Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Juni 2001
Meisterbrief für Herstellung von Fladenbroten
Wer einfache Weißbrote backt, braucht hierfür keinen Meistertitel im Bäckerhandwerk (nichtamtlicher Leitsatz).
- Amtsgericht Paderborn, Urteil vom 20.03.2001
– Az.: 25 OWI 372 JS 139/01 126/01 –
Ein türkischer Pide-Bäcker aus Paderborn sollte ein Bußgeld in Höhe von 1.000,- DM bezahlen, weil er täglich bis zu 800 der Fladenbrote produziert und verkauft hatte, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein.
Das Amtsgericht Paderborn hob den Bußgeldbescheid gegen den Pide-Bäcker auf. Als Begründung führt das Gericht an, daß zur Herstellung derartiger Backwaren keine besonderen Fachkenntnisse erforderlich seien, so daß die Handwerksordnung für diese Tätigkeit nicht gelte und ein Eintrag in der Handwerksrolle daher nicht erforderlich sei.
Maklerdienste bei Ausschreibung von Versicherungen
Es liegt ein Verstoß gegen Vergaberecht vor, wenn einem erfolgreichen Bieter eine Courtageverpflichtung für Maklerleistungen auferlegt wird, die der Bieter – gäbe es die entsprechende Bestimmung in den Ausschreibungsunterlagen nicht – nicht vergüten müßte (nichtamtlicher Leitsatz).
- OLG Celle Beschluß vom 01.03.2001
– Az.: 13 VerG 1/01 –
Nach den Entscheidungen des OLG Rostock vom 29.09.1999 – Az.: 17 W 1/99 – und des OLG Düsseldorf vom 18.10.2000 Az.: - Verg. 3/00 – (vgl. Mitteilungen Nr. 819 vom 05.12.1999 bzw. Nr. 676 vom 05.12.2000) hat jetzt das OLG Celle mit Beschluß vom 1.3.2001 – Az.: 13 Verg. 1/01 – die Maklereinschaltung und Forderung einer Courtage im Rahmen der Ausschreibung von Versicherungsleistungen durch öffentliche Auftraggeber in einem weiteren Fall für unzulässig erklärt.
In dem zu überprüfenden Vergabeverfahren sah die Vergabestelle zwar nach außen hin davon ab, den Makler am Vergabeverfahren selbst zu beteiligen. Die Maklerklausel wurde aber so aufgenommen, daß die für die nach Vertragsabschluß zu leistenden Aufgaben des Maklers (Abwicklung des Inkasso/Faktorierung, Vertragsgestaltung/-verarbeitung, Dokumentierung, Schadenabwicklung etc.) eine vom Bieter zu entrichtende Courtage in Höhe von 85.000,- DM pro Kalenderjahr als Festbetrag ausgewiesen wurde.
Nach Auffassung des Gerichtes ist eine Courtageforderung auch dann unzulässig, wenn der Makler offiziell am Ausschreibungsverfahren nicht beteiligt ist, in der Ausschreibung jedoch für nach dem Vertragsabschluß (Zuschlag) vom Makler zu erbringende Betreuungsleistungen die Courtage von den Bietern in der Ausschreibung eingefordert wird. Dabei handele es sich um eine nicht den (erfolgreichen) Bieter treffende Schuld, weil eine Vermittlungs- oder Nachweistätigkeit des Maklers nicht angefallen ist, die allenfalls eine Courtageforderung rechtfertigen könnte. Mit einer solchen Forderung liege zum einen ein Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vor und zum anderen ein Verstoß gegen § 97 Abs. 4 GWB, wonach an Bieter – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – keine anderen Anforderungen als an die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gestellt werden können.
Supermarkt im Wohngebiet zulässig
Ein Geschäftshaus mit einem Selbstbedienungsmarkt mit ca. 800 qm Verkaufsfläche sowie weiteren kleineren Ladengeschäften u.a. für Schreibwaren, Zeitschriften und Backwaren ist seiner Nutzungsart nach in einem Wohngebiet zulässig (nichtamtlicher Leitsatz).
- OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. März 2001
- Az.: 1 A 12338/99 -
Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei dem beschriebenen Geschäftshaus nicht etwa um ein Einkaufszentrum, sondern lediglich um eine Ansammlung einzelner, der Versorgung des Gebiets dienender Läden im Sinne des § 4 BauNVO.
Dagegen spreche auch nicht die Größe des Selbstbedienungsmarktes. Zwar habe man früher angenommen, dass die Grenze für eine verbrauchernahe Versorgung bei rund 700 qm Verkaufsfläche liege, doch gebe es nunmehr aufgrund eines Strukturwandels im Einzelhandel eine Tendenz zu größeren Verkaufsflächen. Dies sei vor allem darauf zurück zu führen, dass die Verbraucher gerade im Frischesortiment auf ein immer breiteres Angebot Wert legten. Für Läden unter 800 qm Verkaufsfläche fänden sich daher kaum noch Investoren. Um die wohnraumnahe Versorgung mit Lebensmitteln weiter sicherzustellen, dürften die Maßstäbe für Läden, die der Versorgung des Gebiets dienen, daher nicht zu eng gefasst werden.
Kostenersatz für herrenlose Tiere
Ein Tierschutzverein muß den Beweis dafür führen, daß es sich bei einer abgegebenen Katze um ein Fundtier handelt, wenn er von der Gemeinde für die Unterbringung Kostenersatz erlangen will (nichtamtlicher Leitsatz).
- Amtsgericht Schönau/Schwarzwald, Urteil vom 11.04.2000
– Az.: C 71/99 –
Eine Bürgerin hatte bei dem zuständigen Tierschutzverein eine Katze abgegeben, die ihr wenige Tage zuvor zugelaufen war. Diese Katze wurde in einer Katzenpension, die die Vorsitzende des Tierschutzvereins betreibt, untergebracht. Die Katze ist dann rund einen Monat später weitervermittelt worden. Für die Zeit der Unterbringung in der Katzenpension sollte die Gemeinde, auf deren Gemarkung die Katze aufgegriffen worden war, 270,- DM (30 Tage zu je 9,- DM) zahlen. Die Gemeinde zahlte daraufhin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 120,- DM. Mit der Klage vor dem Amtsgericht macht der Kläger weitere 150,- DM geltend.
Das Gericht lehnte den Kostenersatzanspruch gegen die Gemeinde ab. Zum einen sei kein Verwahrungsvertrag zwischen den Parteien über die Aufnahme der Katze zu den geltend gemachten Vergütungssätzen zustande kommen. Auch aus der Tatsache, daß die Gemeinde bereits in einem früheren Fall die Kosten für die Unterbringung einer zugelaufenen Katze übernommen hatte, lasse sich ein Vertrag nicht konstruieren. Dem stehe schon entgegen, daß in dem entsprechenden Fall die beklagte Kommune selbst nicht tätig geworden ist.
Zum anderen stehe dem Tierschutzverein auch kein Anspruch auf Zahlung der Restvergütung nach den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 683, 677 BGB zu. Zwar handelte der Kläger, wie für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag zwingend erforderlich, ohne Legitimation der Beklagten. Jedoch konnte er nicht beweisen, daß seine Tätigkeit dem Interesse der Beklagten entspricht. Hierzu hätte es des Nachweises bedurft, daß es sich bei der Katze um eine Fundtier handelt. Denn die Gemeinde ist nach Landesrecht Fundbehörde und somit zur Aufbewahrung von Fundtieren gemäß § 967 BGB verpflichtet. Daraus folgt, daß jedenfalls die Verwahrung einer Fundkatze im Interesse der Gemeinde steht.
Im Umkehrschluß ergebe sich aber hieraus, daß dies für herrenlose Tiere nicht gelte. Der Verwahrung von herrenlosen Tieren auf Kosten der zuständigen Gemeinde stehe schon erkennbar deren fiskalische Interessen diametral entgegen.
