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Hauptausschuss 2024
Heft März 2004
Ersparnisse für die Bestattung als Schonvermögen
Zweckgebundene Ersparnisse älterer Menschen für eine würdige, den persönlichen Vorstellungen entsprechende Bestattung betreffen die Alterssicherung und können daher in angemessenem Umfang Schonvermögen im Sinne des Sozialhilferechts sein (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2003
- Az.: 16 B 2078/03 –
Die Antragsteller, ein 82 bzw. 87 Jahre altes Ehepaar, das pflegebedürftig ist und seit Anfang des Jahres 2003 in einer Altenpflegeeinrichtung in D. lebt, hatte von der Stadt D. als der zuständigen Sozialhilfeträgerin für die Zeit vom 1. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2003 Hilfe zur Pflege im Umfang der nicht durch Einkünfte gedeckten Pflegekosten des Altenheims verlangt. Die Stadt D. hatte die Hilfe mit der Begründung verweigert, die Antragsteller besäßen Vermögen in Gestalt einer finanziellen Einlage von insgesamt 7.000 Euro, die sie nach der Heimaufnahme im Rahmen eines so genannten Bestattungsvorsorgevertrages bei einem Bestattungsinstitut eingezahlt hätten. Das nach Abzug des allgemeinen Schonbetrages von 2.915 Euro und ggf. der im Bestattungsvorsorgevertrag für den Fall der Kündigung vorgesehenen Entschädigung von bis zu 15 Prozent der veranschlagten Bestattungskosten einsetzbare Sparvermögen mache für mehrere Monate die Gewährung von Hilfe zur Pflege aus Sozialhilfemitteln entbehrlich.
Die Antragsteller hatten demgegenüber darauf verwiesen, sie hätten keinen Kontakt zu Angehörigen und seien daher zur Vermeidung eines von ihnen als unwürdig erachteten „Armenbegräbnisses“ auf die vorherige verbindliche Festlegung der gewünschten Bestattungsmodalitäten, u.a. die Nutzung einer vorhandenen Familiengrabstätte, und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Mittel angewiesen.
Die Antragsteller hatten zunächst beim Verwaltungsgericht Düsseldorf versucht, die Stadt D. durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung der Hilfe zu zwingen. Das Verwaltungsgericht hatte eine solche Anordnung abgelehnt. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hatte Erfolg. Das OVG hat die Stadt D. im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Hilfe zu gewähren.
Zur Begründung hat das OVG ausgeführt: Die Ersparnisse für eine würdige Bestattung gehörten zur Alterssicherung und könnten deshalb Schonvermögen sein. Für Hilfe suchende Eheleute gelte dies schon deshalb, weil wahrscheinlich einer der Ehepartner dem anderen im Tod vorangehen werde, so dass sich die Bestattung und die damit verbundenen Kosten aus der Sicht des länger Lebenden als Bedarf zu Lebzeiten erweisen werde. Unabhängig davon sei die Vorsorge für eine angemessene und würdige Bestattung für die weit überwiegende Zahl der Menschen ein Bedürfnis, das mit zunehmendem Alter und besonders in den letzten Lebensjahren immer größere Bedeutung gewinne.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Investitionsumlage für Krankenhäuser nicht verfassungswidrig
Die Krankenhausumlagepflicht bezieht sich nicht auf eine den Kommunen fremde Aufgabe, sondern auf eine (auch) ihnen obliegende eigene Aufgabe, für die sie entsprechend eine finanzielle Mitverantwortung tragen.
Es ist nicht dargetan, dass durch die Umlage den Kommunen die finanzielle Grundlage für eine ausreichende, eigenverantwortliche Selbstverwaltungstätigkeit entzogen würde. Die Haushaltslage der Kommunen sei zwar ohne Zweifel angespannt, doch gelte dies ebenso offenkundig für das Land (nichtamtliche Leitsätze).
VerfGH NRW, Beschluss vom 13. Januar 2004
- Az.: VerfGH 16/02 -
Der Verfassungsgerichtshof NRW hat die von den Städten Halle/Westfalen und Monschau mit Unterstützung des Städte- und Gemeindebunds Nordrhein-Westfalen erhobene Kommunalverfassungsbeschwerde gegen die Beteiligung der nordrhein-westfälischen Kommunen an den Kosten für Krankenhausinvestitionen (Krankenhausinvestitionsumlage) als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.
Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2002 wurde § 19 Abs. 1 des Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) wie folgt geändert: „Investitionskosten von Krankenhäusern werden nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und den Vorschriften dieses Abschnitts auf Antrag gefördert. Die Förderung wird durch Zuschüsse und Zuweisungen gewährt. Die Gemeinden werden an den im Haushaltsplan des zuständigen Ministeriums veranschlagten Haushaltsbeträgen der förderfähigen Investitionsmaßnahmen nach § 9 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz in Höhe von 20 vom Hundert beteiligt. Für die Heranziehung ist die Einwohnerzahl maßgebend. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für notwendigerweise mit einem Krankenhaus verbundene Ausbildungsstätten (§ 2 Nr. 1a KHG). Eine Verrechnung mit Leistungen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz ist möglich.“
Der Städte- und Gemeindebund hatte diese so genannte Krankenhausinvestitionsumlage bereits im Gesetzgebungsverfahren nachdrücklich abgelehnt, weil sie lediglich dazu diente, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen zu entlasten. Die von den Kommunen eingelegten Rechtsbehelfe konnten nur Erfolg haben, wenn die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (§ 19 Abs. 1 KHG) ihrerseits verfassungswidrig ist.
Diese Prüfung warf schwierige verfassungsrechtliche Fragen auf, zu denen die Rechtsprechung bislang noch nicht Stellung genommen hatte. Dies betraf insbesondere die Frage, ob eine schlichte Kostenverlagerung zu Lasten der Kommunen ohne Änderung der Aufgabe das Konnexitätsgebot des Art. 78 Abs. 3 der Landesverfassung NW verletzt. Zudem kam eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots in Betracht, da alle Kommunen unterschiedslos herangezogen werden ohne Rücksicht darauf, ob sie bereits unmittelbar als
(Mit-)Träger eines Krankenhauses Investitionsausgaben tätigen.
Der VerfGH hat sich der Argumentation der kommunalen Kläger nicht angeschlossen. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs bezieht die Krankenhausumlagepflicht sich nicht auf eine den Kommunen fremde Aufgabe, sondern auf eine (auch) ihnen obliegende, eigene Aufgabe, für die sie entsprechend eine finanzielle Mitverantwortung tragen. Die öffentliche Förderung der Krankenhausinvestitionen sei Teil der umfassenden Sachaufgabe der Krankenhausversorgung der Bevölkerung und diese eine Angelegenheit, die auch der örtlichen Gemeinschaft obliegt. Das KHG NRW nehme eine differenzierte Zuordnung der im Bereich der Krankenhausversorgung im Einzelnen anfallenden Aufgaben vor, wonach die Kommunen in zweifacher Weise mitwirkten: durch die subsidiäre Verpflichtung zur Vorhaltung eigener Krankenhäuser und durch eine - auch die hiervon ausgenommenen Gemeinden treffende - weitere im KHG NRW verankerte wesentliche Mitwirkungspflicht: Gemäß § 19 Abs. 1 KHG NRW haben sich alle Gemeinden an der Krankenhausfinanzierung zu beteiligen.
Es sei nicht dargetan, dass durch die Umlage den Kommunen die finanzielle Grundlage für eine ausreichende, eigenverantwortliche Selbstverwaltungstätigkeit entzogen würde. Die Haushaltslage der Kommunen sei ohne Zweifel angespannt, doch gelte dies ebenso offenkundig für das Land.
Das dem allgemeinen Gleichheitssatz immanente Willkürverbot sei gewahrt. Insbesondere hebt der Verfassungsgerichtshof auch insoweit darauf ab, dass der Heranziehung aller Gemeinden zur Umlage die allen Gemeinden gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW obliegende Mitverantwortung für die Krankenhausversorgung zugrunde liege.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs ist im Intranet-Angebot des Verbandes unter „Fachinformation und Service“, „Fachgebiete“, „Finanzen und Kommunalwirtschaft“, „Krankenhausinvestitionsumlage“ abrufbar. Eine Bewertung des Beschlusses durch die Geschäftsstelle des StGB NRW findet sich im Schnellbrief Nr. 11/2004 vom 28.01.2004, der ebenfalls im Intranet-Angebot des StGB NRW abrufbar ist.
Straßenverbreiterung als beitragsfähige Erweiterung
Wird eine Fahrbahn jenseits der in der Straßenbaubeitragssatzung festgelegten anrechenbaren Breite - etwa durch Anlegung einer Busspur - verbreitert, handelt es sich bei der Ausbaumaßnahme nicht um eine beitragsfähige Erweiterung.
