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Heft Juni 2010
Säumniszuschläge in der Zwangsversteigerung
Die von einer Gemeinde geltend gemachten Säumniszuschläge auf ausstehende Beitragsschulden nehmen in der Zwangsversteigerung in ein Grundstück an dem Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) der Hauptforderung teil (nichtamtlicher Leitsatz).
BGH, Beschluss vom 11. März 2010
- Az.: - V ZB 175/09 -
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat klargestellt, dass wegen ausstehender Beitragsschulden von einer Kommune geltend gemachten Säumniszuschlägen in der Zwangsversteigerung in ein Grundstück das Vorrecht des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG zukommt. Die von der Kommune geltend gemachten Säumniszuschläge sind danach der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG zuzuordnen. Nach dieser Vorschrift sind Ansprüche auf die Entrichtung der öffentlichen Lasten eines Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge vorrangig zu befriedigen. Da § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG den Begriff der öffentlichen Grundstückslast nicht näher definiere, sei für die Beurteilung, ob einer Abgabenverpflichtung diese Eigenschaft innewohnt, auf ihre Rechtsgrundlage abzustellen. Dabei müsse aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit aus der gesetzlichen Regelung eindeutig hervorgehen, dass die Abgabenverpflichtung auf dem Grundstück lastet und dass mithin nicht nur eine persönliche Haftung des Abgabenschuldners, sondern auch eine dingliche Haftung des Grundstücks bestehe.
So verhalte es sich nicht nur mit Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung öffentlicher leitungsgebundener Einrichtungen und den Anschluss an diese. Die insoweit verfolgten Beitragsforderungen haben ihre Rechtsgrundlage in den Gebührenbescheiden der Kommune, die auf deren einschlägigen Satzungen beruhen. Nach § 8 Abs. 9 KAG NRW ruhen die seitens der Gemeinden in NRW von den Grundstückseigentümern für die Schaffung und den Anschluss von deren Grundstücken an das öffentliche Leitungsnetz geschuldeten Beiträge als öffentliche Last auf dem Grundstück. Der Last kommt das in § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG bestimmte Vorrecht zugute.
Das Vorrecht werde durch § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz ZVG auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen erstreckt. Zu diesen gehörten die gem. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b, Abs. 3 KAG NRW von der Gläubigerin verlangten Säumniszuschläge auch. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass Säumniszuschläge für sich genommen keine Grundstückslast bedeuten, sondern ein Druckmittel eigener Art bilden, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll. Die Vorschrift statte nach ihrem Wortlaut neben der auf dem Grundstück lastenden Hauptforderung Nebenleistungen in Gestalt eines Zuschlags ausdrücklich mit dem Vorrang aus (vgl. auch BGH, Urt. v. 19.11.2009, Az.: 9 ZR 24/09).
Abrissgenehmigung und Denkmalschutz
Angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums (nichtamtliche Leitsätze).
BVerfG, Beschluss vom 14. April 2010
- Az.: - 1 BvR 2140/08 -
Der Beschwerdeführer beantragte eine Abrissgenehmigung für eine Schlosskapelle. Diese ist Teil einer seit 1984 unter Denkmalschutz stehenden Gesamtanlage. Dem Antrag auf Genehmigung des Abrisses der Kapelle, den der Beschwerdeführer vor allem damit begründete, dass er die Kapelle mit möglicherweise erzielbaren Einnahmen nicht erhalten könne, wurde nicht stattgegeben. Klage und Rechtsmittel dagegen blieben erfolglos.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Versagung der Genehmigung zum Abriss der Schlosskapelle beeinträchtige zwar die Eigentümerbefugnisse des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, belaste ihn aber nicht unverhältnismäßig.
Angesichts des hohen Ranges des Denkmalschutzes und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG müsse der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird. Art. 14 Abs. 1 GG schütze nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums. Anders liege es aber, wenn für ein geschütztes Baudenkmal keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht.
