Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Dezember 2000
Übernahme von Schülerfahrkosten wegen Drogenszene
Der Schulträger muß die Schülerfahrkosten übernehmen, wenn der Schulweg durch den Brennpunkt der Drogenszene einer Stadt verläuft und somit für einen Schüler oder eine Schülerin ungeeignet ist, weil diese bei Benutzung des Weges einer außergewöhnlichen und unzumutbaren psychischen Belastung ausgesetzt sind (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NW, Beschluss vom 21.08.2000
– Az.: 19 A 3086/98 –
Mit dieser Entscheidung hat der 19. Senat des Oberverwaltungsgerichts ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln bestätigt, das die Stadt Köln als Schulträgerin verpflichtete, 581,-- DM Schülerfahrkosten nach der Schülerfahrkostenverordnung für die Beförderung einer 10-jährigen Schülerin von ihrer Wohnung zur Schule zu zahlen.
Der Schulweg (kürzester Fußweg) der Schülerin führte über die Berliner Straße in Köln, die nach polizeilichen Erkenntnissen in ihrer gesamten Länge der Brennpunkt der rechtsrheinischen Drogenszene ist, der in großer Anzahl Drogenabhängige, u. a. wegen der dort befindlichen städtischen Drogenberatungsstelle, die Methadon ausgibt, Drogendealer und herumlungernde Personen anzieht. Einen zumutbaren Ersatzweg gab es nicht.
Das OVG NW hat in seinem Beschluss nunmehr klargestellt, dass ein solcher Schulweg für eine 10-jährige Schülerin ungeeignet ist, weil sie bei Benutzung der Berliner Straße einer außergewöhnlichen und unzumutbaren psychischen Belastung ausgesetzt ist. Ein 10-jähriges Kind empfinde die ständige Präsenz einer Vielzahl der genannten Personen jedenfalls dann als bedrohlich und beängstigend, wenn es - wie hier - keine Möglichkeit habe, diesen Personen auszuweichen. Im Übrigen bestehe hier eine besonders große Gefahr, dass Kinder z.B. Drogenbonbons geschenkt bekämen und so zum Drogenkonsum verleitet oder gar drogenabhängig gemacht würden.
Zwar gehörten soziale Brennpunkte in einer Großstadt zum Alltagsleben und seien Drogenkonsum und die damit verbundenen Probleme eine gesellschaftliche Realität, über die auch 10-jährige Kinder aufgeklärt werden müssten. Die Verhältnisse in der Berliner Straße in Köln unterschieden sich aber erheblich von anderen Schulwegen, auf denen Schüler mit Drogenkonsum und sozialen Brennpunkten konfrontiert würden.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
PKK-Sympathisant nicht einzubürgern
Ein PKK-Sympathisant bietet nicht die nach den gesetzlichen Vorschriften zur Einbürgerung von Ausländern und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften erforderliche Gewähr dafür, daß er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt. Programm und Praxis der PKK sind mit elementaren Verfassungsgrundsätzen nicht vereinbar (nichtamtliche Leitsätze).
- OVG NW, Urteil vom 27.06.2000
– Az.: 8 A 609/00 -
Das OVG NW hat entschieden, dass die Einbürgerung eines asylberechtigten Kurden aus der Türkei, der Sympathisant der PKK ist, von der zuständigen Behörde zu Recht abgelehnt worden ist.
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: Nach den gesetzlichen Vorschriften zur Einbürgerung von Ausländern und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften müsse ein Einbürgerungsbewerber Gewähr dafür bieten, dass er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennt. Diese Voraussetzung sei bei einem PKK-Sympathisanten nicht erfüllt. Programm und Praxis der PKK seien mit elementaren Verfassungsgrundsätzen nicht vereinbar. Auch unter Berücksichtigung ihrer jüngsten Entwicklung stelle die PKK insbesondere wegen der Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar, wie sich bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ergebe.
Der Kläger habe sich während seines rund 15-jährigen Aufenthalts in Deutschland als Sympathisant der PKK betätigt. Er habe Publikationen der PKK verteilt und an zahlreichen PKK-Veranstaltungen teilgenommen. Daher sei die Ablehnung der vom Kläger begehrten Einbürgerung auch unter Würdigung seiner Stellung als anerkannter Flüchtling nicht zu beanstanden.
Qualifizierung einer Waldfläche
- Für die Qualifizierung einer Fläche als Wald kommt es allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an; dabei ist unerheblich, wie die Bestockung der Fläche mit Forstpflanzen entstanden ist.
