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Heft Juni 2002
Berufung in Sachen Garzweiler beantragt
Fünf Gegner des Braunkohlentagebaus Garzweiler I/II, die mit ihren Klagen vor dem Verwaltungsgericht Aachen erfolglos geblieben waren, haben fristgerecht die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster beantragt. Es handelt sich um den Kreis Heinsberg, die Stadt Erkelenz, den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie zwei private Grundstückseigentümer aus Erkelenz. Sie wenden sich gegen den Rahmenbetriebsplan, den das beklagte Bergamt Düren zugunsten der beigeladenen Rheinbraun AG zugelassen hatte.
Der für die Verfahren zuständige 21. Senat des OVG NRW leitet die Anträge der fünf Kläger zunächst an die anderen Verfahrensbeteiligten zur Stellungnahme weiter. Im Interesse der Planungssicherheit für alle Beteiligten wird der Senat bemüht sein, zügig über die Zulassungsanträge zu entscheiden.
OVG NW, Pressemitteilung vom 26.03.2002
– Az.: 21 A 1190 – 1194/02
Landeshundeverordnung NRW bestätigt
Die Vorschriften der Landeshundeverordnung NRW (LHV NRW) unterliegen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Verordnungsgeber hinsichtlich der Gefährlichkeit der Hunde an bestimmte Rassen sowie Größen- und Gewichtsverhältnisse (mit entsprechender Beißkraft) anknüpft. Anhaltspunkte für eine willkürliche Klassifizierung bzw. Differenzierung sind nicht ersichtlich. (nichtamtliche Leitsätze)
OLG Hamm, Beschluß vom 12. Februar 2002
- Az.: 4 SsOWI 619/01 -
Das Amtsgericht Tecklenburg hatte gegen die Betroffene wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit nach §§ 1 Abs. 2, 10 Abs. 1 Nr. 1 LHV NRW (pflichtwidriges Nichtanzeigen des Haltens von Hunden einer Rasse, die in der Anlage 2 zu § 2 LHV NRW aufgeführt ist) eine Geldbuße in Höhe von DM 500,- festgesetzt. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen ist die betroffene Halterin und Züchterin von Hunden der Rasse Kuvasz, die in der Anlage 2 zu § 2 LHV NRW als von der Verordnung erfaßt aufgeführt ist. Sie weigert sich, ihren Verpflichtungen aus der LHV NRW nachzukommen, insbesondere will sie keine konkreten Angaben zu den einzelnen Hunden machen und darüber hinaus keine Erlaubnis zur Haltung, zur Ausbildung und zum Abrichten dieser Hunde beantragen, den Leinen- und Maulkorbzwang nicht befolgen, kein Führungszeugnis vorlegen und auch keine Hundehaftpflichtversicherung nachweisen.
Die Betroffene wendet sich gegen das Urteil mit der Rechtsbeschwerde, deren Zulassung beantragt wird. Sie macht geltend, die LHV NRW sei in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig, indem sie gegen die Artikel 2, 3, 9, 12 und 14 GG verstoße.
Nach den Ausführungen des OLG Hamm ist die Rechtsbeschwerde erfolglos. Die in materiellrechtlich nicht zu beanstandener Weise getroffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen den Schuld- und den Rechtsfolgenausspruch. Entgegen der Auffassung der Betroffenen unterliegen die hier anzuwendenden Vorschriften der LHV NRW nach Auffassung des OLG NRW keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der Staat sei für die Sicherheit seiner Bürger verantwortlich. Wie Vorfälle der Vergangenheit mit zum Teil tödlichem Ausgang belegten, gehe von Hunden bestimmter Rassen und Größen erfahrungsgemäß Gefahren für Leib und Leben von Menschen aus. Zum Schutz davor sei der Staat als Gesetz- und Verordnungsgeber verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen, wobei das "wie" der Gefahrenabwehr in seinem Ermessen liege.
Die Grenzen staatlichen Ermessens seien nicht überschritten. Es ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden, daß der Verordnungsgeber hinsichtlich der Gefährlichkeit der Hunde an bestimmte Rassen sowie Größen- und Gewichtsverhältnisse anknüpft. Anhaltspunkt für eine willkürliche Klassifizierung bzw. Differenzierung seien nicht ersichtlich. Soweit einige Hunderassen, die in der Vergangenheit ebenfalls durch Angriffe auf Menschen auffällig geworden sind, nicht in den Anlagen 1 und 2 zu § 2 LHV NRW aufgeführt seien, begegne dies letztlich keinen durchgreifenden Bedenken, da diese Hunde, beispielsweise der Deutsche Schäferhund, aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichtes in den Anwendungsbereich des § 1 LHV NRW fielen.