Die Zumutbarkeit der Erhaltung eines denkmalgeschützten Gebäudes im Hinblick auf die damit einhergehenden Belastungen lasse sich grundsätzlich nur nach den sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten des denkmalgeschützten Gesamtbestands in der Hand eines Eigentümers beurteilen. Nutzungs- und Ertragsmöglichkeiten anderer Eigentümer von Teilen einer denkmalgeschützten Gesamtanlage können grundsätzlich nicht in die wirtschaftliche Zumutbarkeitsprüfung einbezogen werden. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass dem Beschwerdeführer bewusst war, dass das Grundstück mit der Schlosskapelle bereits bei seinem Eigentumserwerb als Teil einer Gesamtanlage unter Denkmalschutz stand. Das vom Beschwerdeführer erworbene Grundstück war also schon zum Zeitpunkt des Eigentumserwerbs denkmalschutzrechtlich vorbelastet.
Dieser Umstand beeinflusste notwendig den Wert des von ihm erworbenen Grundstücks. Das BVerfG hat bereits in seiner Rechtsprechung zur Kostentragungspflicht des Grundstückseigentümers für eine Altlastensanierung aus Gründen der öffentlichen Gefahrenabwehr betont, dass die Beurteilung dessen, was dem Eigentümer im Interesse des Gemeinwohls zugemutet werden kann, maßgeblich auch davon beeinflusst wird, ob er die entsprechende Belastung gekannt oder zumindest das Risiko einer solchen Belastung beim Grundstückserwerb bewusst in Kauf genommen hat.
Die in Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Privatnützigkeit des Eigentums gewährleiste mithin nicht, dass der Grundstücksertrag der Eigentümer einer denkmalgeschützten Gesamtanlage, deren Erhalt für sich genommen wirtschaftlich zumutbar ist, dadurch gesteigert wird, dass einzelne, wirtschaftlich unrentable Teile mit Denkmalbestand eigentumsrechtlich aus einem solchen Ensemble „herausgeschnitten“ werden und dadurch der Erhalt dieser Denkmäler infrage gestellt oder dessen Kosten letztlich der Allgemeinheit auferlegt werden.
Wiederholung der OB-Wahl in Dortmund
Die 15. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hat die einzige noch anhängige Klage gegen die Wiederholung der Oberbürgermeisterwahl in Dortmund im schriftlichen Verfahren durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen.
VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid vom 2. März 2010
- Az.: - 15 K 86/10 -
Der Kläger, ein wahlberechtigter Bürger der Stadt Dortmund, der keinem Entscheidungsgremium der Stadt angehört, hatte ursprünglich gegen die vom Rat der Stadt Dortmund beschlossene Wiederholung der Wahlen zur Bezirksvertretung, zum Rat und zum Oberbürgermeister geklagt. Die Klage gegen die ersten beiden Punkte hat er im Januar zurückgenommen, sodass die Kammer nur noch über den Ratsbeschluss zur Wiederholung der Oberbürgermeisterwahl zu entscheiden hatte.
Die Klage ist nach Auffassung der Kammer unzulässig, da der Kläger durch die Wahlprüfungsentscheidung nicht in eigenen Rechten verletzt werde. Der im Kommunalwahlgesetz enthaltene Wahlprüfungsanspruch gewähre dem Wahlberechtigten nur einen Anspruch darauf, dass Wahlfehler korrigiert werden, nicht aber, wie vom Kläger begehrt, dass eine Entscheidung des Wahlprüfungsorgans über die Ungültigkeit der Wahl aufgehoben wird. Ein solcher Anspruch kann nach Auffassung der Kammer auch nicht aus der Gemeindeordnung hergeleitet werden, da die Grundsätze der unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen durch die Wahlwiederholung nicht berührt werden. Ein über das Recht auf Teilnahme an der Wahl hinausgehender Anspruch auf ein bestimmtes Wahlergebnis stehe dem Einzelnen nicht zu.