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Hauptausschuss 2024
Heft Juni 2018
Schank- oder Speisewirtschaften auf Sportplätzen
Schank- oder Speisewirtschaften befinden sich im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 SpielV „auf Sportplätzen“, wenn sie auf Flächen stehen, die räumlich und funktionell zu einem Sportplatz gehören. (Amtlicher Leitsatz)
OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2018
- Az.: 4 A 1349/16 -
In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage gegen eine Ordnungsverfügung der beklagten Kommune mit der Begründung abgewiesen, die Rücknahme der Geeignetheitsbestätigung gemäß § 33c Abs. 3 GewO sei rechtmäßig. Die für die fragliche Gaststätte erteilte Geeignetheitsbestätigung verstoße gegen § 1 Abs. 2 Nr. 3 Spielverordnung (SpielV), weil sie sich auf dem südlich angrenzenden Sportplatz befinde. Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „befindet“ richte sich vorrangig an dem verfolgten Gesetzeszweck, dem Jugendschutz, aus. Maßgebend sei deshalb die räumliche und funktionelle Zuordnung der Gaststätte zu dem Sportplatz. Die Beklagte habe sowohl ihr Rücknahmeermessen ordnungsgemäß ausgeübt als auch die Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG NRW eingehalten.
Der gegen diese Entscheidung gestellte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Schank- oder Speisewirtschaften befinden sich nach Auffassung des OVG im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 SpielV „auf Sportplätzen“, wenn sie auf Flächen stehen, die räumlich und funktionell zu einem Sportplatz gehören. Wollte man dagegen, wie es die Klägerin für richtig zu halten scheine, das Tatbestandsmerkmal „auf Sportplätzen“ so eng auslegen, dass damit nur Flächen gemeint seien, die unmittelbar dem Sport dienen, liefe die Vorschrift praktisch leer. Es erscheine ausgeschlossen, dass sich etwa auf einer Aschenbahn oder auf einem Spielfeld Schank- oder Speisewirtschaften befinden.
Ein räumlich-funktionales Begriffsverständnis entspreche auch dem von der Regelung bezweckten Jugendschutz. Spielanreize für Kinder und Jugendliche sollten dadurch vermieden werden, dass in Freizeiteinrichtungen wie Sportplätzen, Sporthallen, Badeanstalten etc. angegliederten Gaststätten, die in hohem Maße auch von Kindern und Jugendlichen aufgesucht werden, Geldspielgeräte generell nicht aufgestellt werden dürfen.
Dieser funktionelle und räumliche Zusammenhang sei im fraglichen Fall gegeben, weil die Gaststätte auf derselben Flurparzelle wie Teile der Sportanlagen des Sportplatzes in deren unmittelbarer Nachbarschaft gelegen sei. Sie sei an das Umkleidegebäude des Sportplatzes angebaut. Der zu ihr gehörende Vereinsraum des den Sportplatz hauptsächlich nutzenden Sportvereins sowie die Toilettenanlagen lägen, verbunden durch Innentüren durch die ehemaligen Außenwände, im benachbarten Umkleidegebäude. Die Gaststätte sei über die ihr zugehörige Terrasse von den der Sportausübung dienenden Flächen aus unmittelbar erreichbar.
Auch funktionell sei sie mit dem Sportplatz verbunden. Der den Sportplatz hauptsächlich nutzende Sportverein sei Pächter (und Unterverpächter) der Gaststätte. Sportler und Angehörige hätten während des Spielbetriebes die Möglichkeit, die in der Gaststätte angebotenen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Auch für sporttreibende Kinder und Jugendliche bestehe die Möglichkeit der Nutzung, wie die Zusammenarbeit der Jugendabteilung eines ansässigen Sportvereins mit der (Unter-)Pächterin zur Verpflegung während des Fußballcamps 2017 zeige. Der Annahme eines funktionalen Zusammenhangs stehe nicht entgegen, dass die Gaststätte unabhängig von der Nutzung des Sportplatzes betrieben wird.
