Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 115/2018 vom 02.01.2018

Wasserschwundmengen und Schmutzwassergebühr

Durch verschiedene Städte und Gemeinden ist darüber berichtet worden, dass im Rahmen der Erhebung der Schmutzwassergebühr durch gebührenpflichtige Benutzer neue Sachverhalte für Wasserschwundmengen geltend gemacht werden. Hierzu gehören angebliche „Wasserschwundmengen“ in Altenheimen, weil Urin in Einwegwindeln gesammelt wird oder Trinkwasser, welches Getränkeautomaten zugeführt wird, um Getränke herzustellen.

Derartige Anträge sind aus folgenden Gründen abzulehnen: In der gebührenrechtlichen Rechtsprechung ist grundsätzlich anerkannt, dass bei der Erhebung der Schmutzwassergebühr so genannte Wasserschwundmengen abgezogen werden können, weil die Schmutzwassergebühr auf der Grundlage des so genannten Frischwassermaßstabes (Frischwasser bzw. bezogenes Trinkwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung = Schmutzwasser) erhoben wird (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.12.2012 — Az. 9 A 2646/11).

Nach der Rechtsprechung ist die Gemeinde allerdings satzungsrechtlich befugt, dem gebührenpflichtigen Benutzer hinsichtlich der Wasserschwundmenge die Beweislast auf seine Kosten aufzuerlegen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.12.2012 — Az. 9 A 2646/11-; OVG NRW, Urteil vom 30.07.2012 — Az. 9 A 2799/10-, jeweils abrufbar unter www.justiz.nrw.de).

Grundsätzlich kann satzungsrechtlich vorgegeben werden, dass Wasserschwundmengen durch den gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer durch einen messrichtig funktionierenden Wasserzähler nachgewiesen werden müssen (vgl. hierzu: § 4 Abs. 4 und 5 der Muster-Satzung des StGB NRW über die Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen, Abwassergebühren und Kostenersatz — Stand: 12.09.2016).

Ist der Einsatz von Messeinrichtungen im Einzelfall technisch nicht möglich oder zumutbar, so muss dem gebührenpflichtigen Benutzer satzungsrechtlich die Nachweisführung mit nachprüfbaren Unterlagen auferlegt werden (vgl. hierzu: § 4 Abs. 5 der Muster-Satzung des StGB NRW über die Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen, Abwassergebühren und Kostenersatz — Stand: 12.09.2016).

Dabei müssen diese Unterlagen geeignet sein zu belegen, aus welchen nachvollziehbaren Gründen Wassermengen der öffentlichen Abwasseranlage (Abwasserkanalisation) nicht zugeleitet worden sind und wie groß diese Mengen sind, d. h. der Grund und die Höhe des Wasserverlustes (der Wasserschwundmenge) müssen schlüssig und nachvollziehbar rechnerisch dargelegt werden können (vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.07,.2012 — Az. 9 A 2799/10; VG Münster, Urteil vom 22.01.2010 — Az. 7 K 711/09).

Bezogen auf ein Fitnesscenter, in welchem Wasser verwendet wird, um Getränkeautomaten durch die Zuführung von Frischwasser zu speisen und daraus Getränke herzustellen, kann nur darauf hingewiesen werden, dass ein derzeitiger Abzug von Wasserschwundmengen zwar grundsätzlich durch einen Wasserzähler dokumentiert werden könnte.

Es ist aber zu berücksichtigen, dass der öffentlichen Abwasserkanalisation nicht nur das Frischwasser in der Form des Schmutzwassers zugeführt wird, sondern darüber hinaus auch Urin von den Kunden zugeleitet wird, welche die Toilettenanlagen des Fitnesscenters benutzen. Diese Urinmengen werden aber nicht gemessen, d. h. auf den Toilettenanlagen wird nicht festgestellt, wie viel „Schmutzwasser“ die Gäste/Kunden zusätzlich („über den Toilettenspülvorgang hinaus“) dem Kanal und damit der gemeindlichen Abwasserkanalisation zuleiten.

Das physiologische Fassungsvolumen einer menschlichen Harnblase liegt jedenfalls zwischen 0,3 und 0,5 Litern, die bei einem Entleerungsvorgang der gemeindlichen Abwasserkanalisation über den Toilettenspülvorgang hinaus zugeführt werden. Diese zusätzlichen Zuführungen von „Schmutzwasser“ werden durch den Frischwassermaßstab (Frischwasser = Schmutzwasser) gleichwohl nicht erfasst und deshalb im Rahmen der Bemessung der Schmutzwassergebühr auch nicht abgerechnet.

Vor dem Hintergrund, dass die Kunden auch die Toilettenanlage benutzen, ist daher grundsätzlich von einem Ausgleich der Wasserschwundmengen auszugehen, wenn Getränke aus Frischwasser vor Ort hergestellt werden (so: Lönnendonker, Abwasserreport 4/2017, Seite 27 ff., Seite 30 und Lönnendonker, Abwasserreport 3/1998, Seite 13; Queitsch in: Hamacher/Lenz/Menzel/Queitsch u. a., KAG NRW, Loseblattkommentar, § 6 KAG NRW, Rz. 161).

Deshalb kann nur empfehlen werden, etwaige Wasserschwundmengen durch die Speisung von Getränkeautomaten nicht anzuerkennen. Gleiches gilt für Urin, der Einwegwindeln zugeführt wird. Denn auch dieser Urin wird (s.o.) bei der Berechnung der Schmutzwassergebühr auf der Grundlage des Frischwassermaßstabes von vorherein nicht berücksichtigt, so dass aus diesem Grund die angeblichen Wasserschwundmengen (Urinschwundmengen) auch keine Berücksichtigung finden können.

Az.: 24.1.1 qu

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