Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 517/2020 vom 20.07.2020

Zweitwohnungssteuer - Nacherhebung nach zu geringer Festsetzung

Mit Beschluss vom 20.09.2019 - 4 ZB 19.572 - hat sich der bayerische Verwaltungsgerichtshof zur Rechtmäßigkeit eines weiteren Abgabenbescheids geäußert, mit dem nach einer zuvor zu niedrig erfolgten Schätzung nachträglich ein die zuvor festgesetzte Zweitwohnungssteuer erhöhender Differenzbetrag festgesetzt wird.

Nachdem der Steuerschuldner bereits vor dem Verwaltungsgericht München seiner Klage gescheitert war, scheiterte auch sein Antrag auf Zulassung einer Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Der Kläger hatte u. a. geltend gemacht, bei dem zweiten Bescheid handle es sich um einen sogenannten Änderungsbescheid, durch den der Erstbescheid vollständig oder in Teilen aufgehoben werde. Eine parallele Festsetzung für dieselben Veranlagungsjahre durch drei Bescheide sei rechtlich nicht möglich. Wegen der erfolgten Festsetzung einer höheren Steuer handle es sich um eine Verböserung, die nur nach vorherigem Hinweis zulässig sei und für die es einer Ermächtigungsgrundlage bedürfe. Eine solche sei weder in der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten noch im bayerischen Kommunalabgabengesetz ausdrücklich enthalten.

Dem ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Unzutreffend sei bereits der Ausgangspunkt der klägerischen Ausführungen, wonach es sich bei dem (allein streitgegenständlichen) späteren Zweitwohnungssteuerbescheid um einen die früheren Festsetzungen teilweise außer Kraft setzenden Änderungsbescheid handle. Mit dem genannten Bescheid werden vielmehr, wie die dort enthaltene Auflistung der Differenzbeträge zeige, lediglich die für diese Besteuerungszeiträume zu entrichtende Zweitwohnungsteuer erstmals festgesetzt, soweit sie in den vorangegangenen Bescheiden wegen der (schätzungsbedingt) zu niedrig angesetzten Berechnungsgrundlagen noch nicht berücksichtigt war. Dass eine solche Nacherhebung in den Fällen einer zu niedrig festgesetzten Abgabe grundsätzlich zulässig und im Interesse eines rechtsstaatlichen, am Gleichheitsgrundsatz orientierten Verwaltungsvollzugs sogar geboten sei, entspreche allgemeiner Auffassung. Eine Nacherhebung bis zur materiell-rechtlich richtigen Höhe der Abgabe sei danach jederzeit möglich, solange - wie hier - noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Nacherhebung der Zweitwohnungsteuer sei auch nicht an die Bestimmungen über die Rücknahme bzw. den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte (§§ 130, 131 AO) gebunden gewesen. Bei den früheren Bescheiden habe es sich nach ihrem objektiv erkennbaren Regelungsgehalt (§§ 133, 157 BGB) um ausschließlich belastende Verwaltungsakte gehandelt, mit denen die Festsetzung eines darüber hinausgehenden Steuerbetrags für die Zukunft nicht ausgeschlossen worden sei. Zwar könnten auch solche Bescheide unter bestimmten Umständen ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen begründen (BVerwG, U.v. 6.1.1996 - 8 C 14.94 - NVwZ-RR 1996, 465/466). Dies sei hier aber schon deshalb zu verneinen, weil die früheren „günstigeren“ Bescheide - für den Kläger ersichtlich - lediglich auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhten, die durch seine pflichtwidrig nicht abgegebene Zweitwohnungssteuererklärung veranlasst worden war. Entgegen den Ausführungen des Klägers habe somit keine eigenständige „Verböserung“ der vorangehenden Bescheide vorgelegen, an die besondere Anforderungen hinsichtlich der Ermächtigungsgrundlage zu stellen wären und zu der es einer gesonderten Anhörung bedurft hätte.

Az.: 41.6.4.5.1-002/003 mu

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