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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 600/2019 vom 05.11.2019
Windenergie: Steuerliche Änderungen zugunsten der Kommunen
Der Ausbau von Windkraftanlagen an Land ist merklich ins Stocken geraten. Dies liegt nicht zuletzt auch an der mangelhaften Beteiligung der Standortgemeinden an der Wertschöpfung. Um die Akzeptanz zu erhöhen, stehen derzeit einige steuerrechtliche Anpassungen zur Diskussion.
Zur Förderung der Windkraft ist eine höhere Akzeptanz für Windenergieanlagen vor Ort wichtig. Ein Baustein hierfür ist eine stärkere steuerliche Beteiligung der Standortgemeinden an der Wertschöpfung. Die aktuellen Vorschläge sehen daher Anpassungen bei der Grundsteuer sowie der Gewerbesteuer vor.
Erhöhender Bewertungsfaktor Grundsteuer A
Standortflächen von Windkraftanlagen auf land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sollen nach der vom Bundestag am 18. Oktober 2019 beschlossenen Reform der Grundsteuer künftig immer der Grundsteuer A zugerechnet werden. Bei der Ermittlung des Ertragswertes werden diese Flächen mit einem erhöhenden Bewertungsfaktor von 84,24 Euro pro Ar berücksichtigt. Die Neuregelung greift spätestens zum 1. Januar 2025.
Der Bundestag hat den ursprünglichen Gesetzesentwurf im Übrigen nochmals präzisiert und begrifflich näher bestimmt. Im Gesetzestext wird nun von „Standortflächen der Windenergieanlage und der dazu gehörenden Betriebsvorrichtungen“ bzw. auch „Stromerzeugung aus Windenergie“ gesprochen. Unter § 233 des Gesetzes wurde bislang bewertungsrechtlich auf Sondergebiete für Windenergieanlagen abgestellt. Um Missverständnisse zum kataster- und bauplanungsrechtlichen Begriff des Sondergebiets für Windenergieanlagen auszuschließen, wird der Wortlaut der Norm präziser gefasst. Die Vorschrift regelt, dass Standortflächen (d. h. einschließlich der dazu notwendigen Umgriffsflächen) für Windenergieanlagen sowie dafür erforderliche Betriebsvorrichtungen wie Zuwegungen zur Windenergieanlage (vgl. BFH Urt. v. 11.4.2019 – IV R 3/17) dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zugerechnet werden. Zur weiteren Vereinfachung des Bewertungsverfahrens wird weder auf die unterschiedlichen bauordnungsrechtlichen Vorschriften der Länder noch auf anderweitige Genehmigungsverfahren abgestellt. Ausschlaggebend ist allein, ob es sich um tatsächlich genutzte Standorte für Windkraftanlagen handelt, wobei überwiegend im Außenbereich privilegiert zulässige Windenergieanlagen erfasst werden (§ 35 Absatz 1 BauGB), oder durch Aufstellung von Bebauungsplänen die planungsrechtlichen Grundlagen für Windenergieanlagen eigenständig geschaffen wurden. Alle übrigen Energieerzeugungsflächen werden weiterhin über § 232 Abs. 4 Nr. 1 BewG dem Grundvermögen zugerechnet.
Gesonderter Grundsteuerhebesatz auf Gebiete für Windenergieanlagen
Der vom Bundeskabinett am 16. Oktober 2019 beschlossene Gesetzesentwurf zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht sieht zur Förderung der Akzeptanz von Windenergieanlagen für die Gemeinden die Möglichkeit zur Festlegung eines neuen besonderen Hebesatzes vor.
Hierzu soll das im Rahmen der Reform der Grundsteuer am 18. Oktober 2019 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (Grundsteuer C) um einen Absatz zur Ermöglichung eines gesonderten Hebesatzes auf Gebiete für Windenergieanlagen ergänzt werden. So kann eine Gemeinde ab dem Jahr 2025 „Gebiete für Windenergieanlagen und die dort belegenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen als besondere Grundstücksgruppe innerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens bestimmen und abweichend von Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 für diese Grundstücksgruppe einen gesonderten Hebesatz festsetzen.“ Dieser Hebesatz muss höher als der jeweilige Hebesatz für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen beziehungsweise das Grundvermögen sein und zudem für die gesamte Grundstücksgruppe einheitlich gelten.
Gewerbesteuerliche Zerlegung bei Wind- und Solarenergieanlagen
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz 2019 (Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften) eine Änderung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG vorgeschlagen, um die Standortgemeinden von Wind- und Solarenergieanlagen stärker an der entsprechenden Wertschöpfung zu beteiligen.
Die derzeitige Regelung sieht bereits einen besonderen gewerbesteuerlichen Zerlegungsmaßstab bei Unternehmen, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Wind- und Solaranlagen betreiben, vor, die sog. „70/30-Regel“. Danach werden 30 Prozent des Gewerbesteuermessbetrages nach den in den Betriebsstätten anfallenden Arbeitslöhnen im Verhältnis zu den Arbeitslöhnen aller Betriebsstätten und 70 Prozent des Gewerbesteuermessbetrages nach dem Verhältnis des steuerbilanziellen Sachanlagevermögens in den einzelnen Betriebsstätten verteilt. Stark vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies letztlich, dass bei einem Energieerzeuger aus Windkraft 30 Prozent der Gewerbesteuer am Sitz des Unternehmens anfallen (Bezugsgröße: Arbeitslöhne) und 70 Prozent in der Standortgemeinde (Bezugsgröße: Sachanlagevermögen). Die Erwartungen an eine angemessene Beteiligung der Standortgemeinden an der Gewerbesteuer haben sich mit dieser Regelung und der Anknüpfung an den Buchwert des Sachanlagevermögens jedoch nicht erfüllt. Schließlich erzielen EE-Anlagen in der Anlaufphase aufgrund der hohen Abschreibungen und Finanzierungskosten in der Regel keine oder nur geringe Gewinne. Da sich der Wert des Sachanlagevermögens der Wind- und Solarenergieanlagen jährlich um die Abschreibungsbeträge reduziert, werden die Standortgemeinden auch später gar nicht bzw. nur in äußerst geringem Maße an der Wertschöpfung beteiligt.
Der Bundesrat schlägt daher hinsichtlich der gewerbesteuerlichen Zerlegung bei Wind- und Solarenergieanlagen vor, künftig bei den 70 Prozent anstelle des Sachanlagevermögens auf die installierte Leistung abzustellen. Dieser Vorschlag ist nicht neu, sondern wurde bereits im Jahr 2014 vom Bundesrat eingebracht. Damals wurde der Vorschlag von der Bundesregierung jedoch abgelehnt. Angesichts der Klimaoffensive der Bundesregierung und der Tatsache, dass der Vorschlag diesmal keine Ausdehnung des speziellen Zerlegungsmaßstabs auf alle Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien vorsieht, sind die Erfolgsaussichten gestiegen.
In der Gegenäußerung zur Bundesratsstellungnahme hat die Bundesregierung mitgeteilt, den Vorschlag zu prüfen.
Informationen zur Reform Grundsteuer:
www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw26-de-grundsteuer-648982
Gesetzesentwurf zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/143/1914338.pdf
Bundesratsstellungnahme Jahressteuergesetz 2019:
www.bundesrat.de
Az.: 41.6.4.9-007/001