Heft April 2021

Genehmigungspflicht für Kurzzeitvermietung

Eine nationale Regelung, die die regelmäßige Kurzzeitvermietung einer Wohnung an Personen, die sich nur vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, von einer Genehmigung abhängig macht, steht mit dem Unionsrecht in Einklang. Die Bekämpfung des Mangels an Wohnungen, die längerfristig vermietet werden, stellt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der eine solche Regelung rechtfertigt.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.09.2020
- in den verbundenen Rechtssachen C-724/18 und C-727/18 (Cali Apartments und HX / Procureur général près la cour d’appel de Paris und Ville de Paris) -

Die Kläger sind Eigentümer einer Einzimmerwohnung in Paris. Die Einzimmerwohnungen wurden auf einer Website zur Vermietung angeboten und regelmäßig ohne vorherige Genehmigung der örtlichen Behörden für kurze Zeit an Personen vermietet, die sich lediglich vorübergehend in der Stadt aufhielten. Französische Gerichte haben die Kläger gemäß dem französischen Bau- und Wohnungsgesetzbuch zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt und die Rückumwandlung der betreffenden Räume in Wohnungen angeordnet. Das französische Bau- und Wohnungsgesetzbuch sieht vor, dass die Umnutzung von Wohnungen in bestimmten französischen Gemeinden der vorherigen Genehmigung bedarf. In der Folge hat der französische Kassationsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, um über die Vereinbarkeit der in Rede stehenden nationalen Regelung mit der Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt entscheiden zu können.

Mit seinem Urteil vom 22. September 2020 hat der Gerichtshof (Große Kammer) als Erstes entschieden, dass die Richtlinie 2006/123 auf eine Regelung eines Mitgliedstaats über gewerblich oder privat ausgeübte Tätigkeiten der regelmäßigen Kurzzeitvermietung von möblierten Wohnungen an Personen, die sich lediglich vorübergehend in der betreffenden Gemeinde aufhalten, ohne dort einen Wohnsitz zu begründen, anwendbar ist. Er hat insoweit festgestellt, dass solche Tätigkeiten unter den Begriff „Dienstleistung“ im Sinne von Art. 4 Nr. 1 der Richtlinie 2006/123 fallen und dass es sich bei ihnen um keine der Tätigkeiten handelt, die nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommenen sind. Er hat ferner festgestellt, dass die in Rede stehende Regelung nicht deshalb vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123 ausgenommen ist, weil es sich bei ihr um eine allgemeine, unterschiedslos anwendbare Regelung bezüglich der Stadtentwicklung oder Bodennutzung, insbesondere der Stadtplanung handelte. Mit der Regelung solle zwar ein ausreichendes Angebot an Wohnungen, die längerfristig zu erschwinglichen Preisen vermietet werden, gewährleistet werden. Sie gelte aber nur für Personen, die eine ganz bestimmte Art von Vermietung anbieten.

Als Zweites hat der Gerichtshof entschieden, dass eine nationale Regelung, die die Ausübung bestimmter Tätigkeiten der Wohnraumvermietung von einer vorherigen Genehmigung abhängig macht, unter den Begriff „Genehmigungsregelung“ im Sinne von Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2006/123 fällt, und nicht unter den der Anforderungen im Sinne von Nr. 7 dieser Vorschrift.

Als Drittes hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass eine Genehmigungsregelung wie die durch die in Rede stehende Regelung eingeführte den Anforderungen gemäß Kapitel III Abschnitt 1 der Richtlinie 2006/123 entsprechen muss, insbesondere Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie. Zu den Voraussetzungen gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/123, insbesondere zu der Voraussetzung, dass die Genehmigungsregelung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein muss, und der Voraussetzung, dass das angestrebte Ziel nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden kann (Verhältnismäßigkeit), hat der Gerichtshof zum einen festgestellt, dass mit der in Rede stehenden Regelung ein System zur Bekämpfung des Mangels an Wohnungen, die längerfristig vermietet werden, geschaffen werden soll, um der Verschlechterung der Bedingungen für den Zugang zu Wohnraum und der Verschärfung der Spannungen auf den Immobilienmärkten Rechnung zu tragen, was einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstelle. Zum anderen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die in Rede stehende nationale Regelung in Bezug auf das angestrebte Ziel verhältnismäßig ist. Sie ist sachlich auf eine ganz spezielle Tätigkeit der Vermietung beschränkt, sie schließt von ihrem Anwendungsbereich Wohnungen aus, die den Hauptwohnsitz des Vermieters bilden, und die Genehmigungsregelung, die mit ihr eingeführt wird, ist räumlich nur begrenzt anwendbar.

