Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft Juni 2006
Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung
Die Erteilung einer Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 Umsatzsteuergesetz setzt keinen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Die Befreiung von der Umsatzsteuer ist vielmehr zwingend, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen (nichtamtliche Leitsätze).
BVerwG, Urteil vom 04. Mai 2006
- Az.: 10 C 10.05 -
Die Klägerin, die als private Stiftung ein Museum in Duisburg betreibt, wendet sich mit ihrer Klage dagegen, dass ihr auf Antrag bzw. Initiative des Finanzamts, aber ohne Antrag der Klägerin, durch die zuständige Landesbehörde eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) darüber erteilt worden ist, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie Museen öffentlicher Träger erfüllt, die von der Umsatzsteuer befreit sind. Dies hat für die Klägerin zur Folge, dass auch sie von der Umsatzsteuer befreit ist, damit zugleich aber auch die Möglichkeit zu dem für sie finanziell vorteilhafteren Vorsteuerabzug verliert. Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Entgegen der Ansicht der Klägerin setze die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG nicht einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Die Kultusbehörde werde vielmehr auf entsprechendes Ersuchen des zuständigen Finanzamts in das Besteuerungsverfahren eingeschaltet und habe der Finanzverwaltung ihr spezielles Fachwissen zu vermitteln. Es stehe nicht im Ermessen der Kultusbehörde, ob sie die Bescheinigung erteile. Die Befreiung von der Umsatzsteuer sei vielmehr zwingend, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG vorlägen.
Gebührenfreiheit für Landesbetrieb Straßenbau
Der Landesbetrieb Straßenbau ist ein wirtschaftliches Unternehmen des Landes mit der Folge, dass gem. § 5 Abs. 6 Ziffer 1 KAG NRW keine Gebührenfreiheit beansprucht werden kann (nichtamtlicher Leitsatz).
VG Köln, Urteil vom 07. April 2006
- Az.: 25 K 2862/05 -
Mit Mitteilungsnotiz Nr. 17 vom Januar 2005 und Nr. 484 vom Juli 2005 hatten wir über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln sowie die Berufungsentscheidung des OVG NRW zur Gebührenfreiheit des Landesbetriebes Straßenbau informiert. Damals hatte das VG Köln in einem Urteil vom 24.09.2004 (Az. 25 K 2038/04) entschieden, dass der Landesbetrieb Straßenbau nach dem Kommunalabgabengesetz NRW keine Gebührenfreiheit genießt. Insofern war die Auffassung des Städte- und Gemeindebundes NRW und der beklagten Mitgliedskommune bestätigt worden.
Nunmehr hat das VG Köln in einem weiteren Klageverfahren, in dem die Bundesrepublik Deutschland, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch das Land Nordrhein-Westfalen, dieses vertreten durch das Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes NRW, dieses vertreten durch den Direktor des Landesbetriebes Straßenbau NRW gegen eine Mitgliedskommune wegen der Gebührenfreiheit geklagt hat, die Klage abgewiesen. Die Auffassung des Städte- und Gemeindebundes NRW ist somit wiederum bestätigt worden.
Die Klage sei bereits unzulässig, weil die als Klägerin aufgeführte Bundesrepublik Deutschland nicht klagebefugt ist. Nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern das Land NRW, vertreten durch den Landesbetrieb Straßenbau NRW, sei Adressat des angefochtenen Gebührenbescheides. Die Verfahrensbeteiligung des Landes folge aus Artikel 90 Abs. 2 Grundgesetz, wonach die Länder die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrag des Bundes verwalten. Die Länder erfüllten damit zwar Bundesaufgaben, sie tun dies aber aus eigener und selbstständiger Verwaltungskompetenz. Als Kläger oder Beklagter könne in entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren deshalb grundsätzlich nicht der Bund, sondern nur das Land auftreten.
