Heft Januar-Februar 2000

Beteiligung von Maklern bei Ausschreibung von Versicherungsleistungen

Die Hinzuziehung eines Versicherungsmaklers im Ausschreibungsverfahren für Versicherungsdienstleistungen stellt einen Verstoß gegen das Vergabeverfahren dar, sofern derselbe Makler auch eine entgeltliche Betreuung der zustandegekommenen Versicherungsverträge übernehmen soll.

Ein Makler, der die zustandegekommenen Versicherungsverträge aufgrund eines entgeltlichen Vertrages betreut, hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluß mit einem Unternehmen, das bereit ist mit ihm zusammen zu arbeiten und ist demnach im Sinne des § 6 VOL/A an der Vergabe beteiligt. (Nichtamtliche Leitsätze)

Beschluß des Vergabesenates des OLG Rostock vom 29.09.1999
– Az.: 17 W 1/99 –

In dem Beschluß führt der Vergabesenat aus, daß Makler, die zur Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens von Versicherungsleistungen durch Kommunen eingeschaltet werden und die im nachhinein die Verträge auch verwalten sollen, keine Sachverständigen im Sinne von § 6 VOL/A sind. Dies bedeute jedoch nicht, daß eine solche Einschaltung im Ausschreibungsverfahren mit anschließender Vertragsbetreuung dadurch rechtlich zulässig wäre. Denn in einem Erst-recht-Schluß wird festgestellt, daß auch sonstige sachverständige Dritte weder unmittelbar noch mittelbar an der betreffenden Vergabe beteiligt sein bzw. werden dürfen, wenn ein solches Beteiligungsverbot nach der VOL schon für von Berufswegen zur Objektivität verpflichtete Sachverständige gelte.

Eine mittelbare Beteiligung sei insbesondere anzunehmen, wenn der Betreffende zwar nicht als Inhaber oder Leiter mit den Wettbewerbserfolgen des Betriebes verknüpft ist, er aber doch - bewußt oder unbewußt – dazu neigen könne, die mit der Vergabe zusammenhängenden Fragen nicht ganz frei von subjektiven Einflüssen und Interessen zu betrachten. Dies gelte dann, wenn der Makler, der die Ausschreibung durchführt, im Nachhinein auch die Betreuung der Versicherungsverträge auf der Grundlage eines entgeltlichen Vertrages mit einem ausgewählten Versicherer übernehmen will.

Soweit neben objektiven Kriterien wie dem Preis auch eine Reihe von Gesichtspunkten mit berücksichtigt werden müsse, die eine subjektive Wertung verlangen, sei es naheliegend, daß eigene wirtschaftliche Interessen durch den eingeschalteten Dritten in die Bewertung mit einfließen.

Soweit die Kommune vorträgt, daß sie aus eigenem Vermögen nicht in der Lage gewesen sei, die Vergabeleistungen auszuschreiben und die Angebote auszuwerten, führt der Senat aus, daß es ohne weiteres möglich gewesen sei, einen Dritten mit der Organisation der Ausschreibung zu beauftragten, der kein wirtschaftliches Interesse mit dem Ergebnis der Ausschreibung verbinde.

Stärkung der Kommunen bei Übernahme von Stromnetzen

Eine Endschaftsbestimmung in einem Konzessionsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen, die für die Übertragung des örtlichen Versorgungsnetzes auf die Gemeinde ein Entgelt in Höhe des Sachzeitwertes vorsieht, ist gemäß § 1 GWB, § 103 a) GWB a.F. unwirksam, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert des Netzes nicht unerheblich übersteigt, so daß die Übernahme der Stromversorgung durch einen nach den Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft handelnden anderen Versorger ausgeschlossen ist und die Kommune infolgedessen nach Beendigung des Konzessionsvertrages faktisch an den bisherigen Versorger gebunden bleibt.

Eine Endschaftsklausel in einem formularmäßigen Konzessionsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen, die für die Übernahme des örtlichen Versorgungsnetzes durch die Gemeinde ein Entgelt vorsieht, dessen Höhe sich nach dem Sachzeitwert als dem Herstellungswert der Versorgungsanlagen zum Übergangszeitpunkt unter Berücksichtigung der bisherigen Nutzungsdauer und des technischen Erhaltungszustandes der Anlagen richtet, unterliegt nicht der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz.