Nach dem Schutzzweck von § 1 Abs. 2 Nr. 3 SpielV sei es ausreichend, dass an einen Sportplatz angegliederte Gaststätten jedenfalls auch von den Sporttreibenden aufgesucht werden, unter denen sich im Allgemeinen auch Kinder und Jugendliche befinden. Ebenso wenig sei von Belang, dass auch solche in unmittelbarer Nachbarschaft eines Sportplatzes gelegene Gaststätten, die keinen funktionellen Bezug zu dem Sportplatz haben, von den dortigen Sporttreibenden aufgesucht werden könnten. Derartige Gaststätten wiesen nicht denselben Grad an Zugangsfreiheit und Anreizwirkung für Kinder und Jugendliche auf wie mit dem Sportplatz räumlich und auch funktionell verbundene Gaststätten.
Erlaubnis von Spielhallen
Das OVG NRW hat im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landesrechts geklärt, dass für Errichtung und Betrieb einer Spielhalle nur noch eine Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Landesausführungsgesetz erforderlich ist; seit Ablauf der letzten Übergangsfristen im vergangenen Jahr bedarf es der früher notwendigen Spielhallenerlaubnisse nach § 33i der Gewerbeordnung (GewO) in Nordrhein-Westfalen hingegen nicht mehr. (Orientierungssatz)
OVG NRW, Urteil vom 16. April 2018
- Az.: 4 A 589/17 -
Der Kläger hatte im Jahr 2015 eine schon vor 2011 legal betriebene Spielhalle in Mönchengladbach übernommen und hierfür eine gewerberechtliche Erlaubnis beantragt. Diese Erlaubnis hatte die Beklagte zwar erteilt, aber bis zum 30.11.2017 befristet. Der Kläger wandte sich gegen diese Befristung, weil er - ebenso wie die Beklagte - davon ausging, neben der seit 2017 erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag auch künftig eine gewerberechtliche Spielhallenerlaubnis zu benötigen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg, weil nun keine Spielhallenerlaubnis nach § 33i GewO mehr erforderlich ist.
Zur Begründung führte das OVG NRW aus, das Erlaubniserfordernis des bundesgesetzlichen § 33i GewO sei in Nordrhein-Westfalen nach Ablauf der Übergangsfristen des Glücksspielstaatsvertrags zeitlich gestuft durch das Erfordernis einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ersetzt worden. Das Recht der Spielhallen sei 2006 in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Der Landesgesetzgeber habe die verfassungsrechtlich unzulässige Gemengelage aus Bundes- und Landesrecht erkennbar vermeiden wollen, die wegen sich überschneidender sachlicher Regelungsbereiche entstanden wäre, wenn man nicht von einer Ersetzung des § 33i GewO durch die nordrhein-westfälische Neuregelung eines glücksspielrechtlichen Erlaubniserfordernisses für Errichtung und Betrieb von Spielhallen ausginge.
So sei sowohl nach dem Bundesgewerberecht als auch nach dem neuen Landesrecht Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis, dass bestimmte (unterschiedlich ausgeformte) Anforderungen an den Jugend- und Spielerschutz erfüllt würden. Auch die persönliche Zuverlässigkeit des Spielhallenbetreibers sei sowohl nach Bundesgewerberecht als auch nach Landesglücksspielrecht erforderlich, aber unterschiedlich gesetzlich ausgestaltet.
Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen, weil die Entscheidung auf nicht revisiblem Landesrecht beruhe.
Feiertagsrechtlicher Wohnungsbegriff
- Dem Verbot aller nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen am Karfreitag bis zum nächsten Tag 6 Uhr nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW liegt ein spezifisch feiertagsrechtlicher Wohnungsbegriff zugrunde, dem grundsätzlich nur Privatwohnungen unterfallen.
- Auch soweit sich das Veranstaltungsverbot nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW auf Örtlichkeiten außerhalb von Privatwohnungen erstreckt, die - wie Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume - in den Schutzbereich des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG fallen, ist es als bloße Nutzungsbeschränkung kein Eingriff in Art. 13 GG.
