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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 271/2002 vom 05.05.2002
Zweiter Rettungsweg
Nach § 17 Abs. 3 BauO NRW kommt als 2. Rettungsweg in Betracht
- ein weiterer baulicher Rettungsweg oder
- eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr zu erreichende Stelle.
Ist ein 2. baulicher Rettungsweg nicht vorhanden und ist die Feuerwehr nicht in der Lage, mit ihren Rettungsgeräten an eine anleiterbare Stelle zu gelangen (z.B. wie in dem vom OVG NW in seinem Urteil vom 28.08.2001 - 10 A 3051/99 - zugrundeliegenden Fall: Hinterhaus, Zugang zum Hof nur durch einen schmalen Hausflur und rechtwinklig abzweigendem Ausgang zum Hinterhof, bei dem ein Hindurchtragen der Leiter nicht möglich ist), liegt eine konkrete Gefahr vor. In diesem Fall hat die Bauaufsichtsbehörde entweder die Erreichbarkeit der für die Rettungsgeräte der Feuerwehr notwendigen Stelle oder einen zweiten baulichen Rettungsweg zu fordern. Eine Notleiter kann diesen Zweck nicht erfüllen, da nach Auffassung des Gerichts die Personen sich in diesen Fällen selbst retten können müssen. Der 2. Rettungsweg muß dann so beschaffen sein, daß er auch von älteren, gebrechlichen Personen, Kindern usw. genutzt werden kann, ohne daß neue Gefahren entstehen. Diesen Anforderungen genügt nach Auffassung des OVG NW in der zitierten Entscheidung eine Notleiter nicht, weil diese nicht ohne ein gewisses Maß an körperlicher Beweglichkeit und Geschicklichkeit genutzt werden kann. Die Notleiter ist auch kein Rettungsgerät der Feuerwehr i.S.d. § 17 Abs. 3 BauO NRW.
Sofern ein 2. Rettungsweg nicht über Rettungseinrichtungen der Feuerwehr hergestellt werden kann, muß ein weiterer baulicher Rettungsweg gefordert werden, der die Selbstrettung der Personen im Gebäude gewährleisten kann, z.B. der Anbau einer Spindeltreppe als Außentreppe.
Nach Auffassung der Obersten Bauaufsichtsbehörde ist die Außentreppe kein Vorbau i.S. des § 6 Abs. 7 BauO NRW, weil der Begriff "Vorbauten" unselbständige mit dem Gebäude verbundene Bauteile umfaßt, die aus funktionalen oder gestalterischen Gründen aus Wänden vorspringen wie Balkone und Erker. Verstößt eine Außentreppe gegen die Vorschriften des § 6 BauO NRW und kann die erforderliche Abstandfläche nicht gem. § 7 BauO NRW auf dem Nachbargrundstück gesichert werden, ist zu überprüfen, ob eine Abweichung nach § 73 BauO NRW erteilt werden kann. Die Tatbestandsvoraussetzungen zur Erteilung einer Abweichung dürften in diesen Fällen vorliegen. Da eine Außentreppe aufgrund ihrer Abmessung, ihrer Baumasse und ihrer transparenten offenen Ausführungsart nur relativ geringfügig in Erscheinung tritt und die Schutzfunktion der Abstandflächen nicht spürbar beeinträchtigt, führt die nach § 73 BauO NRW vorzunehmende Abwägung des Interesses des Bauherrn, einen für ein bestehendes Gebäude notwendigen Rettungsweg nachträglich errichten zu können, gegenüber den nachbarlichen Interessen zu einer Entscheidung zugunsten des Bauherrn. Eine solche Abweichung ist auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar, da ein öffentliches Interesse an der Herstellung der nach der BauO NRW erforderlichen Rettungswege besteht.
Az.: II/1 660-00/1