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Hauptausschuss 2024
Heft Juni 2019
Mitwirkung eines Vereins im NRW-Katastrophenschutz
Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat die Klage eines Vereins abgewiesen, der gegen das Land NRW auf Anerkennung seiner allgemeinen Eignung als im Katastrophenschutz mitwirkende Organisation gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BHKG geklagt hatte. (Orientierungssatz)
VG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2018
- Az.: 26 K 13361/16 -
Der Kläger ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein. Er teilte mit Schreiben an das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen mit, er erkläre die Bereitschaft zur Mitwirkung im Katastrophenschutz für das Land Nordrhein-Westfalen und sei in Teilen von Nordrhein-Westfalen bereits so weit mit qualifizierten ehrenamtlichen Helfern und entsprechender Ausstattung aufgestellt, dass er im Katastrophenschutz mitwirken könne und wolle.
Mit Schreiben vom 16.12.2015 antwortete der Beklagte: Mit Inkrafttreten des Gesetzes für den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) Anfang 2016 werde eine förmliche Anerkennung durch das Ministerium gesetzlich eingeführt. Bereits jetzt seien die in der Gesetzesbegründung genannten Kriterien für eine informelle Anerkennung und nach Inkrafttreten des BHKG für ein förmliches Anerkennungsverfahren zugrunde zu legen.
Er bat für die Anerkennungsprüfung um Vorlage weiterer Unterlagen. Mit Schreiben vom 29.02.2016 teilte der Kläger mit, er genieße „Bestandsschutz“ und die Anerkennung sei nach der alten Rechtslage des FSHG auszusprechen. Selbst nach der neuen Regelung des § 18 BHKG müsse der Verein unverzüglich anerkannt werden. Der Kläger hat am 15.11.2016 Klage u. a. mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass er gemäß § 18 FSHG seit dem 05.03.2014 im Katastrophenschutz mitgewirkt hat, bzw. die von ihm beantragte Anerkennung zu erteilen.
Den Anträgen hat das VG nicht entsprochen. § 18 des bis zum 31.12.2015 geltenden Gesetzes über den Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) regelte unter der Überschrift „Mitwirkung der privaten Hilfsorganisationen“ in Abs. 1 Satz 1 und 2: „Private Hilfsorganisationen helfen bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen, wenn sie ihre Bereitschaft zur Mitwirkung dem Land gegenüber erklärt haben. Kreisfreie Städte und Kreise entscheiden über die Eignung zur Mitwirkung von Einheiten im Einzelfall.“ Danach setze die Mitwirkung eine Bereitschaftserklärung gegenüber dem Land und (zusätzlich) die Entscheidung des Kreises bzw. der kreisfreien Stadt über die Eignung von Einheiten im Einzelfall voraus.
Dem Einwand des Klägers, die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 S. 1 und S. 2 FSHG hätten nicht kumulativ vorliegen müssen, sondern die Abgabe der Bereitschaftserklärung gegenüber dem Land hätte ausgereicht, um das Rechtsverhältnis der Mitwirkung einer privaten Hilfsorganisation zu begründen, könne nicht gefolgt werden. Beide Stufen des zweistufigen Verfahrens müssten für die Feststellung, dass eine private Hilfsorganisation bei der Gefahrenabwehr im Schadensfall mitwirkt bzw. mitgewirkt hat, vorliegen. Hilfsorganisationen konnten nach diesem Gesetz nur tätig werden, wenn sie sich dem Land gegenüber zur Mitwirkung bei öffentlichen Notständen bereit erklärt hatten (1. Stufe) und sie von der zuständigen Behörde in deren Aufgabenbereich nach diesem Gesetz tatsächlich eingebunden waren (2. Stufe).
Die im FSHG vorgesehene Erklärung gegenüber dem Land sei eine einseitige Willenserklärung ohne unmittelbare Rechtsfolge. Der Kläger habe zwar mit seinem am 05.03.2014 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben vom 28.02.2014 die geforderte Bereitschaftserklärung nach § 18 Abs. 1 S. 1 FSHG abgegeben. Die zusätzlich erforderliche Tatbestandsvoraussetzung der Feststellung der Eignung zur Mitwirkung von Einheiten des Klägers im Einzelfall durch die kommunale Ebene gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 FSHG habe jedoch weder im Zeitraum der Geltung des FSHG vorgelegen noch sei sie zu einem späteren Zeitpunkt ergangen.
Der Kläger könne sich für einen Anspruch auf die Feststellung, er habe gemäß § 18 FSHG am Katastrophenschutz mitgewirkt, deshalb auch nicht auf „Bestandschutz“ berufen. Unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung fordere der Beklagte zu Recht, dass der Kläger die verlässliche Gewähr für eine sachgerechte und dauerhafte Mitwirkung im Katastrophenschutz bieten muss. Zu den Anforderungen an den Kläger, die ihm bereits im Juni 2016 durch den Beklagten mitgeteilt wurden, habe der Kläger bis zur mündlichen Verhandlung trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten keine konkreten Angaben gemacht.
