Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Januar-Februar 2010
Gebührenpflicht bei Entwässerung durch Landesbetrieb Straßenbau NRW
Der Landesbetrieb Straßenbau NRW darf nicht länger das Niederschlagswasser der Landesstraße 30 auf dem Gebiet der Stadt Düsseldorf außerhalb der Ortsdurchfahrt unentgeltlich über das Kanalnetz der Stadt entsorgen. Ein noch vor Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes geschlossener unbefristeter Vertrag aus dem Jahr 1972, der eine unentgeltliche Entwässerung des Niederschlagswassers zum Gegenstand hatte, konnte wegen Wegfall der gemeinsamen Geschäftsgrundlage wirksam gekündigt werden (nichtamtliche Leitsätze).
OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2009
- Az.: 9 A 2045/08 -
Der Landschaftsverband Rheinland als Rechtsvorgänger des Landesbetriebs Straßenbau NRW hatte 1972 mit der Stadt Düsseldorf einen unbefristeten Vertrag geschlossen, wonach die Stadt berechtigt war, in der Trasse der Straße einen Kanal zu verlegen. Dafür wurde dem Rechtsvorgänger des Landesbetriebes erlaubt, das Niederschlagswasser von der Straße unentgeltlich über das Kanalnetz der Stadt zu entsorgen. Eine Kündigungsmöglichkeit sah der Vertrag nicht vor. Im Januar 2005 machte die Stadt gegenüber dem inzwischen zuständigen Landesbetrieb eine Anpassung mit der Begründung geltend, die für den Vertragsabschluss maßgeblichen Verhältnisse hätten sich so erheblich geändert, dass der Stadt die unentgeltliche Entsorgung des Niederschlagswassers nicht länger zuzumuten sei. Ein im Juli 2005 geführtes Gespräch führte zu keiner Einigung. Nachdem der Landesbetrieb sich in der Folgezeit nicht mehr bei der Stadt meldete, kündigte die Stadt Ende September 2006 den Vertrag.
Mit der dagegen gerichteten Klage beantragte der Landesbetrieb beim VG Düsseldorf festzustellen, dass der Vertrag nicht durch die Kündigung wirksam beendet sei. Diese Klage wies das VG mit der Begründung ab, die von den Parteien zur gemeinsamen Geschäftsgrundlage gemachten Umstände hätten sich grundlegend geändert. Bei Vertragsabschluss seien beide Vertragspartner davon ausgegangen, für die von der Stadt erbrachte Entwässerungsleistung bestehe keine Gebührenpflicht, so dass die Entwässerungsleistung durch die Gestattungsleistung angemessen entgolten sei.
Nach Einführung des Kommunalabgabengesetzes NRW und einer entsprechenden Satzungsbestimmung sei die Entwässerung von Straßengrundstücken demgegenüber ab 1976 gebührenpflichtig geworden. Seither stünden Gestattungsleistung und Entwässerungsleistung nicht mehr in einem adäquaten Ausgleichsverhältnis und eine Fortsetzung des Vertrages sei für die Stadt nicht mehr zumutbar. Allein im Jahr der Kündigung habe die Entwässerungsleistung etwa den siebenfachen Wert gegenüber der Gestattungsleistung gehabt. Da der Landesbetrieb keine ernsthafte Bereitschaft gezeigt habe, die bestehende Äquivalenzstörung im Vertragsverhältnis zu beheben, sei die Stadt zur Kündigung berechtigt gewesen.
Den gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht NRW nunmehr mit dem Beschluss mangels ausreichender Darlegung eines Zulassungsgrundes abgelehnt.
Ersatzpflicht des Dienstherrn
Nach dem Landesbeamtengesetz kann der Dienstherr für Gegenstände, die üblicherweise im Dienst mitgeführt werden und in Ausübung des Dienstes beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind, Ersatz leisten. Von dieser Regelung werden aber nur unmittelbare Schäden erfasst (nichtamtliche Leitsätze).
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 11. November 2009
- Az.: 12 K 2532/08 -
Der Kläger ist als städtischer Beamter in der Lebensmittelüberwachung tätig und nutzt zu Betriebskontrollen mit Einverständnis seiner Behörde seinen privaten Kraftwagen. Nach einer Reifenpanne am rechten Hinterrad ließ der Kläger wegen der unterschiedlichen Profiltiefen auf Empfehlung seiner Werkstatt aus Sicherheitsgründen beide hinteren Reifen für 267,- € erneuern und machte den Betrag bei seinem Dienstherrn geltend. Dieser erstattete jedoch lediglich 133,- € für den beschädigten Reifen.
Nachdem ein Vergleichsvorschlag des Gerichts beim Kläger keine Zustimmung fand, wurde der Streit durch Urteil vom 11. November 2009 im schriftlichen Verfahren entschieden. Das Gericht musste der Frage, ob ein Wechsel beider Hinterreifen aus Sicherheitsgründen erforderlich war, nicht nachgehen, denn der Anspruch auf Ersatz auch des zweiten Reifens bestand bereits aus Rechtsgründen nicht.
Nach dem Landesbeamtengesetz kann der Dienstherr für Gegenstände, die üblicherweise im Dienst mitgeführt werden und in Ausübung des Dienstes beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind, Ersatz leisten. Von dieser Regelung werden aber nur unmittelbare Schäden erfasst. Ein solcher unmittelbarer Schaden ist hier (nur) am rechten hinteren Reifen des Kraftwagens des Klägers aufgetreten. Bei den Kosten für den neuen linken hinteren Reifen handelt es sich dagegen um einen sonstigen, von der Ersatzmöglichkeit des Landesbeamtengesetzes nicht erfassten Vermögensschaden, da dieser Reifen nicht im Dienst beschädigt worden ist. Diesen weitergehenden Schaden muss der Dienstherr auch nicht aufgrund seiner Fürsorgepflicht ersetzen.
Ergänzungsabgabe nach Solidaritätszuschlags-Gesetz
Nach Überzeugung des Niedersächsischen Finanzgerichts ist die Ergänzungsabgabe nach dem Solidaritätszuschlagsgesetz spätestens ab dem Jahr 2007 verfassungsrechtlich nicht mehr gedeckt (nichtamtlicher Leitsatz).
FG Niedersachsen, Beschluss vom 25. November 2009
- Az.: 7 K 143/08 -
Seit 1991 (mit Unterbrechung) bzw. 1995 (durchgängig) wird der Solidaritätszuschlag im Wege einer Ergänzungsabgabe i.H.v. 5,5 % auf die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer erhoben. Das jährliche Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag beträgt derzeit rund 12 Mrd. EUR. Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hält die andauernde Erhebung des Solidaritätszuschlags für verfassungswidrig und hat das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen 7 K 143/08 dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Ergänzungsabgabe nach dem Solidaritätszuschlagsgesetz spätestens ab dem Jahr 2007 ihre verfassungsrechtliche Berechtigung verloren hat. Eine Ergänzungsabgabe diene nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur der Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen. Mit dem Solidaritätszuschlag sollen die Kosten der deutschen Einheit finanziert werden. Hierfür besteht nach Auffassung des Gerichts kein vorübergehender, sondern ein langfristiger Bedarf. Dieser darf nicht durch die Erhebung einer Ergänzungsabgabe gedeckt werden.
Das Gericht hat das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem BVerfG zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt. Ergänzender Hinweis: Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 07.12.2009 - IV A 3 - S 0338/07/10010 - darauf hingewiesen, dass im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten Festsetzungen des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2005 hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vorläufig gem. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorzunehmen sind.