Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Heft März 2002
Landesgleichstellungsgesetz verfassungsgemäß
Die im Landesgleichstellungsgesetz NRW verankerte Pflicht zur Bestellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter für Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern ist verfassungsgemäß (nichtamtlicher Leitsatz).
Verfassungsgerichtshof NRW, Urteil vom 15.01.2002
- Az.: VerfGH 40/00 -
Dies hat der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof entschieden und damit die Verfassungsbeschwerde der Stadt Rahden und der Gemeinde Stemwede gegen eine 1999 erfolgte Änderung von § 5 Abs. 2 der Gemeindeordnung NRW zurückgewiesen. Nach der Neuregelung sind kreisangehörige Städte und Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern sowie kreisfreie Städte nunmehr ausnahmslos verpflichtet, hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.
Die Beschwerdeführerinnen - kreisangehörige Gemeinden mit jeweils rund 15.000 Einwohnern - hatten geltend gemacht, diese Verpflichtung schränke die durch Art. 78 Abs. 1 der Landesverfassung (LV NRW) geschützte gemeindliche Organisationshoheit unverhältnismäßig ein. In kleineren Gemeinden könnten die Gleichstellungsaufgaben gleichermaßen effektiv in ehrenamtlicher Form wahrgenommen werden. Die Neuregelung belaste sie in unangemessener Weise und sei im Übrigen willkürlich.
In der mündlichen Urteilsbegründung wurde ausgeführt, die Pflicht zur Bestellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter halte sich im Rahmen der dem Gesetzgeber durch Art. 78 Abs. 2 LV NRW eröffneten Regelungsbefugnis. Sie lasse den Kernbereich der Organisationshoheit unberührt und genüge auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Namentlich sei die Regelung verhältnismäßig. Sie sichere die Professionalität der Gleichstellungstätigkeit durch den Ausschluss einer ehrenamtlichen Aufgabenwahrnehmung, ohne zugleich Vorgaben in Bezug auf den Tätigkeitsumfang der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten zu machen. Insbesondere setze das Erfordernis der Hauptamtlichkeit nicht voraus, dass das Amt der Gleichstellungsbeauftragten mit mindestens 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit wahrgenommen werde. Die Regelung sei zur Förderung der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichstellung von Frau und Mann geeignet, erforderlich und angemessen. Sie sei auch nicht willkürlich, sondern orientiere sich in nicht zu beanstandender Weise an der vom Gesetzgeber vorgefundenen Praxis.
Öffnung von Apotheken an Sonntagen
Der Ausschluss der Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen gemäß § 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar.
BVerfG, Urteil vom 16.01.2002
- Az.: 1 BvR 1236/99 -
Dies hat das Bundesverfassungsgericht gestern entschieden. Geklagt hatte eine Apothekerin aus Baden-Baden. Das im Ladenschlußgesetz verankerte Öffnungsverbot verletze ihre Berufsfreiheit und sei daher nichtig. Die Frau war zu einer Geldbuße von 1000 DM verurteilt worden, weil sie vor fünf Jahren ihre damals noch in Ettlingen bei Karlsruhe gelegene Apotheke sonntags geöffnet hatte. Apotheken ist die Sonntagsöffnung seit 1956 aus Arbeitsschutzgründen untersagt, weil sie durch Notdienste stärker belastet sind als andere Geschäfte.
Nach den Worten des Ersten Senats ist die ursprüngliche Begründung des Verbots nicht mehr tragfähig. Es gehe um höchstens vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr, an denen nach dem Ladenschlußgesetz die Öffnungszeit auf maximal fünf Stunden begrenzt werde. Da an diesen Wochenenden die Geschäfte am Samstag schon zwei Stunden früher schließen müssen, betrage die effektive Mehrbelastung nur vier mal drei Stunden jährlich. Zudem sei die Zahl der Apotheken in den letzten 40 Jahren erheblich gestiegen. Damit werde die einzelne Apotheke seltener zum Notdienst herangezogen.
Geschlossene Apotheken am Sonntag bestärken in der Bevölkerung das Vorurteil, sie hätten wegen hoher Gewinne Kundenfreundlichkeit nicht nötig, so die Richter in ihrer Begründung.
Wahlwerbung im Amtsblatt
Das öffentliche Eintreten eines Amtsträgers für einen Wahlbewerber kann nur dann eine unzulässige Wahlbeeinflussung sein, wenn dieses in amtlicher Eigenschaft erfolgt. Dies ist nicht gegeben, wenn der Amtsträger ohne Hervorhebung seiner amtlichen Eigenschaft gemeinsam mit anderen örtlich bekannten Persönlichkeiten im Rahmen einer Anzeige auftritt (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.11.2000
- Az.: 7 A 10595/00 -
Ein Wahlberechtiger wollte eine Stichwahl für das Amt des Ortsbürgermeisters für ungültig erklären lassen. In dem allen Haushalten kostenlos zugestellten Amtsblatt der Verbandsgemeinde war unmittelbar vor der Wahl im nichtamtlichen Teil eine Anzeige erschienen, in der über 20 Personen, darunter die Ortsbürgermeister anderer Ortsgemeinden, der Verbandsgemeinde - Bürgermeister und andere Persönlichkeiten des örtlichen öffentlichen Lebens für einen der Bewerber eingetreten waren. Der Kläger blieb erfolglos.
Das Gebot der freien Wahl untersage es staatlichen und gemeindlichen Organen, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren, Amtsträger zu unterstützen oder sie zu bekämpfen. Ein Bürgermeister dürfe daher in amtlicher Eigenschaft keine Wahlempfehlung aussprechen.
Die Ämter der Bürgermeister fanden in der Anzeige jedoch keine Erwähnung oder gar Hervorhebung. Ihre Äußerungen fügten sich in die einheitliche Aufmachung einer Anzeige ein, die erkennbar von Dritten (einer Partei) geschaltet wurde. Auch Art, Inhalt und Plazierung der Anzeige erweckten nicht den Eindruck von in amtlicher Eigenschaft abgegeben Äußerungen von Amtsträgern. Die Anzeige war als solche klar erkennbar.
Die politische Neutralität der Gemeinde als Herausgeberin des Amtsblattes werde nicht verletzt, wenn im Rahmen des vertraglich zulässigen Anzeigengeschäfts der nicht-gemeindliche Verleger auch Wahlwerbeanzeigen annimmt, sofern die Möglichkeit der Veröffentlichung solcher Anzeigen jedem Interessierten offensteht.
© StGB NRW 2002