BGH, Urteil vom 16.11.1999
– Az.: KZR 12/97 – OLG München, LG München 1

Im Streit um die Übernahme von Stromnetzen hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Kommunen den Rücken gestärkt. Bei der Übernahme eines Stromnetzes nach Auslaufen der Konzession darf der Preis nicht so hoch sein, daß ein Wechsel für die Kommune unmöglich wird und sie faktisch an den bisherigen Versorger gebunden bleibt. Im vorliegenden Fall hatte die Gemeinde Kaufering bei München gegen die Lech-Elektrizitätswerke AG (LEW) geklagt. Die Gemeinde, die die Stromversorgung für ihr Territorium selbst übernehmen will, wollte für das Netz inklusive der Straßenbeleuchtung nur einen Restwert von rund 2 Mio. DM bezahlen. Der bisherige Versorger, die LEW, hatte dagegen 8,5 Mio. DM verlangt. Diese Forderung überstieg lt. BGH den Ertragswert des Netzes. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß eine am Sachzeitwert orientierte Vergütung für die Netzübernahme zu einer faktischen Bindung der Kommune an die Beklagte als den bisherigen Versorger führe und dadurch den vom Gesetzgeber angestrebten Wettbewerb um Versorgungsgebiete verhindere.

Zur Beantwortung der Frage, ob ein Netzkaufpreis in Höhe des Sachzeitwertes im Einzelfall prohibitiv wirke, sei jedoch erforderlich, unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermitteln, ob und in welchem Maße der Sachzeitwert den Ertragswert des zur Übernahme anstehenden Versorgungsnetzes übersteige

Eingruppierung einer Schulsekretärin

Schulsekretärinnen haben keinen Anspruch auf Eingruppierung nach Vergütungsgruppe VI b BAT. Ihre Tätigkeit erfordert nicht vielseitige Fachkenntnisse im Sinne der Vergütungsordnung. (nichtamtlicher Leitsatz)

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.02.1999
– Az.: D 168/1999 –

Die Klägerin, eine in Vergütungsgruppe VII eingruppierte langjährige Sekretärin an einer Grund- und Hauptschule mit 581 Schülern in 25 Klassen, begehrte eine Einstufung ihrer Tätigkeit nach Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 b) und machte somit einen Anspruch auf den Bewährungsaufstieg nach Vergütungsgruppe VI b) geltend. Der Arbeitgeber hingegen war der Auffassung, tariflich sei die Stelle nach Vergütungsgruppe VIII zu bewerten.

Das Gericht folgt der Auffassung des Arbeitgebers und führt zur Begründung aus, die Tätigkeiten der Klägerin könnten nicht als ein geschlossener Arbeitsvorgang bewertet werden, sondern seien vielmehr in vier Aufgabenvorgänge einzuteilen, und zwar

1. Haushaltswesen und Beschaffung (18%),

2. Sekretariatsaufgaben (44,5%),

3. Unterstützung der Schulleitung bei der Schulorganisation (35%),

4. Registraturarbeiten (2,5%).

Dabei könne nicht festgestellt werden, daß hier zu mindestens 50% gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderlich seien.

Die Arbeitsvorgänge "Haushaltswesen und Beschaffung" und "Sekretariatsaufgaben" forderten insbesondere keine vielseitigen Fachkenntnisse. Vielmehr handele es sich um die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben und Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung.

Der Arbeitsvorgang "Unterstützung der Schulleitung bei der Schulorganisation" erfordere zwar gründliche, aber nicht vielseitige Fachkenntnisse, da es sich um einen kleinen, überschaubaren Bereich der öffentlichen Verwaltung handele, der zwar – wie überall – rechtlichen Änderung unterworfen ist, bei dem aber mit jährlich ähnlich ablaufenden Vorgänge zu rechnen sei. Die "Registraturarbeiten" schließlich erforderten lediglich sorgfältiges Arbeiten.