 

Aktuelle OVG-Rechtsprechung zur Spielgerätesteuer (1)

1. Ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit in Form einer erdrosselnden Steuer liegt vor, wenn sie dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.

2. Dies kann durch die Entwicklung des Bestands von Spielhallen und Geldspielgeräten widerlegt werden, wenn sie einen hinreichend sicheren Schluss auf eine fehlende erdrosselnde Wirkung der Steuer zulässt. Sinkt der Bestand, schließt die Bestandsentwicklung ohne weitere tatsächliche Feststellungen eine erdrosselnde Wirkung nicht aus.

3. Die erdrosselnde Wirkung der Steuer ist ausgeschlossen, wenn die Geräteaufsteller eine Steuererhöhung durch Einsatz profitablerer Geräte (Geräte mit einem höheren durchschnittlichen langfristigen Kasseninhalt nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SpielV) auffangen können.

4. Wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Aufsteller im Gemeindegebiet bereits am gesetzlichen Limit des erlaubten Kasseninhalts arbeiten und somit gesetzlich gehindert sind, höher profitable Geräte einzusetzen, um die Steuer zu erwirtschaften, gibt es keine Veranlassung, einer ins Blaue hinein aufgestellten Behauptung der erdrosselnden Wirkung der Steuer nachzugehen.

5. Die Behauptung, der zu erzielende Kasseninhalt könne bei einem Einsatz höher profitabler Geräte wegen zurückgehender Attraktivität nicht gesteigert werden, ist unglaubhaft. Angesichts des im Gemeindegebiet gleichen Steuerdrucks für alle Aufsteller ist ein Ausweichen der Spieler auf preislich günstigere Konkurrenten nicht anzunehmen, selbst wenn eine größere Spieleranzahl den Einsatz höher profitablerer Geräte trotz der Undurchsichtigkeit des aus Spielerschutzgründen gedeckelten Preises bemerken würde.

6. Ein Rückgang des Bestands an Spielhallen und Geldspielgeräten wegen steuerbedingt zurückgehender Spielbereitschaft ist unter Erdrosselungsgesichtspunkten so lange unschädlich, wie der Beruf des Aufstellers von Geldspielgeräten im Gemeindegebiet in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen noch ausgeübt werden kann.

7. Wenn entgegenstehende Tatsachen nicht vorliegen, würden zusätzlich zur Einnahmesteigerung durch Einsatz höher profitabler Geräte selbst bei einer steuerbedingt gesunkenen Spielnachfrage nach Berücksichtigung des Bestandsrückgangs die Auslastung der verbleibenden Spielhallen und Geräte und somit die erzielbaren Kasseninhalte gesteigert und die Steuererhöhung auch damit aufgefangen werden können. (Amtliche Leitsätze)

OVG NRW, Urteil vom 18.08.2020
- Az.: 14 A 3784/19 -

 

Aktuelle OVG-Rechtsprechung zur Spielgerätesteuer (2)

1. Grundsätzlich hängt die Zulässigkeit einer Erhöhung der Geldspielgerätesteuer nicht davon ab, ob sich die Geräteindustrie dazu bereitfindet, Geräte der erforderlichen und nach der Spielverordnung zulässigen Programmierung anzubieten. Nicht die Steuer hat sich an den Geldspielgeräten zu orientieren, sondern die Geräte an der Steuer. Es ist Sache der Aufsteller, auf die Industrie zur Produktion der benötigten Geräte einzuwirken.

2. Es bedarf bei der Behauptung einer angeblich erdrosselnden Wirkung einer Steuer – soll sie nicht bloß ins Blaue hinein aufgestellt werden – ernsthafter Anhaltspunkte, dass eine erforderliche Preiserhöhung am Markt nicht durchgesetzt werden könnte. Das ist selbst bei dem aus Spielerschutzgründen gedeckelten Höchstpreis eines langfristigen durchschnittlichen Kasseninhalts von 20 Euro je Stunde regelmäßig nicht der Fall.

3. Die Möglichkeit der Erzielung von Mehreinnahmen über den Kasseninhalt der Geldspielgeräte ist nicht der einzige Weg, um eine Steuererhöhung wirtschaftlich aufzufangen. Wie auch bei Wettbüros, also ebenfalls dem Glücksspiel gewidmeten Einrichtungen, sind die Aufsteller nicht gehindert, von den Spielern unmittelbar Entgelte für die Benutzung der Apparate, ja sogar für das Betreten der Spielhalle zu erheben.

4. Einzelfall zur Notwendigkeit der Einräumung einer Übergangsfrist zwischen Erlass der Steuererhöhungssatzung und ihrem Inkrafttreten. (Amtliche Leitsätze)

OVG NRW, Urteil vom 10.09.2020
- Az.: 14 A 2838/19 -

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