Unabhängig von der Unzulässigkeit aufgrund der fehlenden Klagebefugnis seien die angefochtenen Bescheide dem Grund und der Höhe nach aber auch rechtmäßig. Die beklagte Kommune sei zutreffend davon ausgegangen, dass Verfahrensbeteiligter im verwaltungsverfahrensrechtlichen und gebührenrechtlichen Sinne das Land NRW, vertreten durch den Landesbetrieb Straßenbau, ist. Damit komme hinsichtlich der geltend gemachten Gebührenfreiheit § 5 Abs. 6 Ziffer 1 (nicht Ziffer 2) KAG zur Anwendung. Das VG Köln hält an seiner im Widerspruchsbescheid der Beklagten zutreffend wiedergegebenen Auffassung fest, dass der Landesbetrieb Straßenbau ein wirtschaftliches Unternehmen des Landes ist mit der Folge, dass gem. § 5 Abs. 6 Ziffer 1 KAG keine Gebührenfreiheit beansprucht werden kann.
Kostenbeteiligung der DB AG an Straßenüberführung
Nach § 19 Abs. 3 Eisenbahnkreuzungsgesetz hat die Deutsche Bahn AG dafür einzustehen, dass sie eine Straßenüberführung, die Anfang 1994 in die Baulast der Gemeinden übergegangen ist, in dem durch die Verkehrsbedeutung gebotenen Umfang ordnungsgemäß erhalten hat. Hierdurch haben die Gemeinden einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der von dem früheren Baulastträger nicht durchgeführten Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Gemeinde sich nicht auf eine Sanierung des Altobjekts beschränkt, sondern das alte Bauwerke abreißt und einen wesentlich geänderten Neubau durchführt (nichtamtliche Leitsätze).
BVerwG, Urteil vom 04. Mai 2006
- Az.: 9 C 3.05 -
Gegenstand des Rechtsstreits war eine Straßenbrücke über die Bahnstrecke Würzburg-Aschaffenburg in der Nähe des Hauptbahnhofs Aschaffenburg. Die Brücke war erstmals 1880 und - nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg - 1946 neu errichtet worden. Die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Unterhaltung der Brücke (sog. Baulast) oblag in der Vergangenheit der Bahn. Im Zuge der Bahnreform ging die Baulast am 1. Januar 1994 von der Bahn auf die Stadt über. In einem Beweissicherungsverfahren wurde festgestellt, dass sich die Brücke damals nicht in einem ordnungsgemäßen Erhaltungszustand befand. Bahn und Stadt erzielten keine Einigung über die Kostentragung. Die Stadt ließ die Brücke abreißen und durch einen größer dimensionierten Neubau ersetzen.
Nunmehr klagte die Stadt gegen die Deutsche Bahn auf eine Beteiligung an den Kosten des Neubaus und zwar in Höhe der fiktiven Kosten, die für die (tatsächlich nicht durchgeführte) Sanierung des Altobjekts erforderlich gewesen wären. Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen aufgehoben und die Klage abgewiesen; es hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Nach § 19 Abs. 3 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes (EKrG) hat die Deutsche Bahn dafür einzustehen, dass sie eine Straßenüberführung, die Anfang 1994 in die Baulast der Gemeinden übergegangen ist, in dem durch die Verkehrsbedeutung gebotenen Umfang ordnungsgemäß erhalten hat. Die Vorschrift gewährt den Gemeinden einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der von dem früheren Baulastträger nicht durchgeführten Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Das gilt allerdings nicht, wenn der neue Baulastträger sich nicht auf eine Sanierung des Altobjekts beschränkt, sondern das alte Bauwerk abreißt und einen wesentlich geänderten Neubau durchführt. Das EKrG unterscheidet prinzipiell zwischen bloßen Erhaltungsmaßnahmen und einem (geänderten) Neubau; die Kosten für einen solchen Neubau sind stets von dem dies veranlassenden Kreuzungsbeteiligten zu tragen. Zwar sieht das Gesetz in einzelnen Vorschriften einen Vorteilsausgleich vor, wenn ein Kreuzungsbeteiligter durch eine Baumaßnahme Kosten erspart. Für die hier gegebene Konstellation, in der die Bahn die Kosten der (an sich) erforderlichen Sanierung des Altobjekts hätte tragen müssen, diese Aufwendungen aber wegen des Neubaus der Gemeinde nun erspart hat, hat der Gesetzgeber einen solchen Vorteilsausgleich jedoch nicht angeordnet.