Zweitwohnungssteuer

Es verstößt gegen das Gleichheitsgebot aus Artikel 3 Abs. 1 GG, wenn eine Gemeinde den Aufwand für Mobilheime, Wohnmobile und Wohn- und Campingwagen besteuert, nicht aber den für Zweitwohnungen in Immobilien. (nichtamtlicher Leitsatz)

OVG NW, Urteil vom 15.03.1999
– Az.: 22 A 391/98 –

Eine Kommune habe nach dieser Entscheidung zwar als Normgeber bei der Erschließung von Steuerquellen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sie sei jedoch an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden. Mit diesem Grundsatz sei die Besteuerung von Mobilheimen etc., ohne daß zugleich die echten Zweitwohnungen besteuert würden, nicht vereinbar.

Der Zweck des Aufwandes für Wohnungen einerseits und Wohnmobile etc. andererseits weise eine so große Ähnlichkeit auf, daß es unter jedem Gesichtspunkt unbillig erscheine, wenn die geringwertige und typischerweise mit geringerem Aufwand verbundene Wohnnutzung besteuert würde, die typischerweise aufwendigere Immobiliennutzung jedoch steuerfrei bliebe.

Ungültigkeit der Bayerischen Biergarten-Verordnung

Die Bayerische Biergarten-Nutzungszeiten-Verordnung ist nichtig, weil sie von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 23 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) nicht mehr gedeckt ist (nichtamtlicher Leitsatz).

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.01.1999
- Az.: 7 CN 1.97 -

Nachbarn eines Biergartens, der in einem reinen Wohngebiet gelegen ist, rund 2.000 Sitzplätze hat und regelmäßig Jazzmusik darbietet, haben ein Normenkontrollverfahren gegen die sogenannte Bayerische Biergarten-Nutzungszeiten-Verordnung angestrengt. Wegen des von dem Biergartenbetrieb ausgehenden Lärms inbesondere durch An- und Abfahren der Kraftfahrzeuge der Besucher hatten die Anwohner bereits im Jahre 1990 Klage erhoben, die vor dem VG teilweise Erfolg hatte. Während des inzwischen beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Klageverfahrens erließ die Bayerische Staatsregierung die auf § 23 BImSchG gestützte Verordnung. Nach dieser bundesrechtlichen Vorschrift kann die Landesregierung durch Verordnung vorschreiben, daß der Betrieb von immissionsschutzrechtlichen nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen bestimmten Anforderungen zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen genügen muß. Zu solchen Anlagen gehören auch die Bayerischen Biergärten.

Die Biergarten-Verordnung regelt die Nutzungszeiten von Biergärten in der Nachbarschaft von Wohnbebauungen und bestimmt, daß von Biergärten keine schädlichen Umwelteinwirkungen einschließlich des ihnen zurechenbaren Straßenverkehrs ausgehen, wenn Musikdarbietungen um 22.00 Uhr enden, die Verabreichung von Getränken und Speisen um 22.30 Uhr endet und die Betriebszeit so endet, daß der zurechenbare Straßenverkehr bis 23.00 Uhr abgewickelt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Verordnung für vereinbar mit der bundesrechtlichen Ermächtigungsvorschrift des § 23 Abs. 1 BImSchG gehalten. Die besondere Bedeutung der Biergärten als "ein Stück angestammten bayerischen Kulturguts" rechtfertige eine maßvolle Absenkung des ansonsten bei dem Betrieb von Gaststätten einzuhaltenden Schutzniveaus. Eine solche Absenkung werde durch § 23 BImSchG dem Verordnungsgeber nicht untersagt. Dem ist das Bundesverwaltungsgericht entgegengetreten.

Es führt dazu aus, daß nach der Regelungstechnik der Biergarten-Verordnung an Biergartenbetreiber keine den Lärm betreffenden immissionsschutzrechtlichen Anforderungen im Sinne von § 23 Abs. 1 BImSchG gestellt würden. Statt dessen werde bestimmt, daß Biergärten wegen der spezifisch bayerischen Besonderheiten dieses Anlagetyps im Rahmen der in der Verordnung genannten Betriebszeiten keinen immissionsschutzrechtlich beachtlichen Lärm verursachten. Damit verfehle die Verordnung den von § 23 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzten Inhalt und halte sich nicht mehr in dem vom Bundesrecht vorausgesetzten Ermächtigungsrahmen.

© StGB NRW 2000

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