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Heft Mai 2003
Stationierungs-Streitkräfte und kommunaler Finanzausgleich
Die Nichtberücksichtigung von Stationierungs-Streitkräften als Einwohner im kommunalen Finanzausgleich ist verfassungsgemäß (nichtamtlicher Leitsatz).
VerfGH NRW, Urteil vom 08.04.2003
- Az.: VerfGH 2/02 und 5/02 -
Der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass die Nichtberücksichtigung von Stationierungsstreitkräften als Einwohner im kommunalen Finanzausgleich mit der Verfassung in Einklang steht und damit die Verfassungsbeschwerden der Städte Paderborn und Herford gegen § 43 Abs. 1 der Gemeindefinanzierungsgesetze des Jahres 2001 und 2002 zurückgewiesen. Hiernach werden - anders als in früheren Gemeindefinanzierungsgesetzen - die Mitglieder ausländischer Stationierungsstreitkräfte und deren Angehörige nicht mehr als Einwohner im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigt. Statt dessen wird den besonders betroffenen Gemeinden eine Überbrückungshilfe gewährt.
Die Beschwerdeführerinnen - Standortgemeinden britischer Stationierungsstreitkräfte - hatten geltend gemacht, dies verletze die kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 78 Abs. 1, 79 Satz 2 der Landesverfassung NRW). Die betroffenen Gemeinden würden gegenüber Bundeswehrstandortgemeinden ungerechtfertigt benachteiligt. Zudem sei die Regelung systemwidrig und mit dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot nicht zu vereinbaren.
In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. Bertrams u.a. aus:
Die Nichtberücksichtigung ausländischer Militärangehöriger und ihrer Familien als Einwohner halte sich im Rahmen des dem Finanzausgleichsgesetzgeber zustehenden weiten Gestaltungsspielraums. Die finanzielle Mindestausstattung der Gemeinden werde nicht berührt. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot zwinge nicht zu einer einwohnergleichen Berücksichtigung des in Rede stehenden Personenkreises. Einer etwaigen stationierungsbedingten Mehrbelastung könne auch in anderer Weise begegnet werden. So habe der Gesetzgeber vorliegend eine Überbrückungshilfe gewährt. Es sei nicht ersichtlich, dass hierdurch etwaige Mehrbelastungen nicht hinreichend ausgeglichen würden. Auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verringerung der Zuweisungen außer Verhältnis zur Bedeutung der vom Gesetzgeber bezweckten Verwaltungsvereinfachung stehe. Im Übrigen hätten die betroffenen Gemeinden keinen Anlass gehabt, auf den unveränderten Fortbestand der früheren Anrechnungsregelung zu vertrauen.
Pflicht des Dienstherrn bei Vorwurf der Korruption
Wird ein Beamter bei seinem Dienstherrn nachweislich wider besseres Wissen oder leichtfertig der Korruption bezichtigt, muss der Dienstherr ihm den Denunzianten nennen, auch wenn diesem Vertraulichkeit zugesichert worden ist (nichtamtlicher Leitsatz).
BVerwG, Urteil vom 27.02. 2003
- Az.: 2 C 10.02 -
Einem Sachbearbeiter der Führerscheinstelle wurde 1995 von der Personaldezernentin eröffnet, es gebe Hinweise aus der Bevölkerung, dass er Fahrerlaubnisse gegen Geld erteile. Das Disziplinarverfahren endete mit der Feststellung, der Verdacht eines Dienstvergehens lasse sich nicht aufrechterhalten. Der Beamte bat seinen Dienstherrn daraufhin vergeblich, ihm den Informanten zu nennen sowie der Dezernentin für ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung eine Aussagegenehmigung für die Namensnennung zu erteilen.
Das BVerwG hat die Sache an das OVG zurückverwiesen. Das Interesse des Dienstherrn, aus der Bevölkerung vertrauliche Hinweise zur Korruptionsbekämpfung zu erhalten, muss zurücktreten, wenn der Informant den Beamten leichtfertig oder wider besseres Wissen beschuldigt hat. Ob das der Fall ist, hat das Oberverwaltungsgericht in einem besonderen Verfahren unter Ausschluss der Parteien festzustellen.
Hinzufügen eines Vornamens aus religiösen Gründen
Ein Kind, welches noch nicht wesentlich am Rechtsverkehr teilgenommen hat, hat grundsätzlich einen Anspruch auf Beifügung eines weiteren Vornamens, wenn dies aus verpflichtend angesehenen Gründen der religiösen Überzeugung begehrt wird (nichtamtlicher Leitsatz).
BVerwG, Urteil vom 26.03.2003 - Az.: 6 C 26.02 -
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Klage eines inzwischen 15-jährigen Mädchens auf Änderung des Vornamens stattgegeben. Das Mädchen, das den Vornamen S. trägt, hatte aus Anlass seiner im Alter von knapp zehn Jahren erfolgten Taufe nach römisch-katholischem Ritus den aus dem Namen der Mutter abgeleiteten, auf den Namen mehrerer "Heiliger" zurückgehenden "Taufnamen" K. erhalten, den es seinem Vornamen S. als weiteren Vornamen voranstellen wollte. Damit wollte das Mädchen seinen Übertritt zum römisch-katholischen Bekenntnis auch nach außen verdeutlichen.
Die Verwaltungsbehörden hatten den Antrag abgelehnt, die Vorinstanzen waren zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Das BVerwG hat entschieden, dass ein Kind, das noch nicht wesentlich am Rechtsverkehr teilgenommen hat, grundsätzlich einen Anspruch auf Beifügung eines weiteren Vornamens hat, wenn dies aus verpflichtend angesehenen Gründen der religiösen Überzeugung begehrt wird. Das sich im Personenstandsrecht niederschlagende öffentliche Interesse an der Vornamenskontinuität habe in derartigen Fällen regelmäßig nur geringes Gewicht und müsse gegenüber dem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG zurücktreten.
© StGB NRW 2003