pflicht zur ortsnahen Regenwasserbeseitigung nicht, wenn Niederschlagswasser – wie hier – im Trennsystem in eine bereits vorhandene Kanalisation abgeleitet würde und weiterhin abgeleitet werden könne. So sei der Einschub des Abs. 4 in § 51 a LWG NRW im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens damit begründet worden, dass der neue Abs. 4 klarstelle, dass die Verpflichtung generell dann nicht bestehe, wenn eine Kanalisation vorhanden sei, also das Niederschlagswasser ohne Vermischung mit Schmutzwasser abgeleitet werden könne (vgl. Landtags-Drs. 11/8440, S. 230). Zudem würde in der Begründung des Gesetzentwurfes (Landtags-Drs. 11/7653, S. 188) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beseitigung des Niederschlagswassers im Wege der Trennkanalisation der Zielsetzung (des Gesetzes) entspreche.

Eine Freistellung des klägerischen Grundstücks vom Anschlusszwang komme schliesslich nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen in Betracht. Diese wäre nur dann der Fall, wenn das Anschlussverlangen enteignet wirke oder auch unter Berücksichtigung der von der Satzung und dem Gesetzgeber des Landeswassergesetzes vorgegebene Zwecke gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12.02.1996 – 22 A 4244/95, NWVBl 1996, S. 434 ff.). Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen seien Anhaltspunkte weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Anschluss- und Benutzungszwang gelte auch für bereits bebaute Grundstücke und stelle insoweit grundsätzlich keine entschädigungspflichtige Enteignung, sondern eine im Rahmen der Sozialbindung liegende und damit nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 des Grundgesetzes zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums dar. Nur dann, wenn die Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwanges für den Betroffenen unter Berücksichtigung des Gemeinwohls eine unzumutbare Härte bedeuten würde, sei durch die Zulassung einer Ausnahme Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall läge jedoch eine solche unzumutbare Härte nicht vor. Dieses gelte auch soweit der Kläger tatsächlich in länger andauernden Trockenperioden Frischwasser zur Bewässerung seines Grundstücks benötige und ihm dadurch Kosten entstünden würden. Solche Kosten seien im Hinblick auf die widerstreitenden öffentlichen Interessen grundsätzlich hinnehmbar.

Das Urteil des VG Münster vom 14. August 2002 (Az.: 9 K 3370/00) steht in Übereinstimmung mit der bislang bekannt gewordenen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen. Auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte mit Urteil vom 19.10.2001 (Az.: 15 K 3291/99) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang an die gemeindliche Abwasseranlage für das auf seinem Grundstück anfallende Niederschlagswasser (Regenwasser) hat, wenn dieses Grundstück vor dem 01.01.1996 an die gemeindliche Abwasseranlage angeschlossen worden ist.

Gleichwohl wird diese klare und nachvollziehbare Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen durch das Urteil des OVG vom 18.01.2003 (Az.: 15 A 4751/01) in Frage gestellt. Das OVG NRW vertritt in seinem Urteil vom 28.01.2003 die Rechtsauffassung, auf der Grundlage des § 9 Satz 1 Gemeindeordnung NRW könne ein Anschluss- und Benutzungszwang für Niederschlagswasser von privaten Grundstücken nicht angeordnet werden. Die Beseitigung des Niederschlagswassers (Regenwassers) diene – so das OVG NRW – jedenfalls in dem konkret zu entscheidenden Fall nicht der Volksgesundheit, weil eine Ableitung des Regenwassers von dem Grundstück der Klägerin im Trennkanalsystem (Schmutzwasserkanal, Regenwasserkanal) erfolge, so dass kein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet werden könne. Das Urteil des OVG NRW vom 28.01.2003 (Az.: 15 A 4751/01) ist nicht rechtskräftig und führt dazu, dass die Regelungsystematik des § 51 a Landeswassergesetz NRW ausgehebelt wird und leerläuft. Vor diesem Hintergrund hat die Geschäftsstelle des StGB NRW bereits eine Gesetzesänderung eingefordert. Insoweit wird auf die Mitteilungsnotiz „OVG NRW: Regenwasser und § 9 Gemeindeordnung“ in diesem Heft verwiesen.

Az.: II/2 24-30 qu/g

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