- Kennzeichen eines Parks ist seine überwiegend an gartenbaulichen Gesichtspunkten orientierte Gestaltung, die sich insbesondere in einer gezielt geschaffenen Wechselbeziehung von Forstpflanzen mit Rasen, Blumen- und Strauchflächen manifestiert.
- Eine unbebaute Fläche, auf der sich im Wege ungestörter natürlicher Sukzession Forstpflanzen ansiedeln, kann auch dann zu einem Wald im Rechtssinne heranwachsen, wenn sie in einem Bebauungsplan als Wohngebiet ausgewiesen ist.
- Den Planungsgrundsätzen des § 1 Abs. 1 Abs. 5 S. 3 BauGB kommt nicht die Bedeutung auch durch Abwägung unüberwindbarer Planungshindernisse zu. Zur Überplanung einer seit 15 Jahren unbebauten, als Wohngebiet ausgewiesenen Grundfläche, auf der sich im Wege natürlicher Sukzession Wald angesiedelt hat, als Wald.
- OVG NW, Urteil vom 06.07.2000
– Az.: 7a D 101/97.NE -
Die Antragsteller wandten sich gegen die Änderung eines Bebauungsplans, der ihr bislang als allgemeines Wohngebiet ausgewiesenes Grundeigentum nunmehr als Wald festsetzt. Auf dem Grundstück befand sich eine Villa mit Park, die 1980 abgerissen wurde. Die Urfassung des strittigen Bebauungsplans aus dem Jahre 1980 wies im Bereich der früheren Villa nebst Zufahrt ein allgemeines Wohngebiet aus. Die strittige erste Änderung aus 1996 setzte Wald fest. Der Normenkontrollantrag hatte keinen Erfolg.
Der Bebauungsplan leide an keinen materiellen Fehlern. Insbesondere liege kein Abwägungsmangel vor, da der Rat der planenden Gemeinde im Rahmen der von ihm vorgenommenen Abwägung die nach Lage der Dinge einzustellenden Belange berücksichtigt und richtig gewertet habe. Das Abwägungsmaterial, daß zu der Qualifizierung als "Wald" geführt habe, sei sachgerecht aufbereitet worden. Wald ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Bundeswaldgesetz jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Nach Satz 2 gelten u.a. auch verlichtete Grundflächen, Waldwege, Waldblößen und Lichtungen sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienende Flächen als Wald. Dabei kommt es für die Qualifizierung einer Fläche als Wald allein auf die tatsächlichen Verhältnisse an.
Unerheblich ist, wie die Bestockung der Fläche entstanden ist und ob die Grundfläche, auf der die Forstpflanzen aufstocken, die natürlich gewachsene Oberfläche darstellt oder von Menschen künstlich verändert ist.
Auch die ehemals als Park genutzten Bereiche weisen nach der im Planaufstellungsverfahren eingeholten Stellungnahme der Unteren Forstbehörde Aufstockungen von verschiedenen Baumarten auf. Daß auf einzelne Teilflächen des Grundstücks wie den Wegeflächen und den Resten von früheren Baulichkeiten keine Forstpflanzen aufstocken können, nehme dem als Einheit erscheinenden und zu wertenden Gesamtbereich nicht den Charakter als Wald.
Bereits 1996 gab es keine Wohnnutzung mehr, so daß es sich bei den hier in Rede stehenden Flächen nicht um eine "zum Wohnbereich gehörende Parkanlage" im Sinne von § 1 Abs. 2 Landesforstgesetz NW handele. Kennzeichen eines Parks ist seine überwiegend an gartenbaulichen Gesichtspunkten orientierte Gestaltung, die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eindeutig nicht mehr vorgelegen habe.
Schließlich stehe der Einordnung des Areals als Wald auch nicht entgegen, daß es bis zum Inkrafttreten der strittigen ersten Änderung des Bebauungsplans bauplanungsrechtlich als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen war, da für die Waldeigenschaft ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend seien.
Anspruch auf Zwischenzeugnis
Angestellte im Öffentlichen Dienst können ein Zwischenzeugnis verlangen, wenn ihr langjähriger Vorgesetzter aus dieser Funktion ausscheidet (nichtamtlicher Leitsatz).
- BAG, Urteil vom 08.04.1999
- Az.: 6 AZR 176/97 –
Nach Auffassung des Gerichts ist das Ausscheiden des Vorgesetzten ein triftiger Grund für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, da sonst für längere Zeit keine sachgerechte Beurteilung des Angestellten mehr möglich ist. Bloße Beurteilungen für die Personalakte reichen dagegen nicht aus, da sie lediglich interne Bedeutung haben.
© StGB NRW 2000