Heft Mai 2019

Hunde des Typs „Old English Bulldog“

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen hat für einen einzelnen Hund des Typs „Old English Bulldog“ entschieden, dass dieser keine wesentlichen Züge eines „American Bulldog“ aufweise und deshalb keine Kreuzung von sogenannten Hunden bestimmter Rassen sei, die besonderen Anforderungen unterliegen. Damit hat es - anders als noch in erster Instanz das Verwaltungsgericht Köln - der Klage der Klägerin stattgegeben. (Orientierungsätze)

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.03.2019
- Az.: 5 A 1210/17 -

Die Klägerin und die beklagte Stadt Sankt Augustin stritten um die Frage, ob es sich bei dem Hund „Kalle“, den die Klägerin von den Züchtern als „Old English Bulldog“ erworben hat, um einen Hund bestimmter Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes handelt. Hunde bestimmter Rasse weisen aufgrund ihrer rassespezifischen Merkmale ein im Vergleich zu anderen großen Hunden höheres Gefährdungspotential auf. Für ihre Haltung und den Umgang mit ihnen gelten deshalb besondere gesetzliche Anforderungen (etwa Erlaubnisbedürftigkeit der Haltung, erweiterte Leinenpflicht, Maulkorbzwang). Zu den Hunden bestimmter Rasse gehören unter anderem Hunde der Rassen „Bullmastiff“ und „American Bulldog“ und deren Kreuzungen untereinander sowie mit anderen Hunden.

Nachdem die Klägerin den Erwerb des Hundes bei der Stadt Sankt Augustin angezeigt hatte, stufte diese das Tier als Hund bestimmter Rasse ein. Hunde vom Typ „Old English Bulldog“ seien als Kreuzung aus den Rassen „English Bulldog“, „Bullmastiff“, „American Bulldog“ und „Pitbull Terrier“ hervorgegangen. Da der Hund der Klägerin nach den Feststellungen des Kreisveterinäramtes wesentliche äußere Merkmale eines „American Bulldog“ aufweise, handele es sich um einen Mischling dieser Rasse. Demgegenüber war die Klägerin der Auffassung, Hunde der Züchtung „Old English Bulldog“ bildeten eine eigenständige Rasse und könnten daher nicht mehr als Kreuzung anderer Rassen angesehen werden.

Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis der Klägerin Recht gegeben. Die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Hund der Klägerin keine wesentlichen Züge eines „American Bulldog“ aufweise. Dies sei erforderlich, um von einer Kreuzung von Hunden bestimmter Rassen nach dem Landeshundegesetz auszugehen.

Dahinstehen könne hingegen, ob Hunde der Züchtung „Old English Bulldog“ nach heutigem Stand von Wissenschaft und Praxis eine eigenständige Rasse im biologisch-zoologischen Sinn darstellten. Der „Old English Bulldog“ sei jedenfalls keine eigenständige Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes NRW. Zwar sei es grundsätzlich ausgeschlossen, reinrassige Hunde einer bestimmten Rasse gleichzeitig als Kreuzungen anderer Rassen anzusehen und nach den für diese maßgeblichen Vorschriften zu behandeln. Das gelte aber nicht für solche Rassen, die der Landesgesetzgeber bei Inkrafttreten des Landeshundegesetzes im Jahr 2003 nicht als eigenständige Rasse eingeordnet habe. Anderenfalls entschiede letztlich die Definition neuer Rassen durch private Interessenverbände über die Anwendungsreichweite des Gesetzes.

Die im Gesetz zugrunde gelegte Unterscheidbarkeit von Hunden nach Rassezugehörigkeit sei nicht dynamisch zu verstehen, sondern knüpfe statisch an einen vom Gesetzgeber vorgefundenen Bestand an Hunderassen an. Dabei definiere das Gesetz die in ihm genannten Rassen nicht selbst, sondern greife auf allgemein anerkannte Rassedefinitionen insbesondere durch Zuchtverbände zurück. Die Züchtung „Old English Bulldog“ sei relativ neu und verfüge erst seit dem 01.01.2014 über eine Rasseanerkennung durch den amerikanischen Zuchtverband United Kennel Club. Angesichts dessen sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber diese Hunde bei Inkrafttreten des Landeshundegesetzes bereits als eigene Rasse wahrgenommen habe.

 

Unterbringung von Geflüchteten

Die planungsrechtliche Begünstigung nach § 246 Abs. 9 BauGB für Vorhaben, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, kommt nur Bauvorhaben zugute, mit denen die öffentliche Hand ihrer Unterbringungsverantwortung genügen will. (Orientierungssatz)

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.022019
- Az.: BVerwG 4 C 9.18 -

Die Klägerin verlangte von der beklagten Stadt Kassel eine Baugenehmigung für den Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende im Außenbereich. Die Stadt sah keinen Bedarf für eine solche Einrichtung und lehnte den Bauantrag ab. Die auf Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ließ der Bau die Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten und war daher unzulässig. Die Klägerin könne sich nicht auf § 246 Abs. 9 BauGB berufen, der - befristet bis zum 31.12.2019 - den Bau von Flüchtlingsunterkünften erleichtert. Die Norm begünstige allein die Flüchtlingsunterbringung in öffentlicher Verantwortung. Private Vorhaben seien nur privilegiert, wenn die öffentliche Hand einer eigenen Unterbringungsverpflichtung in dem privaten Vorhaben nachkommen wolle. Daran fehle es.

Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. § 246 Abs. 9 BauGB begünstige Vorhaben, die der „Unterbringung“ von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen. Unterbringung sei nur die öffentlich verantwortete Unterbringung, sei es in Bauten der öffentlichen Hand, sei es in privaten Unterkünften. Dies folge aus dem fachsprachlichen Wortlaut und den Gesetzgebungsmaterialien. Es müsse daher durch Abstimmung mit der öffentlichen Hand oder in sonstiger Weise hinreichend gesichert sein, dass ein Bau für die öffentlich verantwortete Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden genutzt werden wird. Anderenfalls komme § 246 Abs. 9 BauGB einem Vorhaben nicht zugute.

 

Rathaus-Verdunkelung während AfD-Empfang

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Urteil vom heutigen Tag festgestellt, dass die Veränderung der Beleuchtung in Abweichung von der üblichen Beleuchtung am Historischen Rathaus der Stadt Münster während des Neujahrsempfangs der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) am Abend des 10.02.2017 rechtswidrig war. (Orientierungssatz)

Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 08.02.2019
- Az.: 1 K 3306/17 -

Am 10.02.2017 veranstaltete der Kreisverband Münster der AfD seinen Neujahrsempfang im Rathausfestsaal der Stadt Münster. Am selben Tag hatten sich vor dem Rathaus zahlreiche Teilnehmer einer Kundgebung versammelt, um gegen die AfD und den Neujahrsempfang zu demonstrieren. Ankündigungsgemäß hatten die am Prinzipalmarkt ansässigen Kaufleute ihre Geschäfte vorzeitig geschlossen und deren Außenbeleuchtung abgeschaltet. Zugleich wurde ab 18:00 Uhr auch am Rathaus der Stadt Münster die Außenbeleuchtung ausgeschaltet bzw. nicht eingeschaltet.

Im Mai 2017 erhob der Kreisverband Münster der AfD Klage und machte geltend, die Maßnahme habe gegen das Sachlichkeitsgebot, das Neutralitätsgebot sowie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Die beklagte Stadt hielt dem unter anderem entgegen, das Ausschalten bzw. Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses sei nicht gegen den Kläger gerichtet gewesen, sondern habe als positives Symbol dem Ziel gedient, ein einheitliches Gesamtbild am Prinzipalmarkt entsprechend dem 2005 vom Rat beschlossenen „Lichtkonzept Münster“ herzustellen.

Das Verwaltungsgericht Münster gab der Klage nunmehr statt. Das Ausschalten bzw. Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses abweichend von der üblichen Beleuchtung verstoße gegen das gegenüber politischen Parteien strikt geltende staatliche Neutralitätsgebot und das Sachlichkeitsgebot. Es könne offen bleiben, ob die Entscheidung des Ausschaltens bzw. Nichteinschaltens der Außenbeleuchtung des Rathauses - wie es der Kläger vermute - letztlich durch den Oberbürgermeister der Beklagten oder - wie es die Beklagte behaupte - durch den Beigeordneten für das Dezernat I getroffen worden sei. Denn auch wenn man davon ausgehe, dass sich der Oberbürgermeister oder der Beigeordnete für das Dezernat I der Beklagten im Rahmen ihrer - Äußerungen zur örtlichen Gemeinschaft umfassenden - Aufgabenzuweisung gehalten hätten, hätten sie mit der getroffenen Maßnahme jedenfalls die rechtlichen Grenzen ihrer Befugnis überschritten.

Der Oberbürgermeister oder der Beigeordnete habe gegen seine Neutralitätspflicht verstoßen, weil er mit der Anordnung des Ausschaltens bzw. Nichteinschaltens der Rathausbeleuchtung unter Inanspruchnahme seiner Amtsautorität parteiergreifend zulasten des Klägers auf die politische Willensbildung eingewirkt habe. Die irreguläre Veränderung der Beleuchtung stelle einen unzulässigen, da parteiergreifenden Eingriff in die politische Willensbildung des Volkes dar, weil mit ihr eine negative Bewertung der Veranstaltung des Klägers bzw. der AfD und der von ihr verfolgten Ziele zum Ausdruck gebracht werde, die geeignet sei, die Position des Klägers bzw. der AfD im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen.

Das irreguläre Ausschalten bzw. Nichteinschalten der Außenbeleuchtung des Rathauses verstoße auch gegen das Sachlichkeitsgebot. Die mit der Maßnahme verbundene negative Symbolik des öffentlichen Lichtlöschens bringe in drastischer Weise die Missbilligung der mit der Versammlung des Klägers bzw. allgemein der von ihm und seiner Bundespartei verfolgten politischen Ziele zum Ausdruck. Sie verlasse die Ebene eines rationalen und sachlichen Diskurses, ohne für eine weitere diskursive Auseinandersetzung mit den politischen Zielen der von dem Kläger durchgeführten Versammlung bzw. der von ihm betriebenen Politik offen zu sein.

Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beantragt werden.

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