OVG NRW, Beschluss vom 19. Februar 2018
- Az.: 4 A 218/16 -
Gegenstand des Verfahrens war die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit welcher dem Kläger die Durchführung von unterhaltenden Veranstaltungen an Sonn- und Feiertagen und insbesondere am Karfreitag untersagt worden ist. Das VG Köln hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat das OVG NRW abgelehnt. Es bestätigte die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig gewesen sei. Beschneidungsfeiern am Karfreitag, wie sie in der Gaststätte des Klägers durchgeführt würden, unterfielen dem Verbot nicht öffentlicher unterhaltender Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW. Ungeachtet religiöser Bezüge hätten die Feiern jedenfalls auch unterhaltenden Charakter und widersprächen damit dem ernsten Charakter und besonderen Wesen des Karfreitags.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 10 FeiertagsG NRW seien nicht erfüllt. Die insoweit gebotene Interessenabwägung falle hier auch dann zugunsten des Karfreitagsschutzes aus, wenn die Beschneidungsfeiern mit Rücksicht auf ihre religiös geprägten Teile insgesamt grundrechtlichen Schutz nach Art. 4 Abs. 2 GG genössen. Weder die Beschneidung selbst noch die anschließende Feier seien an einen bestimmten Tag gebunden. In Bezug auf das Veranstaltungsverbot wende der Kläger ohne Erfolg ein, es erstrecke sich nicht auch auf musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen in Gaststätten; diese seien in § 6 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 4 FeiertagsG NRW geregelt und danach nur im Rahmen eines öffentlichen Gaststättenbetriebs verboten, nicht aber bei geschlossenen Gesellschaften wie den streitigen Beschneidungsfeiern.
Eine derart restriktive Auslegung des § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW komme - so das Gericht - nicht ernstlich in Betracht. Das Verbot gelte für „alle“ nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen. Angesichts des geregelten Schutzkonzepts spreche nichts dafür, dass das zusätzliche Karfreitagsverbot aller nicht öffentlichen unterhaltenden Veranstaltungen außerhalb von Wohnungen gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW entgegen dem umfassenden Gesetzeswortlaut („alle“) restriktiv auszulegen und in Bezug auf Veranstaltungen in Gaststätten deshalb nicht einschlägig sein könnte, weil dort musikalische und sonstige unterhaltende Darbietungen jeder Art (auch) an Karfreitagen bereits nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 4 FeiertagsG NRW verboten sind.
Aus dem Zulassungsvorbringen ergäben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass in der Gaststätte des Klägers veranstaltete Beschneidungsfeiern im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW „außerhalb von Wohnungen“ stattfinden. Dem Wohnungsbegriff des § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW unterfielen jedenfalls nicht - wie hier - Gaststätten, in denen nicht öffentliche unterhaltende Veranstaltungen stattfinden, die zweifelsfrei in den öffentlichen Raum hineinwirken. Das Sonn- und Feiertagsgesetz NRW unterscheide in § 6 begrifflich zwischen „Gaststätten“ (Abs. 1 Nr. 4) und „Wohnungen“ (Abs. 3 Nr. 2). Diese und weitere begriffliche Differenzierungen sprächen klar gegen die Auffassung des Klägers, der Wohnungsbegriff des § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW entspreche dem der - wesentlich weiter reichenden - Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG, deren Schutzgut die räumliche Sphäre sei, in der sich das Privatleben entfaltet.
Neben Privatwohnungen erfasst dies auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume. Im Gegensatz dazu sei das Verbot des § 6 Abs. 3 Nr. 2 FeiertagsG NRW Teil des besonderen äußeren Ruherahmens, den der Landesgesetzgeber zum Schutz des Karfreitags als eines stillen Feiertags vorsehe. Es solle - gleichsam nach außen - dem öffentlichen Charakter des Karfreitags ein spezifisches, durch Ruhe und Ernst bestimmtes Gepräge sichern. Diesem Schutzzweck entspreche es, unter „Wohnungen“, die von dem Veranstaltungsverbot ausgenommen sind, grundsätzlich nur solche im engeren Sinne, d. h. Privatwohnungen zu verstehen, nicht hingegen auch reine Geschäfts- und Betriebsräume im Allgemeinen und Gaststätten im Besonderen, die nach ihrer allgemeinen Zweckbestimmung einen stärkeren sozialen, nach außen wirkenden Bezug haben.