Neues NRW-Ladenöffnungsgesetz
Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG NRW) hat in zwei Entscheidungen seine Rechtsprechung zum neuen Ladenöffnungsgesetz bekräftigt. (Orientierungssatz)
OVG NRW, Beschlüsse vom 25.04.2019
- Az.: 4 B 480/19.NE (Stadtlohn) und 4 B 517/19.NE (Mönchengladbach) -
Eine entsprechende Verordnung der Stadt Stadtlohn, wonach der Möbeleinzelhandel mehrmals jährlich am Sonntagnachmittag im ganzen Stadtgebiet zu dem Zweck öffnen können soll, diesen Gewerbezweig und seine herausragende Position für die Stadt angesichts einer Abwärtsentwicklung in den letzten Jahren zu stärken, hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts NRW bis zur Entscheidung im Normenkontrollverfahren außer Vollzug gesetzt. In der Innenstadt von Mönchengladbach durften die Geschäfte dagegen im unmittelbaren Umfeld der „Blaulichtmeile“ auf der Hindenburgstraße öffnen. Den Erlass einer einstweiligen Anordnung hierzu hatte der Senat abgelehnt.
Der Senat hat mit den Beschlüssen seine bisherige Rechtsprechung zum neuen Ladenöffnungsgesetz bekräftigt, wonach die sehr weit gefassten erweiterten gesetzlichen Voraussetzungen für Ladenöffnungsfreigaben an Sonn- und Feiertagen einschränkend ausgelegt werden müssten. Damit etwa das Interesse an einem vielfältigen Einzelhandel wenigstens in Kombination mit anderen Sachgründen das erforderliche Gewicht für eine Durchbrechung des Sonn- und Feiertagsschutzes erlangen könne, müssten besondere örtliche Problemlagen (z. B. regional begrenzte Fehlentwicklungen oder standortbedingte außergewöhnlich ungünstige Wettbewerbsbedingungen) belegbar gegeben sein, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung bestimmter Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könnten. Hierzu bedürfe es zudem eines schlüssig verfolgten Gesamtkonzepts, im Rahmen dessen verkaufsoffene Sonntage geeignet erschienen, den damit verfolgten legitimen Zielen jenseits des Umsatzinteresses des Handels zu dienen.
In Stadtlohn sei nicht ersichtlich, dass bezogen auf die Verkaufsstellen des Möbeleinzelhandels eine besondere örtliche Problemlage belegbar gegeben sei, die eine Durchbrechung der Arbeitsruhe sowie eine Begünstigung dieser Verkaufsstellen auch unter dem Gesichtspunkt der gebotenen Wettbewerbsneutralität rechtfertigen könne. Der im Gebiet der Antragsgegnerin besonders starke Möbeleinzelhandel ziehe ohnehin bereits an Werktagen erhebliche Kaufkraft aus anderen Gemeinden ab. Weder diese besondere Stärke noch ihr geringfügiger Rückgang in den vergangenen Jahren rechtfertigten es, den ohnehin schon bestehenden standortbedingten Wettbewerbsvorteil, der erhebliche Kundenzahlen aus dem Umland anziehe, auf Kosten anderer Möbelstandorte, für die die sonntägliche Arbeitsruhe gelte, durch sonntägliche Ladenöffnungen noch weiter auszubauen, so das Gericht.
Bezogen auf die Freigabe der Ladenöffnung in Mönchengladbach im Zusammenhang mit der sog. „Blaulichtmeile“ in der Gladbacher Innenstadt hat das OVG den Erlass einer einstweiligen Anordnung dagegen wegen der offenen Rechtslage nicht für dringend geboten gehalten. Die angegriffene Regelung erfülle voraussichtlich die nach der Rechtsprechung des Senats zu beachtenden Vorgaben für eine Öffnung von Verkaufsstellen im Zusammenhang mit einer Veranstaltung an einem Sonntag. Allerdings habe das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 12.12.2018 entschieden, der verfassungsrechtlich gebotene Ausnahmecharakter bestehe im Sinne einer „notwendigen Bedingung“ nur dann, wenn die Anlassveranstaltung mehr Besucher anziehe als die Ladenöffnung.
Der Senat gehe zwar von einem prägenden Charakter der „Blaulichtmeile“ für den Bereich Hindenburgstraße aus, könne aber nicht feststellen, dass die Veranstaltung für sich genommen mehr Besucher anziehe als die zur Öffnung freigegebenen Ladenlokale. Der Senat habe jedoch Zweifel, ob sich das vom nordrhein-westfälischen Landesgesetzgeber ausdrücklich verworfene Erfordernis eines Besucherzahlenvergleichs aus der Verfassung und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 01.12.2009 ableiten lasse. Er halte die Rechtsfrage, ob für die Annahme der prägenden Wirkung einer Veranstaltung notwendig eine vergleichende Besucherzahlprognose erforderlich sei, durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht für geklärt.
Nach Einführung der untergesetzlichen Normenkontrolle in Nordrhein-Westfalen zum 01.01.2019 hatte das Oberverwaltungsgericht NRW in diesen beiden Fällen erstmals erstinstanzlich über sonntägliche Ladenöffnungen zu entscheiden.