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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 293/2015 vom 09.04.2015
VG Neustadt zu Erweiterung eines Rinderstalls und Nachbarrechten
Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit Urteil vom 23. Februar 2015 (Az.: 3 K 34/14.NW) entschieden, dass eine Bewohnerin aus Krähenberg (Rheinland-Pfalz) durch die von der Kreisverwaltung einem Bauherrn erteilte Baugenehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Rinderlaufstalls von 90 Liegeboxen auf circa 200 Rinder nicht in eigenen Rechten verletzt wird. In einem Dorfgebiet müssten Geruchs- und Lärmimmissionen durch Rinderhaltung als ortsüblich hingenommen werden. Das gelte umso mehr, als die klagende Nachbarin ihr Anwesen zu einem Zeitpunkt gekauft habe, zu dem ihr Grundstück bereits von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden zur Rinderhaltung umgeben gewesen sei. Gegen das Urteil ist die Berufung zugelassen.
Die Klägerin erwarb 2006 ein mit einem Wohngebäude nebst landwirtschaftlichem Gebäude bebautes Grundstück in der Gemarkung Krähenberg zu Eigentum. Das Anwesen wurde von dem Vorbesitzer als landwirtschaftliche Betriebsstätte genutzt. Die Beigeladene betreibt als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb mit 157 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche und Rinderhaltung. Die Betriebsstätte einschließlich der Rinderstallungen befindet sich sowohl auf dem südwestlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Nachbargrundstück als auch auf dem nördlich an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Grundstück. Auf dem nördlich angrenzenden Grundstück hatte die Beigeladene 1997 einen genehmigten Rinderlaufstall mit circa 90 Liegeboxen errichtet. Später erhielt sie eine weitere Baugenehmigung für die Erweiterung des vorhandenen Rinderstalls.
Die Klägerin erfuhr hiervon durch den Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2013 und legte gegen die Baugenehmigung erfolglos Widerspruch ein. Anschließend erhob sie Klage, zu deren Begründung sie geltend machte, sie werde durch die erteilte Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt. Von dem erweiterten Rinderstall, der zu ihrem Grundstück hin offen sei, gingen unzumutbare Immissionen aus. Bei der beabsichtigten Haltung von Milchkühen sei auch mit einer überdurchschnittlichen Lärmentstehung zu rechnen. Ferner sei die Fliegenpopulation im Umkreis der Milchkühe unzumutbar.
Geruchsbelastung zumutbar
Das im Außenbereich liegende Bauvorhaben der Beigeladenen verletze die am Rande eines Dorfgebiets wohnende Klägerin nicht in ihren Rechten, so das VG. Deren Anwesen sei zum einen durch seine Lage am Rand eines Dorfgebiets zum Außenbereich und zum anderen durch die „Einkesselung“ durch landwirtschaftliche Betriebsgebäude der Beigeladenen zur Rinderhaltung geprägt.
Ein landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetrieb wie der der Beigeladenen sei mit seinen entsprechend häufigen Geruchsemissionen in einer solchen Gemengelage bei gebotener gegenseitiger Akzeptanz und Rücksichtnahme der unterschiedlichen Nutzungen in einem Dorfgebiet als ortsüblich anzusehen und hinzunehmen, zumal die Geruchsqualität „Rind“ kaum belästigend wirke. Auch würden die Gerüche aus der Rinderhaltung der Beigeladenen aufgrund der vorherrschenden Windrichtung nicht hauptsächlich zu dem klägerischen Grundstück transportiert.
Zudem müsse die Vorbelastung berücksichtigt werden. Denn die Klägerin habe sich mit dem Erwerb ihres Anwesens im Jahr 2006 quasi in einen Rinderstall „eingekauft“. Eine Verschlechterung der Geruchsbelastung gegenüber dem Zustand vor Errichtung des 2010 genehmigten Erweiterungsbaus auf dem klägerischen Anwesen sei insoweit nicht zu erkennen. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch die Erweiterung des Stallgebäudes könne die Klägerin auch nicht auf die mit der Tierhaltung verbundenen Lärmimmissionen stützen.
Die im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes auftretenden Geräusche, insbesondere Maschinen- und Traktorengeräusche, und die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Wohnnutzung müssten unter Zugrundelegung der Schutzwürdigkeit eines Dorfgebietes als typische Begleiterscheinungen eines ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Betriebes im Regelfall als ortsüblich hingenommen werden.
Schließlich sei auch die von der Klägerin geltend gemachte Belästigung durch die aus dem Rinderstall herrührende Fliegenpopulation nicht unzumutbar. Eine gewisse Fliegenpopulation sei in einem Rinderstall nicht zu vermeiden und als typisch für eine landwirtschaftliche Tierhaltung in einem Dorfgebiet und am Rande zum Außenbereich hinzunehmen. In der Regel sei die Dichte der Population zudem abhängig von der Jahreszeit und schwanke auch von Jahr zu Jahr.
Az.: II gr-ko