Richterspruch läßt Probleme ungelöst

Ungleichgewichte im kommunalen Finanzausgleich müssen rasch auf der politischen Ebene beseitigt werden

StGB NRW-Pressemitteilung
Düsseldorf, 11.08.1998

Mit Bedauern hat der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund das Urteil des Verfassungsgerichshofs NW vom 9. Juli 1998 zum kommunalen Finanzausgleich zur Kenntnis genommen. Danach sind die Verfassungsbeschwerden von rund 200 kreisangehörigen Städten und Gemeinden gegen die Gemeindefinanzierungsgesetze 1996 und 1997 unbegründet. "Damit ist jedoch die Problematik, wie der kommunale Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen gestaltet werden soll, entgegen der Auffassung der Landesregierung noch lange nicht gelöst", erklärte heute das Geschäftsführende Präsidialmitglied des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes Friedrich Wilhelm Heinrichs.
 
Das Gericht habe zwar die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, jedoch keinerlei Aussagen getroffen, ob der gegenwärtige Finanzausgleich angemessen, vom Volumen her ausreichend und sachgerecht sei. "Dem nahezu grenzenlosen Gestaltungsspielraum, den das Gericht dem Gesetzgeber eingeräumt hat, steht jedoch eine nahezu grenzenlose Veranwortung gegenüber", so Heinrichs. Dieser Verantwortung seien Landesregierung und Landtag bisher nicht gerecht geworden.
Nach wie vor sind folgende Schwachpunkte im kommunalen Finanzausgleich nicht ausgeräumt:

  • Das Gesamtvolumen des kommunalen Finanzausgleichs ist offensichtlich nicht ausreichend, wenn mehr als zwei Drittel der Städte und Gemeinden in NRW ihren Haushalt strukturell nicht ausgleichen können. Die Höhe der Finanzzuweisungen kann nicht vollständig von der Leistungsfähigkeit und der Haushaltssituation des Landes abhängig gemacht werden. Beides wird bestimmt von dem Ausgabenverhalten des Landes, auf das die Städte und Gemeinden keinen Einfluß haben.

 

  • Die Einwohnergewichtung beim kommunalen Finanzausgleich – Großstädten wird pro Einwohner ein höherer Bedarf zugesprochen – ist heute nicht mehr zu begründen. Denn der Finanzbedarf pro Einwohner in großen und kleinen Städten hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten bis auf wenige Ausnahmen (Soziales, Kultur, Feuerschutz, Schüler) weitgehend angeglichen.

 

  • Einheitliche fiktive Hebesätze bei den Realsteuern zur Bemessung der Steuerkraft entsprechen nicht der unterschiedlichen Realität in den Städten und Gemeinden. Aufgrund ihrer Lage und Wirtschaftsstruktur können Städte und Gemeinden des ländlichen Raums von den Grundstückseigentümern und Unternehmen nicht die gleichen Hebesätze bei der Grund- und Gewerbesteuer verlangen wie Großstädte – so auch die Auffassung der Industrie- und Handelskammern.

Bei diesen Kritikpunkten handelt es sich nicht um einen rein finanzwissenschaftlichen Theorienstreit. Vielmehr haben diese Strukturen des kommunalen Finanzausgleichs massive Umverteilungen zwischen den Städten und Gemeinden zur Folge. Allein die Neuregelungen in den Jahren 1996 bis 1998 führten dazu, daß pro Jahr 300 Mio. DM von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu den kreisfreien Städten verschoben worden sind. Insgesamt hat der Landesgesetzgeber durch Strukturänderungen im kommunalen Finanzausgleich zwischen 1981 und 1998 pro Jahr 751 Mio. DM von den kreisangehörigen zu den kreisfreien Kommunen verschoben.
Mit diesen weiter fortbestehenden Schwächen des kommunalen Finanzausgleichs müßten sich Landtag und Landesregierung unverzüglich auseinandersetzen, betonte Heinrichs: "Mit diesem Urteil wird der Ball an die Politik zurückgespielt.

V.i.S.d.P.: HGF Christof Sommer, Pressesprecher Philipp Stempel, Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf, Tel. 0211/ 4587-230, Fax: -287, E-Mail: presse@kommunen.nrw , Internet: www.kommunen.nrw      
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