Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft November 2012
Rundfunkgebühren für internetfähige PCs
Durch die Erhebung von Rundfunkgebühren für internetfähige PCs wird der Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten verletzt (nichtamtlicher Leitsatz).
BVerwG, Beschluss vom 22. August 2012
- Az.: 1 BvR 199/11 -
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und nutzt den PC in seiner Kanzlei unter anderem für Internetanwendungen. Er empfängt damit keine Rundfunksendungen und verfügt auch nicht über herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte.
Die Rundfunkanstalt setzte Rundfunkgebühren für den internetfähigen PC fest. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Bundesverwaltungsgericht letztinstanzlich ab. Der internetfähige PC sei ein Rundfunkempfangsgerät, das der Beschwerdeführer zum Empfang bereithalte. Die hierfür erhobenen Gebühren verletzten den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BVerwG nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer ist durch die Erhebung von Rundfunkgebühren für seinen internetfähigen PC nicht in seinen Grundrechten verletzt. Die angegriffene Entscheidung verletze den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht auf Informationsfreiheit. Zwar werde der Beschwerdeführer durch die Erhebung der Rundfunkgebühr in der Beschaffung und Entgegennahme von Informationen aus dem Internet behindert. Dieser Eingriff sei jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Die Rundfunkgebühr für internetfähige PCs werde auf einer formell verfassungsmäßigen Grundlage erhoben. Sie unterfalle der Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Bereich des Rundfunks. Es handele sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Vorzugslast. Die Gebühr ist an den Status als Rundfunkteilnehmer geknüpft, der durch das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgerätes begründet wird. Die maßgeblichen Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags verstößen zudem nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PCs sei nicht unverhältnismäßig. Sie diene der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Gebührenerhebung geeignet und erforderlich.
Der Beschwerdeführer werde nicht daran gehindert, sich aus dem sonstigen Angebot des Internets zu informieren, sondern hierfür lediglich mit einer verhältnismäßig niedrigen Zahlungsverpflichtung in Höhe der Grundgebühr belastet. Dieser nur geringen Beeinträchtigung der Informationsfreiheit stehe mit der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Zweck von einigem Gewicht gegenüber.
Die Abgabenpflicht für den als Arbeitsmittel verwendeten internetfähigen PC stelle schon keinen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, weil es an einem unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers oder an einer objektiv berufsregelnden Tendenz fehle.
Zudem liege keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes vor. Die Gleichbehandlung von Besitzern herkömmlicher und neuartiger Rundfunkempfangsgeräte beruhe auf einem vernünftigen, einleuchtenden Grund. Sie soll einer drohenden „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ begegnen und dadurch die funktionsadäquate Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisten.
Maßnahmen gegen Feinstaubbelastung
Das OVG NRW hat eine Klage auf Durchführung von straßenverkehrsbezogenen Maßnahmen zur Verringerung der Feinstaubbelastung abgewiesen. Es ist nach einer Expertenanhörung zu dem Ergebnis gelangt, dass kurzfristig zu realisierende straßenverkehrsbezogene Maßnahmen nicht zielführend sind, um die Feinstaubbelastung an dem vom Kläger bewohnten Grundstück zu reduzieren (nichtamtliche Leitsätze).
OVG NRW, Urteil vom 9. Oktober 2012
- Az.: 8 A 652/09 -
Der Kläger wohnt in unmittelbarer Nähe einer stark befahrenen Kreuzung in Herne. Etwa 200 m von seiner Wohnung entfernt befindet sich eine Messstation zur Bestimmung der Schadstoffbelastung der Luft. An dieser Station wurde der gesetzlich festgelegte Grenzwert für Feinstaub in den letzten Jahren wiederholt überschritten. Hauptquellen für die Entstehung von Feinstaub sind der Straßenverkehr, industrielle Anlagen, Bau- und Abbrucharbeiten sowie Gebäudeheizungen. Zahlreiche medizinische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass Feinstaub über die Atemwege in den Körper aufgenommen wird und zu schweren Gesundheitsschäden führen kann.
Die wiederholte Überschreitung der Grenzwerte hat der Kläger zum Anlass genommen, von der Stadt Herne die Durchführung von kurzfristig wirksamen Maßnahmen zur Feinstaubreduzierung zu verlangen. Dies wies die Stadt Herne unter Hinweis auf den zwischenzeitlich erlassenen Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Arnsberg für das östliche Ruhrgebiet zurück. Die Feinstaubbelastung in Herne beruhe zu etwa 75% auf der Hintergrundbelastung. Deshalb seien lokale Maßnahmen nicht geeignet, zu einer Feinstaubverringerung beizutragen; zielführend sei allein ein überregionaler Ansatz, wie er z.B. einem Luftreinhalteplan zugrunde liege.
Der aktuelle Luftreinhalteplan für das östliche Ruhrgebiet sieht zahlreiche Maßnahmen zur Senkung der Schadstoffbelastung der Luft vor, darunter die Einrichtung einer Umweltzone, die weite Teile des Ruhrgebiets einschließlich des gesamten Gebiets der Stadt Herne erfasst. Seit Beginn des Jahres 2012 sind Fahrzeuge mit sehr hohem Schadstoffausstoß (ohne Plakette) von der Einfahrt in die Umweltzone ausgeschlossen. Einschränkungen für weitere Fahrzeugklassen mit erhöhtem Schadstoffausstoß treten Anfang 2013 (rote Plakette) bzw. Mitte 2014 (gelbe Plakette) in Kraft.
In der mündlichen Verhandlung ist mit Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz sowie der Bezirksregierung erörtert worden, ob und ggf. welche Maßnahmen die Stadt Herne ergreifen kann, um die Feinstaubbelastung an der Wohnung des Klägers zu verringern. Aufgrund der Expertenanhörung ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass kurzfristig zu realisierende straßenverkehrsbezogene Maßnahmen, die allein Gegenstand des Verfahrens waren, nicht zielführend sind, um die Feinstaubbelastung an dem vom Kläger bewohnten Grundstück zu reduzieren.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Mobilfunkturm im Naturschutzgebiet „Siebengebirge“
Eine Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung für die Errichtung eines Mobilfunkmastes ist nicht aus überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls erforderlich (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Urteil vom 11. September 2012
- Az.: 8 A 104/10 -
Die Klägerin, die DFMG Deutsche Funkturm GmbH, möchte im Naturschutzgebiet „Siebengebirge“ einen 45 m hohen Mobilfunkmast errichten und begehrt hierfür eine Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung. Mit der Errichtung des Mastes will der Anbieter im Raum Königswinter/Heisterbacherrott/Thomasberg den Mobilfunkempfang verbessern und die UMTS-Übertragungstechnik einführen. Das Verwaltungsgericht Köln hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg.
Der Vorsitzende des 8. Senats hat in seiner mündlichen Urteilsbegründung ausgeführt, dass überwiegende Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung nicht erforderten. Auch wenn an der Erbringung der Dienstleistung „Mobilfunk“ grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestehe, sei dieses im konkreten Fall nicht so gewichtig, dass ihm der Vorrang vor den Belangen von Natur und Landschaft einzuräumen sei. Das Siebengebirge sei wegen seiner Seltenheit, besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit als ein zusammenhängendes, ausgedehntes Laubwaldgebiet unter Schutz gestellt worden. Geschützt würden auch die vielfältigen Blickbeziehungen innerhalb des Siebengebirges. Diese Schutzzwecke würden durch das Vorhaben in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt.
Das OVG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.