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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 274/1999 vom 20.04.1999
VG Stuttgart zum abfallrechtlichen Betretungsrecht
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 09.02.1999 (AZ: 13 K 1945/97) klargestellt, daß die untere Abfallwirtschaftsbehörde (in Nordrhein-Westfalen: kreisfreie Städte, Kreise) nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) befugt ist, Privatgrundstücke zur Kontrolle der Erfüllung der Verpflichtungen nach den §§ 5, 11 KrW-/AbfG zu betreten. In den §§ 5, 11 KrW-/AbfG sind die Grundpflichten der Abfallbesitzer/Abfallerzeuger zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung der Abfälle geregelt. Nach § 40 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG wird insoweit das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) eingeschränkt. Das Betretungsrecht nach § 40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG ist zwar nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart nicht auf das Betreten von Grundstücken zur Kontrolle der Abfallüberlassungspflichten nach § 13 KrW-/AbfG gerichtet. Daß in Ausübung des Betretungsrechtes nach § 40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG aber auch Feststellungen zur Frage des Bestehens und der Einhaltung von Überlassungspflichten nach § 13 KrW-/AbfG getroffen werden können, steht gleichwohl nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart der Rechtmäßigkeit eine Überwachungsmaßnahme grundsätzlich nicht entgegen, wenn sich bei einer rechtmäßigen Überprüfungsmaßnahme solche Feststellungen zwangsläufig ergeben. Etwas anderes gelte nur dann, wenn mit der Überprüfungsmaßnahme gerade das Bestehen und die Erfüllung von Überlassungspflichten überprüft werden soll.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart weist darauf hin, daß die Ausübung des Betretungsrechtes nach § 40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG kein Auskunftsverlangen nach § 40 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG, kein - vorangegangenes - nicht ordnungsgemäß erfülltes Auskunftsverlangen oder etwa Anhaltspunkte dafür voraussetzt, daß öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt worden sind. Vielmehr geht es allein um eine effektive Überwachung der Einhaltung der Grundpflichten des Kreislaufwirtschaft im Rahmen von Routinekontrollen. Insoweit ist nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart auch eine vorherige Anmeldung der Überwachungsmaßnahme nicht erforderlich, weil § 40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG in erster Linie gewährleisten soll, daß die Überwachungsbehörden sich an Ort und Stelle die notwendigen Erkenntnisse über die Beachtung oder Mißachtung der Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft und der Abfallbeseitigung verschaffen können. Im Hinblick auf die Effektivität insbesondere von Überraschungskontrollen ist es nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart auch ausreichend, wenn die mit der Überwachungsmaßnahme betrauten Personen sich in Abwesenheit des Auskunftspflichtigen gegenüber einem anwesenden sonstigen Betriebsangehörigen oder einer auf dem Grundstück anwesenden Person ausweisen. Ein Zuwarten auf den Auskunftspflichtigen könnte nämlich den Überwachungsvorgang verzögern und damit eine effektive Überwachung unmöglich machen.
Auch eine genaue Mitteilung des Überwachungsgegenstandes gegenüber der angetroffenen Person ist nicht erforderlich. Nach Ansicht des Gerichts ist es erforderlich, aber auch ausreichend, daß die kontrollierenden Personen sich kurz vor bzw. während der Besichtigung gegenüber der angetroffen, das Hausrecht des Betriebsinhabers ausübenden Person erklären, daß sie zur Prüfung der Einhaltung der Verpflichtung nach §§ 5 und 11 KrW-/AbfG den Betrieb betreten wollen bzw. betreten haben. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, Angaben über Einzelheiten des Besichtigungszweckes und vorgesehene Kontrollmaßnahmen zu machen, besteht dagegen auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht.
Auch eine Überwachungsmaßnahme außerhalb der regelmäßigen Geschäftszeiten ist nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart grundsätzlich möglich. Denn nach § 40 Abs. 2 Satz 2 KrW-/AbfG bestehen für das Betretungsrecht keine zeitlichen Schranken. Da jedoch der Zeitpunkt der Überwachungsmaßnahme maßgeblich durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geprägt wird, geht das Gericht mit der überwiegenden Literatur davon aus, daß die Berechtigten die Betriebsstätten grundsätzlich nur zu den üblichen Tages- bzw. Geschäftszeiten betreten dürfen, sofern nicht sachliche Gründe bestehen, die etwas anderes gebieten. Diese sachlichen Gründe sah das Verwaltungsgericht Stuttgart in dem entschiedenen Einzelfall als gegeben an, weil die Kontrollmaßnahme in erster Linie auf die mit einem Preßmüllfahrzeug der Klägerin tagsüber eingesammelten Abfälle gerichtet war und die Behörde erst gegen 18.30 Uhr Kenntnis davon erlangte hatte, daß dieses Fahrzeug nunmehr auf dem Betriebsgelände der Klägerin stand. Deshalb konnte die Überwachungsmaßnahme auch außerhalb der regelmäßigen Geschäftszeiten der Klägerin gegen 20.00 Uhr durchgeführt werden.
Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß in § 14 KrW-/AbfG ein Betretungsrecht zur Kontrolle der Erfüllung der Abfallüberlassungspflichten nach § 13 KrW-/AbfG für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (in Nordrhein-Westfalen: kreisfreie Städte, Kreise, kreisangehörige Städte und Gemeinden) geregelt ist. Insoweit wird auf § 18 der Muster-Abfallsatzung des NWStGB (Stand: 17. März 1999) und die Fußnoten 43 und 44 verwiesen.
Az.: II/2 31-02-5