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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 379/1996 vom 05.08.1996
Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden: Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes
Eine auch für die wirtschaftliche Betätigung nordrhein-westfälischer Städte und Gemeinden interessante Entscheidung hat der Hessische VGH (Beschluß vom 17.01.1996 - 6 TG 4316/95 -) getroffen. Im konkreten Streitfall hatte ein privater Konkurrent von einer Gemeinde verlangt, auf ein gemeindliches Beteiligungsunternehmen (Anteil der Gemeinde: 26,4 %) mit einer bestimmten Zielsetzung einzuwirken. Der Hessische VGH lehnt das Ansinnen des privaten Konkurrenten ab und stellt seinen Gründen folgenden Leitsatz voran:
"Private Konkurrenten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens, an dem eine Gemeinde beteiligt ist, haben gegen die Gemeinde grundsätzlich keine Ansprüche darauf, daß sie auf das Unternehmen in bestimmter Weise einwirkt (Einwirkungsansprüche), sofern durch das Unternehmen die private Konkurrenz nicht unmöglich gemacht wird."
In den Gründen stellt der Hessische VGH zunächst fest, daß sich der behauptete öffentlich-rechtliche Einwirkungsanspruch (EA) nicht aus den die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden betreffenden Vorschriften der §§ 121, 122, 127 c und 134 Abs. 2 der hessischen Gemeindeordnung herleiten lasse. Diese Vorschriften entsprechen im wesentlichen den §§ 107, 108 GO NW. Ohne weitere eingehende Begründung stellt das Gericht fest, daß diese Regelungen nicht einschlägig sind. Soweit der Anspruch auf die Grundrechte gestützt wurde, führt das Gericht folgendes aus:
"Der von den Ast. behauptete EA folgt auch nicht aus Art. 12 und 14 GG. Das Hinzutreten des Staates oder einer Gemeinde als Konkurrent beinhaltet lediglich eine Verschärfung des marktwirtschaftlichen Konkurrenzdrucks, vor der Art. 12 Abs. 1 GG nicht bewahrt, solange dadurch nicht die private Konkurrenz unmöglich gemacht wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.03.1995 - 1 B 211.94 - GewArch 1995, S. 329 f.; Urt. v. 22.02.1972 - I C 24.69 - BVerwGE 39, 329 ff., 336/337). Art. 14 GG schützt ebenfalls nicht vor dem Auftreten eines neuen, auch in öffentlicher Trägerschaft stehenden Konkurrenten, es sei denn, daß dieser durch eine behördliche Maßnahme eine unerlaubte Monopolstellung erlangt (BVerwG, Beschl. v. 21.03.1995, a.a.O., S. 330 m. w. N.). Abgesehen davon, daß die Agg. selbst nicht als Konkurrentin auftritt und sie auch nicht Trägerin der Beigel. ist, sondern an dieser lediglich zu 26,4 % beteiligt ist, hat die Beigel. keine Monopolstellung erlangt. Denn es ist den Ast. und auch anderen privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen nach wie vor möglich, Plakatwerbung zu betreiben, wenn sich auch der Konkurrenzdruck, dem die anderen Unternehmen von Seiten der Beigeladenen ausgesetzt sind, verschärft haben wird.
Der EA folgt auch nicht aus Art. 43 Abs. 1 der Hess. Verfassung (vergleichbar: Art. 28 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen). Nach dieser Vorschrift sind selbständige Klein- und Mittelbetriebe in Landwirtschaft, Gewerbe, Handwerk und Handel durch Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und besonders vor Überlastung und Aufsaugung zu schützen. Abgesehen davon, daß zweifelhaft ist, ob dadurch die Gemeinden verpflichtet werden, bei privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, darauf hinzuwirken, daß die angesprochene Förderung gewährt bzw. der Schutz vor Überlastung und Aufsaugung beachtet wird, ergibt sich daraus kein dahingehender Anspruch einzelner Klein- und Mittelbetriebe.
Az.: V/2-810-05