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Hauptausschuss 2024
Heft März 2005
Auswärtigenzuschlag zum Kindergartenbeitrag
Kommunen dürfen für Kinder, die nicht im Gemeindegebiet wohnen, dort aber einen Kindergarten besuchen, keinen Auswärtigenzuschlag erheben (nichtamtlicher Leitsatz).
OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2005
- Az.: 9 B 10/05 -
Der 9. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat entschieden, dass die Stadt Aachen für Kinder, die nicht in Aachen wohnen, dort aber einen Kindergarten besuchen, keinen Auswärtigenzuschlag erheben darf.
Die Stadt Aachen hatte mit Bescheid vom 12. Mai 2004 für die Zeit ab August 2004 gegenüber einem Elternpaar, das in den Niederlanden wohnt, in Aachen arbeitet und ein Kind in einem Aachener Kindergarten untergebracht hat, neben dem monatlichen einkommensabhängigen Kindergartenbeitrag von 151,34 Euro einen monatlichen Auswärtigenzuschlag von 190 Euro festgesetzt. Dagegen hatten die Eltern Widerspruch erhoben und zugleich beim VG Aachen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs beantragt. Das VG Aachen hatte diesem Antrag mit Beschluss vom 17. Dezember 2004 stattgegeben. Gegen diesen Beschluss hatte die Stadt Aachen Beschwerde eingelegt, die das OVG nunmehr mit dem o. g. Beschluss zurückgewiesen hat.
Zur Begründung hat es ausgeführt: Wie bereits das Verwaltungsgericht entschieden habe, spreche bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung Überwiegendes dafür, dass der von der Stadt Aachen erhobene Auswärtigenzuschlag nicht mit dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) vereinbar sei. Nach diesem Gesetz seien die Eltern nur verpflichtet, monatlich Beiträge zu den Jahresbetriebskosten der jeweils in Anspruch genommenen Tageseinrichtung zu entrichten, deren Höhe sich nach dem Jahreseinkommen der Eltern richte. Diese Regelung sei abschließend und lasse keine Differenzierung danach zu, ob das Kind innerhalb oder außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Trägers der jeweiligen Einrichtung wohne.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Zusammenfassung städtischer Betriebe in einer Kapitalgesellschaft
Es stellt grundsätzlich keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ihre unterschiedlichen Betriebe gewerblicher Art in einer Kapitalgesellschaft zusammenfasst. Eine Körperschaft öffentlichen Rechts darf die organisatorischen Maßnahmen bei der Konzeption ihrer Betriebe im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften so treffen, wie sie es für zweckmäßig hält (nichtamtlicher Leitsatz).
BFH, Urteil vom 14. Juli 2004
- l R 9/03 -
Die Klägerin ist eine GmbH. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die Stadt W. Diese hatte die Klägerin durch eine Umwandlung ihres Betriebes „Parkhaus“ gegründet. Später brachte die Stadt noch ihren Bäderbetrieb in die Klägerin ein. Das Finanzamt rechnete die Erträge der Klägerin aus den Beteiligungen dem verlustbringenden Parkhausbetrieb zu und setzte die Körperschaftsteuer entsprechend fest. Es vertrat die Auffassung, dass die Zusammenfassung der verschiedenen Eigenbetriebe der Stadt im Betriebsvermögen der Klägerin gegen Abschn. 5 Abs.11 a in Verbindung mit Abs. 9 KStR 1995 verstoße und somit als Gestaltungsmissbrauch anzusehen sei. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem FG Erfolg. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Laut BFH sind die Erträge der Klägerin aus den Beteiligungen nicht dem verlustbringenden Parkhausbetrieb mit der Folge zuzurechnen, dass es sich insoweit um einen „Gewinnbetrieb“ im Sinn des Abschn. 5 Abs. 11 a S. 2 KStR 1995 handelt. Die Stadt W. hat durch die Zusammenlegung ihrer Betriebe gegen keine steuerrechtlichen Vorgaben verstoßen. Gemäß § 42 Abs.1 S. 1 AO 1977 darf zwar durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Von einer Umgehung ist auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die lediglich der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Ein solcher Missbrauch liegt aber nicht vor. Eine Körperschaft öffentlichen Rechts darf die organisatorischen Maßnahmen bei der Konzeption nicht nur ihrer Hoheitsbetriebe, sondern auch ihrer Betriebe gewerblicher Art im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften so treffen, wie sie es für zweckmäßig hält.
Die Zusammenfassung verschiedener Betriebe einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in der Organisationsform privatrechtlicher Kapitalgesellschaften ist als zulässige Handlungsform anzusehen. Auch die Zusammenfassung zweier Eigenbetriebe der Stadt in einer Kapitalgesellschaft stellt keine Gestaltung dar, die zur Erreichung des damit angestrebten wirtschaftlichen Ziels als unangemessen angesehen werden könnte. Die Klägerin hat die Zusammenlegung mit organisatorischen Vorteilen und Synergieeffekten begründet. Die Sache muss jedoch an das Finanzgericht zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen werden, weil es nicht geprüft hat, ob die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung vorliegen. Diese könnte vorliegen, wenn eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt Geschäfte tätigt, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen und bei der Gesellschaft selbst zu Verlusten führen, die ein gewissenhafter Geschäftsleiter nicht bereit wäre hinzunehmen.
Strafbarkeit von Behörden wegen Unfällen aufgrund von Straßenschäden
Straßenverkehrsbehörden machen sich nicht wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt strafbar, wenn sie keine Maßnahmen zur Ausbesserung eines schadhaften Straßenbelags (so genannter Flüsterasphalt) treffen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie die Aufstellung von Warnschildern veranlasst haben und die Straßenschäden nicht erheblich über den entsprechenden Schwellenwerten liegen (nichtamtlicher Leitsatz).
OLG Karlsruhe, Urteil vom 16. Oktober 2004
- 1 Ws 328/04 -
Die Antragstellerin war mit ihrem Wagen auf einer Autobahn nach einem Überholvorgang auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern geraten und wurde bei einem Unfall schwer verletzt. Sie erstattete gegen die für die Beschaffenheit der Autobahn zuständige Behörde Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt und trug vor, der Asphalt habe an der Unglücksstelle nicht die erforderliche Griffigkeit aufgewiesen. Die zuständige Behörde habe wider besseres Wissen keine Ausbesserung des Belags vorgenommen. Die Behörde trug vor, drei Wochen vor dem Unfall der Klägerin das Warnschild „Schleudergefahr bei Nässe“ aufgestellt zu haben. Als die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt hatte und die hiergegen gerichtete Beschwerde von der Generalstaatsanwaltschaft zurückgewiesen wurde, begehrte die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung. Das OLG wies diesen Antrag als unbegründet zurück.
Die Mitarbeiter der zuständigen Straßenverkehrsbehörde sind laut OLG Karlsruhe nicht wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt strafbar. Grundsätzlich ist die Behörde verpflichtet, auf einen nicht verkehrssicheren Zustand einer Straße hinzuweisen oder Maßnahmen zu deren Ausbesserung zu treffen. Diesen Sorgfaltspflichten ist die Behörde im Streitfall hinreichend nachgekommen. Drei Wochen vor dem Unfall der Klägerin hatte sie die Aufstellung des Warnschildes „Schleudergefahr bei Nässe“ veranlasst. Damit reagierte sie auf die Häufung von Unfällen auf diesem Streckenabschnitt der Autobahn. Die Behörde war nicht verpflichtet, Maßnahmen zur Ausbesserung des Streckenabschnitts zu treffen.
© StGB NRW 2005