Die den Haltern und Züchtern der Rasse Kuvasz durch die Bestimmungen der LHV NRW auferlegten Beschränkungen und Pflichten seien schließlich auch erforderlich und geeignet, um den Schutz der Bevölkerung vor potentiellen Gefahren zu gewährleisten.
Informationsrecht der Ratsmitglieder
Den zur Wahl eines Beigeordneten berufenen Ratsmitgliedern steht das organschaftliche Recht zu, sich über den Kreis aller Bewerber um das Amt im Vorfeld der Wahl zu informieren. Dieses Recht schließt die Geheimhaltung von Bewerbern gegenüber dem Rat aus. Dies gilt auch dann, wenn zur Vorbereitung der Auswahl ein privates Personalberatungsunternehmen hinzugezogen bzw. eine Findungskommission des Rates gebildet wird.
Eine unter Verletzung dieses Informationsanspruches der Ratsmitglieder erfolgte Wahl eines Beigeordneten ist rechtswidrig.
OVG NRW, Urteil vom 05.02.2002
– Az.: 15 A 2604/99 -
Die Kläger – Mitglieder des Rates der Stadt H. – begehrten mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wahl des Beigeladenen zum Beigeordneten. Bei der Gewinnung und Auswahl der Kandidaten um das Amt waren aufgrund eines entsprechenden Ratsbeschlusses eine Findungskommission gebildet und ein privates Personalberatungsunternehmen hinzugezogen worden. Dem Rat wurde der Beigeladene zur Wahl vorgeschlagen. Eine Möglichkeit zur Information über das übrige Bewerberfeld bestand für die Ratsmitglieder nicht.
Die Kläger vertraten die Auffassung, die Wahl sei unter Verletzung ihrer Mitwirkungsbefugnisse zustande gekommen. Die gegen das klageabweisende Urteil der Vorinstanz gerichtete Berufung der Kläger hatte Erfolg.
Die Kläger können sich auf das ihnen kraft ihrer organschaftlichen Stellung als Ratsmitglieder zukommende Recht auf Information über den Beschlußgegenstand – hier die Information über die übrigen Bewerber um die Position des Beigeordneten – berufen. Der Beschluß des Rates über die Wahl des Beigeladenen zum Beigeordneten verstößt gegen das durch § 71 GO NRW vorgegebene Verfahren und verletzt die aus § 43 GO NRW abzuleitenden organschaftlichen Informations- und Mitwirkungsrechte der Kläger. Dies hat die Rechtswidrigkeit des Wahlbeschlusses zur Folge.
Den Klägern steht in ihrer Eigenschaft als Ratsmitglieder das Recht zu, sich über das Ergebnis der Stellenausschreibung sowie über Werdegang und Qualifikation der Bewerber vor der Entscheidung des Rates frei zu informieren. Dieser Informationsanspruch umfaßt alle Bewerber um die ausgeschriebene Position, soweit sie nicht aus eigenem Entschluß die Bewerbung zurückgezogen haben. Dies gilt auch hinsichtlich derjenigen Bewerber, denen zuvor abgesagt worden war. Denn zu einer solchen Absage waren weder die Findungskommission noch das Beratungsunternehmen dem Rat gegenüber befugt.
Die sachgerechte Ausübung des Rechts der Ratsmitglieder zur Entscheidung über den Beschlußgegenstand setzt die Möglichkeit zu umfassender Information über die Entscheidungsgrundlagen voraus. Im vorliegenden Fall gehört hierzu insbesondere die Möglichkeit zu einer eigenverantwortlichen Eignungseinschätzung des Bewerbers. Ob und weshalb ein vorgeschlagener Kandidat besser geeignet ist als andere, läßt sich nur bei Kenntnis des gesamten Bewerberfeldes beurteilen.
Das OVG sieht – anders noch als die erstinstanzliche Entscheidung – in dem früheren Beschluß des Rates zur Einsetzung einer Findungskommission und zur Einschaltung eines privaten Personalberatungsunternehmens im Stellenbesetzungsverfahren keinen Verzicht auf die Informationsrechte der Ratsmitglieder. Ausweislich des Wortlauts des Beschlusses war Gegenstand lediglich die Einsetzung der Kommission und die Beauftragung des Oberbürgermeisters zur Einschaltung eines privaten Beratungsunternehmens. Nähere Rückschlüsse auf das weitere Verfahren, insbesondere das Informationsrecht der Ratsmitglieder über die einzelnen Stellenbewerber, läßt der weitgefaßte Wortlaut der Ratsentscheidung nicht zu.
© StGB NRW 2002