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Hauptausschuss 2024
Heft April 2004
Vergnügungssteuer für Diskothek mit integriertem Kino
Wird eine Vergnügungssteuer für Tanzveranstaltungen erhoben, nicht jedoch für den Kinobesuch, führt die Möglichkeit des Besuches eines Kinos innerhalb einer Diskothek nicht zu einer Vergnügungssteuerbefreiung für den Diskothekenbesuch. Art. 105 Abs. 2 a GG erlaubt es, den besteuerungsfähigen besonderen Aufwand bei derartigen Mischveranstaltungen nicht nur nach Maßgabe des Eintrittsgeldes zu bestimmen, sondern ergänzend – als Auffangtatbestand – nach der Größe des Veranstaltungsraumes (nichtamtliche Leitsätze).
BVerwG, Urteil vom 3. März 2004
- Az.: 9 C 3.03 -
Die Stadt Braunschweig erhebt Vergnügungssteuer unter anderem auch für Tanzveranstaltungen. Sie wird in erster Linie als Kartensteuer nach Maßgabe des Eintrittspreises, mindestens aber als Pauschsteuer entsprechend der Größe des Veranstaltungsraumes erhoben. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte auf die Klage eines Diskothekenbetreibers entschieden, dass er keine Vergnügungssteuer zahlen müsse, soweit seinen Gästen mit dem Eintrittspreis zugleich die Möglichkeit eröffnet werde, in einem in der Diskothek integrierten Raum Kinofilme anzusehen. Der Kinobesuch sei nach der Satzung der Stadt vergnügungssteuerfrei und seinerseits bereits das Einrittsgeld wert.
Der hiergegen gerichteten Revision der Stadt Braunschweig hat das Bundesverwaltungsgericht stattgegeben. Schon bei der Beurteilung der Frage, inwieweit die Möglichkeit des Kinobesuchs im Betrieb der Klägerin das Eintrittsgeld aufwiege, habe das OVG verkannt, dass hier der steuerpflichtige Diskothekenbetrieb der Gesamtveranstaltung das entscheidende Gepräge gebe und die von den Besuchern dabei notwendig mit erworbene Kinooption auch wegen des sehr kleinen Vorführraumes das für die Höhe der Kartensteuer maßgebliche Eintrittsgeld nicht nennenswert schmälern könne.
Selbst wenn man von dieser Überbewertung der vergnügungssteuerfreien Zusatzleistung absehe, hätte das OVG jedenfalls nicht auch die Rechtfertigung der erhobenen Vergnügungssteuer als Pauschsteuer ausschließen dürfen. Denn Art. 105 Abs. 2 a GG erlaube es, den besteuerungsfähigen besonderen Aufwand bei Veranstaltungen der vorliegenden Art nicht nur nach Maßgabe des Eintrittsgeldes zu bestimmen, sondern ergänzend – als Auffangtatbestand – nach der Größe des Veranstaltungsraumes. Mit einer solchen Pauschalierung könne Mischpreiskalkulationen des Veranstalters Rechnung getragen werden, die dazu führten, dass der Eintrittspreis nicht mehr den tatsächlichen besteuerungsfähigen Aufwand widerspiegele.
Befreiung der Kirche von Gebühren einer Baugenehmigung
Eine Befreiung der Kirche von Baugenehmigungsgebühren gem. § 8 Abs. 1 Nr. 5 GebG NRW i.V.m. § 54 AO scheidet aus, wenn sich die Baugenehmigung auf eine kirchliche Einrichtung bezieht, in der nicht überwiegend spezifisch kirchliche Aufgaben, sondern solche allgemeiner Art wahrgenommen werden, wie dies bei einem Kindergarten der Fall ist (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2004
- Az.: 9 A 4608/02 -
Mit der Klage wandte sich die Klägerin, eine katholische Kirchengemeinde, als Trägerin eines Kindergartens und unter Berufung auf ihre persönliche Gebührenfreiheit gegen die Erhebung einer Baugenehmigungsgebühr für bauliche Maßnahmen an der Einrichtung. Das VG wies die Klage ab; der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb erfolglos.
Es bestehen nach Auffassung des OVG keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung durch das VG mit der Begründung, der Klägerin stehe eine Gebührenfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 GebG NRW für die hier maßgebliche Amtshandlung - Erteilung einer Baugenehmigung - in Bezug auf einen Kindergarten nicht zu.
Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 GebG NRW sind von Verwaltungsgebühren befreit u.a. die Kirchen, soweit die Amtshandlung unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke im Sinne des § 54 AO dient. Nach § 54 Abs. 1 AO verfolgt eine Körperschaft kirchliche Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. Zu den kirchlichen Zwecken in diesem Sinne gehören insbesondere die Errichtung, Ausschmückung und Unterhaltung von Gotteshäusern und kirchlichen Gemeindehäusern, die Abhaltung von Gottesdiensten, die Ausbildung von Geistlichen, die Erteilung von Religionsunterricht, die Beerdigung und die Pflege des Andenkens der Toten, ferner die Verwaltung des Kirchenvermögens, die Besoldung der Geistlichen, Kirchenbeamten und Kirchendiener, die Alters- und Behindertenversorgung für diese Personen und die Versorgung ihrer Witwen und Waisen (§ 54 Abs. 2 AO).
