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Keine Entwarnung bei den Kommunalfinanzen
Umfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW dokumentiert die anhaltende kommunale Haushaltsmisere
StGB NRW-Pressemitteilung
Dorsten,
14.03.2007
Entgegen teils euphorischer Meldungen in den Medien bleibt die Finanzlage der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen weiterhin bedrohlich. Dies ist das Resultat der diesjährigen Haushaltsumfrage des Städte- und Gemeindebundes NRW. Alle 360 kreisangehörigen Mitgliedskommunen mit rund 9,3 Millionen Einwohnern haben sich an der Umfrage ihres Spitzenverbandes beteiligt. „Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen kommunalen Einnahmen und Ausgaben sowie die jüngsten strukturellen Eingriffe in den kommunalen Finanzausgleich von Seiten des Landes führen dazu, dass auch 2007 nur ein verschwindend geringer Teil der Kommunen in NRW einen strukturellen Haushaltsausgleich erreicht, also ohne Eingriff in die Substanz oder Abbau von Eigenkapital den Haushalt ausgleichen kann“, erklärte Dr. Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, heute in Dorsten bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse.
Die Lage der Kommunalfinanzen zeigt sich daran, ob ein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt werden muss, weil eine Kommune fortwährend ihren Haushalt nicht ausgleichen kann. In diesem Jahr werden 143 Mitgliedskommunen des StGB NRW in diese Lage kommen. Gegenüber dem Vorjahresergebnis von 163 Kommunen sieht dies auf den ersten Blick zwar nicht dramatisch aus. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass fast alle Kommunen, welche die Haushaltssicherung verlassen, dies nur durch die Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement erreicht haben. Auch für diese Kommunen gilt aber, dass sie einen strukturellen Haushaltsausgleich nicht erreichen können, sondern lediglich die so genannte Ausgleichsrücklage - eine Besonderheit des NKF - für den Haushaltsausgleich einsetzen. Neben 143 kreisangehörigen Kommunen befinden sich 19 Großstädte und mittlerweile auch einige Kreise in der Haushaltssicherung.
Den strengsten Restriktionen sind Städte und Gemeinden unterworfen, deren Haushaltssicherungskonzept von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt worden ist. In der so genannten vorläufigen Haushaltswirtschaft sind den Kommunen freiwillige Ausgaben grundsätzlich untersagt. Hier wird es voraussichtlich nach dem Rekordwert des Vorjahres - 96 kreisangehörige Städte und Gemeinden - nur einen leichten Rückgang auf jetzt 84 Städte und Gemeinden geben. „Spitzenreiter“ bei den Haushaltssicherungskonzepten sind wiederum die Regierungsbezirke Arnsberg und Köln, in denen jeweils rund die Hälfte der Kommunen keinen ausgeglichenen Haushalt vorweisen kann (siehe nachfolgende Tabelle).
Alle 360 Mitgliedskommunen des StGB NRW | Haushaltssicherung | strukturell unausgeglichen | strukturell ausgeglichen | |||
Regierungsbezirk | 2006 | 2007 | 2006 | 2007 | 2006 | 2007 |
Arnsberg | 44 | 37 | 25 | 37 | 9 | 4 |
Detmold | 16 | 12 | 44 | 47 | 9 | 10 |
Düsseldorf | 17 | 18 | 30 | 27 | 9 | 11 |
Köln | 57 | 50 | 26 | 38 | 12 | 7 |
Münster | 29 | 26 | 33 | 38 | 13 | 11 |
Gesamt | 163 | 143 | 158 | 187 | 52 | 43 |
Einnahmesituation unterschiedlich
Trotz eines erfreulichen Anstiegs beim Gewerbesteueraufkommen - insbesondere in den Jahren 2004 bis 2006 - ist die kommunale Einnahmesituation weiterhin nur teilweise befriedigend. Die Kämmerer erwarten zwar auch 2007 einen leichten Anstieg bei der Gewerbesteuer von rund 0,7 Prozent. Die Grundsteuer B stagniert mit gut 1 Prozent, und das Gesamtaufkommen der Gebühren entwickelt sich mit Plus 2,5 Prozent leicht nach oben. „Bei diesen Globalbetrachtungen ist aber zu berücksichtigen, dass insbesondere das Aufkommen bei der Gewerbesteuer nicht gleichmäßig bei allen Städten und Gemeinden zu verzeichnen ist. Vor allem strukturschwache Kommunen sind von dieser Entwicklung abgekoppelt“, machte Schneider deutlich.