Der Beweis für die Tatsache, daß die Übernahme der Geschäftsführung dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht, obliege dem Geschäftsführer, mithin dem Tierschutzverein. Dies bedeutet, daß der Kläger beweisen muß, daß es sich bei der zugelaufenen Katze um ein Fundtier handelt. Hierfür müsse er den vollen Beweis erbringen, ohne daß ihm die Beweiserleichterung des sogenannten Anscheinsbeweises zugute käme. Dieses gewohnheitsrechtlich anerkannte Institut erlaubt bei nachgewiesenen typischen Geschehensabläufen lediglich den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens. Die Frage, ob eine Katze ein Fundtier oder ein herrenloses Tier ist, stellt aber weder ein Kausalitäts- noch ein Verschuldensproblem dar.
Zuwendungen an Ratsgruppen ohne Fraktionsstatus
Die Zahlung von finanziellen Zuwendungen für Ratsgruppierungen vergleichbar der Zahlung von Fraktionszuwendungen auf Beschluß des Rates ist dann nicht zu beanstanden, wenn die betreffende Gruppe in die gemeindliche Ratsarbeit derart eingebunden ist, daß ihre personellen und sächlichen Aufwendungen denen einer Fraktion vergleichbar ist (nichtamtlicher Leitsatz, Entscheidung nicht rechtskräftig).
- VG Düsseldorf, Urteil vom 23.02.2001
- Az.: 1 K 8004/99 -
Auf Antrag der im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen hatte der Rat in seiner ersten Sitzung beschlossen, den neu im Rat vertretenen Gruppen ohne Fraktionsstatus für ihre Ratstätigkeit in Anlehnung an die den Fraktionen gewährten Zuwendungen ebenfalls Haushaltsmittel zukommen zu lassen. In dem Beschluß war vorgesehen, daß den beiden Gruppen für die Laufzeit der Ratsperiode jährlich zur Deckung des sächlichen Aufwandes zur Geschäftsführung jeweils ein Betrag in Höhe von 50% der Summe zur Verfügung gestellt wird, die eine Fraktion mit Mindeststärke als Sockelbetrag erhielte. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 50% des für Fraktionen geltenden Steigerungsbetrages je Ratsmitglied und je Mitglied in einer Bezirksvertretung, ferner eine Personalkosten- und Mietpauschale sowie ein einmaliger Betrag für eine Büroausstattung.
Auf Weisung der beklagten Aufsichtsbehörde beanstandete der Oberbürgermeister der Klägerin den Ratsbeschluß. Mit Beschluß vom selben Tage bestätigte der Rat seinen Beschluß. Daraufhin hob die Beklagte den Ratsbeschluß auf und begründete dies mit dem Fehlen einer Rechtsgrundlage für die Gewährung von finanziellen Zuwendungen an im Rat vertretene Gruppen. § 56 Abs. 3 GO NRW regele ausschließlich die Pflicht der Gemeinde, den im Rat vertretenen Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung zu gewähren. Diese Regelung sei abschließend. Der Gesetzgeber habe die Fraktion bewußt privilegiert, so daß für eine Ausdehnung auf Gruppen kein Raum sei.
Das VG ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Vielmehr führt das VG aus, daß dem Rat der Klägerin die Kompetenz zur Regelung finanzieller Zuwendungen an Ratsgruppen nicht entzogen sei. Die Gemeindeordnung enthalte keine Bestimmung, die diesen Regelungsbereich abdecken würde. Insbesondere lasse sich ihr kein generelles Verbot entnehmen, Ratsgruppen im Hinblick auf ihre Ratstätigkeit Haushaltsmittel zuzuweisen.
Ein Beschluß des Stadtrates, den Ratsgruppierungen ohne Fraktionsstatus auch Zuwendungen zu gewähren, ist nach dem Verwaltungsgericht dann nicht rechtswidrig, wenn die Gruppe vergleichbar einer Fraktion in die Ratsarbeit eingebunden ist und angesichts dessen Zuwendungen auch an diese sachlich gerechtfertigt sind.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
© StGB NRW 2001