OVG NRW, Urteil vom 23. September 2003
- Az.: 15 A 4700/01 -
Die beklagte Stadt erneuerte die Fahrbahn einer Straße zwischen den einmündenden Straßen K. und W. und verbreiterte sie in diesem Zusammenhang in dem Teilstück zwischen den einmündenden Straßen W. und M., um dort eine Busspur anzulegen. Das andere Teilstück zwischen K. und M. wies schon vor dem Ausbau die für das erstgenannte Teilstück vorgesehene Breite auf. Infolge der Verbreiterung musste Grunderwerb getätigt und der Gehweg verlegt werden. Der Kläger wurde wegen zweier Anliegergrundstücke zu Straßenbaubeiträgen herangezogen. Die dagegen gerichtete Klage hatte in beiden Instanzen teilweise Erfolg, indem der Beitrag um den Aufwand für den Grunderwerb und die Gehwegverlegung gekürzt wurde.
Die angegriffenen Bescheide finden keine Ermächtigung in § 8 KAG NRW in Verbindung mit der Satzung der Stadt W. über die Erhebung von Straßenbaubeiträgen nach § 8 KAG NRW für straßenbauliche Maßnahmen im Gebiet der Stadt W. (SBS). Nach § 8 Abs. 1 und 2 KAG NRW und § 1 Abs. 1 und 2 SBS erhebt die Stadt Beiträge zum Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung von Straßen von den Grundstückseigentümern als Gegenleistung dafür, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Die Verbreiterung der Straße G. im Bereich zwischen W. und M. stellt keine beitragsfähige Maßnahme dar, insbesondere keine beitragsfähige Erweiterung im oben genannten Sinne.
Die Erweiterung einer Straße ist ein Unterfall der Verbesserung. Eine Verbesserung liegt vor, wenn durch die Ausbaumaßnahme die Ausgestaltung der Anlage entsprechend ihrer bisherigen verkehrstechnischen Konzeption, hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung (Erweiterung), hinsichtlich der funktionalen Aufteilung der Gesamtfläche oder hinsichtlich der Art der Befestigung vorteilhaft verändert wird. Diese vorteilhafte Veränderung ist unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist also, ob der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Konzeption (Trennsystem, Mischfläche, Fußgängerstraße) auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher.
Ab einer bestimmten Breite der Straße bzw. Teileinrichtung führt eine weitere Verbreiterung nicht mehr zu positiven verkehrlichen Auswirkungen, die einen so verstandenen wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger bewirken. Vielmehr können derartige Verbreiterungen etwa städtebaulich oder aus sonstigen Gründen angezeigt sein und damit allein einen Vorteil der Allgemeinheit bewirken. Die Stadt W. hat diese Abgrenzung zwischen dem Vorteil der Anlieger und dem Vorteil der Allgemeinheit in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG NRW in ihrer Straßenbaubeitragssatzung nicht nur bei der Festsetzung von Anliegeranteilen am Aufwand für den Ausbau einzelner Teileinrichtungen verschiedener Straßenkategorien vorgenommen, sondern auch bei der Festsetzung anrechenbarer Breiten der flächigen Teileinrichtungen, im hier maßgeblichen Fall der Fahrbahn einer Hauptverkehrsstraße auf 8,5 m. Mit dieser Regelung hat der Satzungsgeber entschieden, dass nur ein Fahrbahnausbau bis zu 8,5 m Breite den Anliegern wirtschaftliche Vorteile gewährt, ein darüber hinaus gehender Ausbau demgegenüber nur dem Vorteil der Allgemeinheit dient und damit die diesen Ausbau betreffenden Kosten dem Gemeindeanteil zuzuschlagen sind.
Diese unmittelbar nur der Ermittlung des umlagefähigen Aufwands dienende satzungsrechtliche Vorschrift hat aber auch Bedeutung für die satzungsrechtliche Beitragsfähigkeit einer Erweiterung. Eine Erweiterung, die jenseits der anrechenbaren Breiten vorgenommen wird, begründet nach der satzungsrechtlichen Wertung keinen wirtschaftlichen Vorteil für die Anlieger und ist somit nicht beitragsfähig. So liegt der Fall hier. Die vorgenommene Verbreiterung der Fahrbahn zwischen W. und M. erstreckt sich auf eine Fläche jenseits der anrechenbaren Breite.
© StGB NRW 2004