Für diese Kommunen ist der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer von besonderer Bedeutung. Auch wenn dieser mit erwarteten 5,275 Mrd. Euro für 2007 sich wieder besser darstellt als in den Jahren 2004 und 2005, sind die Kommunen von dem Aufkommen des Jahres 2000 mit damals noch rund 5,8 Mrd. Euro weit entfernt. Dasselbe gilt für Zahlungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Hier ist zwar ebenfalls - trotz der strukturellen Eingriffe seitens des Landes - eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr aufgrund von Einkommensteigerungen bei den Verbundsteuereinnahmen zu verzeichnen. Der Finanzausgleich sieht einen verteilbaren Verbundbetrag von 6,7 Mrd. Euro vor. „Von den Zahlen aus dem Finanzausgleich der Jahre 2000 bis 2002, als noch ein verteilbarer Verbundbetrag von mehr als 7 Mrd. Euro zur Verfügung stand, sind wir noch weit entfernt“, erklärte Schneider.
Ausgaben steigen weiter
Auch die Ausgabenseite gibt keinen Grund zur Hoffnung. Die Steigerung bei den Ausgaben für soziale Leistungen konnte auch 2006 nicht gebremst werden. Gegenüber den Rekordwerten des Jahres 2004 und 2005 steigerten sich die Ausgaben für soziale Leistungen im ersten Halbjahr 2006 nochmals um Plus 3,3 Prozent. Auch die laufenden Sachausgaben haben im ersten Halbjahr 2006 überproportional um rund 8 Prozent zugelegt. Dagegen entwickelten sich zumindest die Personalausgaben mit Minus 0,1 Prozent weiterhin entlastend. „Die am 01.10.2005 in Kraft getretene Tarifreform mit der Umstellung auf den TVöD, die mehr als 70 Prozent des gemeindlichen Personals betroffen hat, ist für die Kommunen damit zumindest ohne erneute Belastungen verlaufen“, machte Schneider deutlich.
Insgesamt verbleibe vor dem Hintergrund der auseinander laufenden Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben nach wie vor kein Spielraum für dringend benötigte kommunale Investitionen. „Die Kommunen fallen weiterhin als wichtiger Impulsgeber für die mittelständische Wirtschaft aus“, meinte Schneider.
Die Höhe der Kreisumlage gibt in Zeiten der Unterfinanzierung der Kommunalhaushalte verstärkt Anlass zu heftigen politischen Auseinandersetzungen vor Ort. Mit einem durchschnittlichen Hebesatz von 40,85 Prozentpunkten bildet die allgemeine Kreisumlage auch im Jahr 2007 den bestimmenden Ausgabenblock in den Kommunaletats. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden müssen mittlerweile mehr als 342 Euro pro Einwohner und Jahr an die Kreise abführen. Dabei umfassen die Sätze der allgemeinen Kreisumlage eine Spannweite von 30,1 Prozent (Kreis Lippe) bis zu 51,08 Prozent (Kreis Euskirchen).
„Wir begrüßen ausdrücklich, dass seit nunmehr zwei Jahren einige Kreise den Weg der Haushaltssicherung wählen und damit den Konsolidierungsbedarf in den Kreishaushalten anerkennen“, betonte Schneider. Da die kreisangehörigen Städte und Gemeinden weitere Umlageerhöhungen nicht verkraften könnten, seien strikte Konsolidierungsbemühungen der Umlageverbände unverzichtbar.
Neues kaufmännisches Rechnungswesen
Die Kommunen in NRW müssen bis zum 01.01.2009 ihre Haushalte nach dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) aufstellen und bewirtschaften. Die Kameralistik muss schrittweise durch ein kaufmännisches Buchungs- und Rechnungswesen ersetzt werden, mit dem auch der Ressourcenverbrauch einer Kommune abgebildet werden kann. Im Jahr 2005 hatten lediglich elf StGB NRW-Mitgliedstädte und -gemeinden ihren Haushalt nach den Regeln des NKF aufgestellt. Im Jahr 2006 waren dies bereits 40 Städte und Gemeinden. 2007 werden 119 kreisangehörige Städte und Gemeinden - und damit jede dritte StGB NRW-Mitgliedskommune - das neue Haushalts- und Rechnungswesen anwenden.
Die NKF-Umstellung hat bei einigen Kommunen dazu geführt, dass aktuell kein Haushaltssicherungskonzept mehr aufgestellt werden muss. Dieser Schritt basiert jedoch vielfach nicht auf strukturellen Verbesserungen, sondern auf der Möglichkeit des Rückgriffs auf die Ausgleichsrücklage. Die nur vorübergehend niedrigere Zahl der HSK-Kommunen aufgrund der Umstellung auf das NKF darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das NKF die wirtschaftliche Situation der Städte und Gemeinden in Zukunft noch schonungsloser aufdecken wird. „Das NKF wird jedoch keinen zusätzlichen Euro in die kommunalen Kassen spülen, so dass der Konsolidierungsdruck eher zunehmen wird“, prognostizierte Schneider.
V.i.S.d.P.: HGF Christof Sommer, Pressesprecher Philipp Stempel, Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211/ 4587-230, Fax: -287, E-Mail: presse@kommunen.nrw , Internet: www.kommunen.nrw
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