Schadensersatz bei privatem Einsatz eines Dienstwagens
Ein Beamter, der einen Dienstwagen außerhalb seines Dienstes pflichtwidrig benutzt und dabei einen Unfall verursacht, muss seinem Dienstherrn den an dem Dienstwagen entstandenen Schaden ersetzen (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Beschluss vom 23.03.2006
- Az.: 6 A 2346/04 -
Das OVG NRW hat mit dem Beschluss ein Urteil des VG Gelsenkirchen vom 24.03.2004 bestätigt, nach dem ein Polizeibeamter, der einen Dienstwagen außerhalb seines Dienstbezirks pflichtwidrig benutzt und dabei einen Unfall verursacht, seinem Dienstherrn, hier dem Land Nordrhein-Westfalen, den an dem Dienstwagen entstandenen Schaden ersetzen muss.
Der Polizeibeamte, der mit seiner Frau und seinen Schwiegereltern in einem Haus im Kreis Unna lebte, hatte am 23.02.1998, Rosenmontag, Dienst in einer Polizeiinspektion in Dortmund. Dort teilte ihm seine Ehefrau telefonisch mit, dass zwischen seinen Schwiegereltern ein heftiger Ehestreit stattfinde. Der Polizeibeamte fuhr daraufhin mit einem Funkstreifenwagen in Begleitung eines Kollegen zur Wohnung der Schwiegereltern, wo er den Streit schlichtete. Auf der Rückfahrt mit dem Dienstwagen zu seiner Dienststelle in Dortmund kam es nach einem Ausweichmanöver zu einem Unfall, bei dem am Dienstwagen ein Schaden in Höhe von mehr als 13.700 EUR entstand. Diesen Betrag machte das Land NRW als Schadensersatz gegenüber dem Beamten geltend. Dagegen klagte dieser zunächst beim VG Gelsenkirchen, das die Klage abwies. Gegen dieses Urteil beantragte der Beamte die Zulassung der Berufung, die das OVG nunmehr abgelehnt hat.
Der Polizeibeamte habe seine Dienstpflichten vorsätzlich verletzt, indem er mit einem Dienstwagen den Dienstbereich in Dortmund verlassen habe, um einen Streit zwischen seinen Schwiegereltern zu schlichten und damit privaten Angelegenheiten nachzugehen. Den aus dieser Dienstpflichtverletzung entstandenen Schaden habe er seinem Dienstherrn zu ersetzen. Für die Benutzung des Dienstwagens an Stelle seines Privatfahrzeugs habe kein Grund bestanden. Wenn er die Situation wegen einer möglichen handgreiflichen Auseinandersetzung kritisch eingeschätzt habe, sei er gerade unter Berücksichtigung seiner Erfahrungen als Polizeibeamter gehalten gewesen, eine gesicherte Hilfeleistung zu veranlassen und die für seinen Wohnort örtlich zuständigen Kollegen zu alarmieren, die ggf. unter Einsatz von Sonderrechten hätten einschreiten können. Der weitere Einwand des Polizeibeamten, ein technischer Mangel an dem Dienstwagen habe zu dem Unfall und dem Schaden geführt, entlaste ihn nicht. Letztlich sei die durch die Privatfahrt begangene vorsätzliche Dienstpflichtverletzung für den Unfall und den Schaden an dem Dienstwagen ursächlich gewesen. Hätte der Polizeibeamte die Fahrt nicht unternommen, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.
Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.
© StGB NRW 2006