Der Vortrag der Klägerin greift nicht durch, zu diesen unmittelbar der Durchführung kirchlicher Zwecke dienenden Zwecken zählten auch Amtshandlungen, die im Zusammenhang mit baulichen Maßnahmen an konfessionellen Kindergärten anfielen.
Die Klägerin meint, die auf der o.a. obergerichtlichen Rechtsprechung basierende Ansicht des VG gehe fehl, konfessionelle Kindergärten dienten der Vermittlung von Bildungswerten, wie sie jedenfalls zu wesentlichen Teilen auch in anderen Kindergärten erfolge. Sie beruhe auf der falschen Auffassung, religiöse Bildung und Erziehung ließen sich von derjenigen allgemeiner Art abgrenzen. In konfessionellen Kindergärten stelle die religiöse Erziehung und Wertevermittlung anders als in anderen Einrichtungen gerade keinen eigenständigen Lernbereich (etwa im Sinne einer Religionsstunde) dar, sondern sei Gegenstand einer ganzheitlichen Gesamterziehung nach dem christlichen Menschenbild. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
§ 8 Abs. 1 Nr. 5 GebG NRW beschränkt die Gebührenbefreiung der Kirchen auf die in § 54 Abs. 2 AO beispielhaft angesprochenen typisch kirchlichen Bereiche im engeren Sinne, d.h. solche, die die Verkündigung bestimmter Glaubenswahrheiten und die Glaubensbetätigung in spezifisch kirchlichen Ausdrucksformen betreffen.
Bei Einrichtungen, in denen daneben Aufgaben allgemeiner Art wahrgenommen werden, ist daher für die Frage der Gebührenbefreiung entgegen der Auffassung der Klägerin maßgeblich, ob bei der Aufgabenerfüllung die Verkündigung bestimmter Glaubenswahrheiten und die Glaubensbetätigung in spezifisch kirchlichen Ausdrucksformen im Vordergrund steht. Andernfalls wäre jedwede Amtshandlung, die im Bereich kirchlicher Aufgabenwahrnehmung anfiele, gebührenfrei, weil die Aufgabenwahrnehmung immer auch vom kirchlichen Selbstverständnis getragen sein wird. Dies entspräche aber nicht der gesetzgeberischen Intention. Für eine Privilegierung der Kirchen besteht kein sachlicher Anlass, soweit sie Aufgaben erfüllen, die in gleicher Weise von anderen - nicht gebührenbefreiten - Organisationen wahrgenommen werden (können). Letzteres ist bei gemeinnützigen und mildtätigen Betätigungen etwa im Rahmen der allgemeinen Bildung und sozialen Betreuung in Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern der Fall. Das gilt auch dann, wenn sie von den Kirchen auf der Grundlage des jeweiligen Glaubens in der besonderen Ausprägung durch diesen erfolgen.
Auch in konfessionellen Kindergärten findet ganz überwiegend eine allgemeine Betreuung, Bildung und Erziehung der Kinder statt.
In allen Kindergärten werden Kinder in Gemeinschaft mit anderen ihrem jeweiligen Alter entsprechend durch Gruppen- oder Einzelarbeit angeregt und motiviert zu erlernen und einzuüben, was für die Entwicklung und Entfaltung ihrer Gaben und Kräfte in geistig-seelischer und körperlicher Hinsicht sowie für ein gedeihliches Zusammenleben in Familie und Gesellschaft nötig ist.
Diese auch in konfessionellen Kindergärten stattfindende allgemeine Bildung und Erziehung überwiegt die dort gleichfalls erfolgende spezifisch religiöse Früherziehung. Letztere - z.B. in Gestalt von gemeinschaftlichen Gebeten, Bibellesungen, Singen geistlicher Lieder, Vorlesen religiöser Bücher, Vorhandensein christlicher Symbole sowie Feiern bestimmter Riten (wie einem St.-Martins-Zug) und Feste wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten - stellt nur einen relativ geringen Teilaspekt der dargestellten Gesamtaufgabe der Bildung und Erziehung von Kindergartenkindern dar. Dass aus der Sicht der Kirche in konfessionellen Kindergärten eine „ganzheitliche“ Erziehung und Bildung in Orientierung am Evangelium und damit am christlichen Menschenbild erfolgt und deshalb u.a. besondere Anforderungen an die Erzieher gestellt werden, ändert daran nichts. Objektiv betrachtet überwiegt ungeachtet einer spezifisch christlichen Prägung der Kindergartenarbeit der Bereich der allgemeinen Bildung und Erziehung.
Aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV, auf den die Klägerin sich beruft, folgt keine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, Gebührenbefreiung auch für den Bereich der Bauvorhaben der Kirchen im Bereich der allgemeinen Bildung und sozialen Betreuung zu gewähren.
© StGB NRW 2004